Wildkatze, Besenheide, Alien: Das ist die "Natur des Jahres 2019"
Der Goldfisch ist am längsten Haustier auf dem blauen Planeten. Bereits vor 1000 Jahren züchteten die Chinesen aus dem wilden Giebel einen ansehnlichen Verwandten für daheim – rein aus Freude an der Zierde, ohne jeden Nutzungsgedanken. Heute schwimmt der Generalist nicht mehr nur im Glas. Er konnte sich in sämtliche Süßwasserbiotope außerhalb der polaren Zonen einnischen und besiedelt dort auch Brackwasser.
Der Naturschutzbund Österreich, NABU, wählte den Goldfisch nun zum „Alien des Jahres 2019“. Denn der orange Räuber ist auch hierzulande Hecht im Karpfenteich. Die invasive Art bringt die heimische Fischfauna in Bedrängnis, als Allesfresser dezimiert sie zudem die Bestände von Algen, Wasserflöhen, Frosch und Kammmolch.
„Wenn die Natur einen Veränderungsprozess einleitet, geht das ganz langsam, auch die Feinde entwickeln sich mit. Wirkt der Mensch ein, kann das System sehr schnell kippen“, sagt Dagmar Breschar vom NABU und appelliert an Aquaristen, keine Goldfische frei zu setzen.
Vielfalt
Der Goldfisch ist nur ein Vertreter auf der aktuellen Liste der „Arten des Jahres“. Alljährlich heben verschiedene Organisationen eine Tier- bzw. Pflanzenart hervor, um auf die (bedrohte) Vielfalt zwischen Boden- und Neusiedler See aufmerksam zu machen. So kürte etwa Arche Austria heuer die Pinzgauer Ziege zum „Nutztier des Jahres“. Von der milchbetonten Rasse, die auch Fleisch liefert und die Landschaft pflegt, gibt es nur noch rund 1080 Exemplare.
Die Vogelschutzorganisation Birdlife entschied sich für die Feldlerche und begründet: „Diese Auswahl steht in direktem Zusammenhang mit der Forderung nach einer grundlegenden Änderung der Agrarpolitik.“
Das Naturhistorischen Museum Wien ernannte im Namen von 83 Arachnologen aus 26 europäischen Ländern die Ameisenspringspinne. Die Wissenschaftler erhoffen sich Fundmeldungen und damit mehr über die Verbreitung der Täuschungsexpertin herauszufinden.
Die ARGE Streuobst holte den Roten Spenling – eine so genannte Primitivpflaume – vor den Vorhang. Bei der „Blume des Jahres“ fiel die Wahl auf die Besenheide. „Der Zwergstrauch ist nicht bedroht, aber seine Lebensräume sind viel weniger geworden“, erklärt Breschar: „Die Kettenreaktion geht los.“ Mit dem Verschwinden reduziert sich das Nahrungsangebot u.a. für Bienen. „Die Besenheide steht für das Drumherum“, sagt die Expertin.
Scheue Jägerin
Beim „Tier des Jahres“ geht es ganz konkret um die Wildkatze. Felis silvestris silvestris – so ihr wissenschaftlicher Name – zog sich in den 1950er-Jahren aus den Wäldern Österreichs zurück, seit 1989 gilt sie hier als „ausgestorben, ausgerottet oder verschollen“. „Wir sind seit zehn Jahren wild hinter der Wildkatze her“, sagt Breschar. Das Ergebnis: Die scheue Jägerin lief im Norden des Landes in Fotofallen, darüber hinaus konnten die Sichtungen genetisch abgesichert werden. „Wir haben einen starken Hinweis auf eine kleine Population,“ freut sich Breschar. Für den NABU ist das Grund genug, das „Jahr der Wildkatze“ auszurufen.
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