Weißes Haus gegen Anti-Piraterie-Gesetz

Kampf gegen Online-Piraterie darf laut US-Regierung keine Zensur hervorrufen. DNS-Eingriffe zu risikoreich.

Nachdem einige Webdienste ein Internet-Blackout als Protestmaßnahme gegen das geplante Anti-Piraterie-Gesetz SOPA angekündigt haben, stellt sich nun auch das Weiße Haus hinter die Gegner des Gesetzesentwurfs. Wenngleich Online-Piraterie bekämpft werden müsse, dürfe dies nicht durch Zensurmaßnahmen und eine Beschränkung des offenen Internets geschehen.

Die von drei Mitarbeitern des Weißen Hauses gezeichnete Erklärung hält fest, dass jede Maßnahme gegen Online-Piraterie kein Risiko von Online-Zensur legaler Aktivitäten mit sich bringen und auch nicht die Innovationskraft von Unternehmen einschränken dürfe. Auch warnt das Weiße Haus davor, dass Eingriffe in das Domain Name System (DNS) – wie ursprünglich vom Entwurf vorgesehen – ein zusätzliches Risiko hinsichtlich Cyber-Angriffen bedeute.

Im Boot mit Google, Facebook, Twitter und Wikipedia

Mit der Erklärung stellt sich die Obama-Administration hinter prominente SOPA-Gegner wie Google, Facebook, Twitter oder Wikipedia, die sich öffentlich gegen den Entwurf ausgesprochen haben. Manche Unternehmen wie Reddit und in Österreich EgoArchive werden als Protestmaßnahme am kommenden Mittwoch ihre Dienste für einen Tag abdrehen, um auf die potenzielle Gefahr des Gesetzesentwurfs hinzuweisen. Wikipedia-Gründer Jimmy Wales spielte mit dem Gedanken, die Community über diesen drastischen Schritt abstimmen zu lassen.

Der vor allem von der Film- und Musik-Industrie unterstützte "Stop Online Piracy Act" zielt darauf ab, die US-Justiz zu ermächtigen, Webseiten, die gegen Urheberrechte verstoßen, unzugänglich zu machen, sowie von allen Finanzierungsmitteln abzuschneiden. Internet-Provider könnten damit gezwungen werden, Eingriffe im Domain Name System (DNS) des Internet durchzuführen, durch die in Verdacht stehende Seiten nicht mehr aufrufbar werden. Eine Entscheidung über die Einführung wurde vom US-Kongress zuletzt vertagt.

Reaktionen: Kritik von beiden Seiten

Die Erklärung des Weißen Hauses hat naturgemäß unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Einer der Gesetzesinitiatoren, der texanische Republikaner Lamar Smith, kritisierte die Erklärung mit den folgenden Worten: "Es ist keine Zensur, wenn Gesetze gegen ausländische Diebe angewendet werden". SOPA-Gegner wie der Verleger, Buchautor und IT-Journalist Tim O’Reilly lobte zwar die besonnene Wortwahl des Weißen Hauses und die ablehnende Haltung gegenüber radikalen Maßnahmen, kritisierte aber auch, dass das Weiße Haus unreflektiert Behauptungen von Lobbyisten übernehme.

Denn der auch durch das Weiße Haus vielzitierte Schaden durch Online-Piraterie müsse erst bewiesen werden, hält O’Reilly in einem Eintrag auf Google+ fest. Der Verlust durch Piraterie werde in viel größerem Ausmaß durch den freien Austausch von Informationen und die Möglichkeiten, Online-Geschäfte auf der ganzen Welt zu betreiben, wettgemacht. "Die meisten Leute, die unautorisierte Kopien von O’Reilly-Büchern herunterladen, hätten sowieso nie dafür bezahlt. Andererseits kaufen Hundertausende von Menschen Inhalte von uns, mit denen wir niemals ins Geschäft gekommen wären ohne die Verfügbarkeit der Bücher in digitaler Form", so O’Reilly.

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