Zentralmatura: Nervös, aber nicht panisch

In vier Monaten wird es ernst: Es gibt noch viel zu lernen bis zur Reifeprüfung.
Viele Details der Reifeprüfung sind bis heute nicht geklärt. So gehen Pädagogen, Eltern und Schüler damit um.

Dass sie einmal den Moment herbeisehnen würde, an dem ihre Tochter die Schule beendet, hätte sich Maria M. nie gedacht: "Mein Kind war immer eine gute Schülerin. Jetzt ist sie in der 8. Klasse und bringt plötzlich Fünfer nach Hause. Ursache sind Lehrer, die den Druck rund um die Zentralmatura an die Schüler weitergeben." Das wirke sich auf das Familienleben aus: "Jede Woche will mein Kind einmal alles hinschmeißen. Ich muss dann Psychotherapeutin spielen", ärgert sich die Mutter.

Die neue Matura zehrt auch an den Nerven der Direktoren. Eine Psychotherapeutin erzählt gar, "dass vier Schulleiter bei mir in Behandlung sind, die mit dem Druck nicht fertig werden." Ein – noch gelassener – Schulleiter weiß, was seine Kollegen und viele Lehrer so stört: "Das Projektmanagement des Bifie, das die Matura vorbereitet, ist miserabel. Es fehlt der führende Kopf, bei dem alle Fäden zusammenlaufen. Stattdessen gibt es -zig Arbeitsgruppen, die etwas in die neue Matura hineinmonieren. Und dann weiß die rechte Hand nicht, was die linke tut. Bis heute warten wir auf die gesetzliche Durchführungsbestimmung für die neue Reifeprüfung."

Notenschlüssel

Auch am Korrekturschlüssel werde dauernd herumgebastelt. So gab es z. B. ein Bewertungsraster für Deutsch – die Lehrer hätten nur ankreuzen und Prozente zusammenzählen müssen, um zur Note zu kommen. Dann stellte jemand fest, dass solche Raster aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist. Also machte das Bifie einen Rückzieher, die Lehrer sollen korrigieren wie sie denken – oder den Raster heimlich verwenden. Im Bildungsministerium reagierte man auf den zunehmenden Unmut der Direktoren und lud alle im Dezember nach Linz. "Leider wurden dort die Unklarheiten mehr statt weniger", erzählt eine Schulleiterin: "Wir dachten z. B., dass bei der mündlichen Matura drei Kompetenzen geprüft werden sollten. In Linz hieß es, eine von dreien reicht. Was jetzt?"

Wenig zur Beruhigung hat auch die Mathe-Probeschularbeit beigetragen, die im Dezember vom Bifie zur Verfügung gestellt wurde. Ein Drittel hatte einen Fleck. Gute Noten gab es kaum: Drei Prozent hatten einen Einser, 17 Prozent ein "Gut". Die 18-jährige Clara war eine der Fünfer-Schüler. Sie hofft, "dass die Aufgaben bei der Matura leichter sein werden und mehr positiv abschneiden, obwohl die Angst bei vielen Schülern noch groß ist".

Mathe-Murks

Mathematik-Professor Rudolf Taschner geht davon aus: "Bifie und Ministerium können sich zu viele Fünfer nicht leisten." Dass aber "sein" Fach den meisten Schülern Kopfzerbrechen bereitet, findet er "wirklich schade. Mathematik wird hier unter ihrem Wert verkauft. Dass Schüler nur für die Prüfung lernen, vergällt ihnen die Mathematik, die eigentlich viel zu bieten hätte."

Dass vielen so das Fach verleidet wird, bestätigt die Wiener Schülerin Laura: "Nach der Matura werde ich sicher nie wieder in ein Mathebuch schauen."

Aber nicht nur Mathe bereitet vielen Eltern Kopfzerbrechen. "Ich stellte generell eine deutliche Ent-Individualisierung des Unterrichts fest. Was im Prüfungskatalog nicht vorkommt, wird nicht gelernt. Die Interessen der Schüler haben keinerlei Platz mehr", beklagt eine Lehrerin. Eine Unruhe bei Kollegen und Schülern vor der Generalprobe stellt auch sie fest.

Ruhe bewahren

Michael Sörös, Wiener Landesschulinspektor, mahnt zur Gelassenheit: "Auch wenn nicht alles pannenfrei über die Bühne gehen wird – was schief läuft, wird nicht auf dem Rücken der Schüler ausgetragen", verspricht er.

Neue Reifeprüfung

Die drei Säulen der Zentralmatura:

VWA/Diplomarbeit: An der AHS schreiben alle Schüler eine vorwissenschaftliche Arbeit (VWA) und präsentieren sie, an den BHS ist es eine Diplomarbeit. Tipp: Wer vor der Matura sieht, dass er VWA und Lernen für die Matura zeitlich nicht schafft, der kann die VWA später abgeben und sie im Herbst präsentieren.
Schriftlicher Test: Drei Klausurarbeiten in Mathematik, Deutsch und einer lebenden Fremd- sprache sind verpflichtend. Eine vierte Prüfung in einer weiteren Fremdsprache oder Fächern wie z. B. Physik, Sport, Kunst oder einem schulautonomem Gegenstand sind möglich.
Mündliche Prüfung: Wer nur drei schriftliche Klausuren geschrieben hat, muss drei Mal zur mündlichen Prüfung antreten, wer vier Klausurarbeiten gemacht hat, wird nur zwei Mal zur Mündlichen antreten müssen. Diese Prüfungen sind übrigens öffentlich.

Kommentare