Die Kunst der Lust zelebrieren

Wir treffen einander – beim Bondage-Workshop. Dort geht es allerdings nicht nur ernst und streng zu, im Gegenteil: die Atmosphäre ist sehr gelöst und entspannt
Sinn. Sinne. Sinnlichkeit: Das ist das Motto eines Festivals zu den Spielarten der Sexualität.

Spätestens seit Erscheinen des Erotik-Bestsellers "Fifty Shades of Grey" ist klar: Da geht noch was in den Betten dieser Welt.

Themen wie Sadomasochismus und andere Spielarten der Sexualität sind salonfähiger denn je. Der sexuellen Befreiung wurde eine weitere Note hinzugefügt: die Lust am Experiment und das Spiel mit den unterschiedlichsten Facetten von Erotik. Man gibt sich offener, im weitesten Sinne auch "öffentlicher". Das diagnostiziert Caprice Ennulat, Yogalehrerin und Veranstalterin der Xplore Vienna – ein dreitägiges Festival zu kreativer Sexualität, BDSM (Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism, Anm.), Körperarbeit, Tanz, Performance und Ritual. Es findet ab Freitag zum dritten Mal statt.

Ennulat weiter: "Früher hatte man eine feste Beziehung und heimlich eventuell noch andere Sexualpartner. Heute entwickelt sich mehr und mehr eine gesellschaftliche Akzeptanz – auch für offene Beziehungen."

Pervers? Normal?

"Sinn. Sinne. Sinnlichkeit" – so lautet das diesjährige Motto des Festivals. Es basiert auf der Idee, dass die Unterscheidung zwischen perverser und normaler Sexualität so unmöglich wie überflüssig sei. "Dabei geht es uns darum, ungewöhnliche Menschen vorzustellen, die mit dem Phänomen Sexualität spielen, arbeiten und forschen, und dabei oft erstaunliche Techniken und Rituale entwickelt haben. Diese Formen sind so vielfältig wie die Sexualität selbst."

"Rau, aber herzlich", "Disziplin und Strafe" oder aber "Drücken, bis es fließt" – das ist nur ein kleiner Auszug aus dem Angebot an insgesamt 40 Workshops oder Performances im Werkstätten- und Kulturhaus (WUK). Klar, geht’s da auch zur Sache – und zu Sachen wie Bondage, Schmerz, Unterwerfung. Notiz am Rande: Laut Veranstaltern braucht’s dafür weder Fetisch-Outfits noch Mut zur Nacktheit. Und auch, wenn so mancher Workshop "recht physisch orientiert ist" – sexueller Kontakt sei nicht notwendig, um daran teilzunehmen oder um Spaß am Spiel zu haben. "Wir wollen einen Ort kreieren, wo jeder, der Lust hat, mitforschen und lernen kann. Einen Ort, der offen ist – und spielerisch. Einen Ort, in dem vieles möglich sein kann, aber niemals ein Muss ist. An dem man sich selbst kennenlernen und seine Grenzen erfahren und erweitern kann." Auf den Punkt gebracht klingt das dann so: "Man macht’s oder lässt es." Ein bisschen wie Schulunterricht sei das, aber naturgemäß einen Hauch prickelnder.

Ähnlich flexibel gestaltet sich die Zielgruppe. Xplore richtet sich laut Veranstalter an viele Menschen: "Tänzer, Künstler, Szeneleute sowie Personen, die einmal etwas in sicherem Rahmen probieren wollen, abseits von der klassischen Sexclub-Atmosphäre. Zu uns kommen Besucher von 25 bis 60 Jahren."

Neues wagen

"Xplores" gab’s bereits in Berlin, Barcelona, Rom und Paris. Da stellt sich die Frage: warum Wien?

Die Landeshauptstadt erscheint Ruckert und Ennulat aus vielen Gründen als gut geeigneter Hotspot: "Zum einen braucht es für eine Veranstaltung dieser Art eine gewisse Weltoffenheit, auch im Bereich der Sexualität Neues zu wagen. Diese Bereitschaft finden wir bei den Wienern. Zum anderen hat Wien eine gute geografische Lage für den deutschsprachigen Raum", erzählt Ennulat. Besucher aus der Schweiz oder aus Süddeutschland werden erwartet.

Ein bisschen zäher als in Berlin läuft der Kartenvorverkauf dennoch. Während die Xplore dort innerhalb weniger Minuten ausverkauft ist, gibt es in Wien noch ein paar Spiel-Plätze. "Wir sind gut besucht, aber noch nicht voll."

Was?

Erfüllter Sex ist kein Luxus – deshalb setzen sich die Veranstalter der Xplore zum Ziel, Sexualität zu entmystifizieren. Ihr dabei nicht durch Forschung und Analyse den Zauber zu nehmen, sondern es geht darum, "selbst besser zaubern zu können".

Wie?

Für Neugierige gibt es Einsteiger-Workshops. Es braucht für keine Veranstaltung Szeneoutfits, sondern nur bequeme Kleidung. Auch Singles sind willkommen. Motto: "Wir sind offen für alle Menschen, egal welcher sexuellen Ausrichtung."

Wo?

WUK Werkstätten- und KulturhausWähringer Straße 59A-1090 Wien, www.wuk.at

Wann?

Freitag, 18. Juli 2014 bis Sonntag, 20. Juli 2014

Wie viel?

Der 3-Tages-Pass kostet 200 €, den 1-Tages-Pass (für Zutritt zu allen Workshops am Freitag oder am Samstag) gibt es um 100 €. Begrenzte Teilnehmerzahl. Sonntagabend findet eine Abschlussparty statt. www.wien.xplore-festival.com

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