Was Sie über Hundeerziehung wissen sollten

Symbolbild
Die wohl berühmtesten Hundetrainer der Welt, der Amerikaner Cesar Millan und der Deutsche Martin Rütter, kommen im März nach Österreich. Die hat freizeit hat sich angesehen, was die beiden Profis so erfolgreich macht und wie sich ihre Methoden voneinander unterscheiden.

Jara, Charly, Maxi und Mimi aufgepasst! Jetzt besser nicht herumkläffen, in die Leine springen oder die Wurstsemmel vom Tisch stibitzen, denn die zwei wohl berühmtesten Hundeversteher der Welt kommen nach Österreich: der gebürtige Mexikaner Cesar Millan, besser bekannt als „Der Hundeflüsterer“, und Martin Rütter, Deutschlands beliebter „Hundeprofi“ vom TV-Sender VOX.

Was Sie über Hundeerziehung wissen sollten
Gino Alma/Cesar's Way https://www.cesarsway.com/cesar-millan/press

Cesar Millan, "Der Hundeflüsterer": Erste Erfahrungen mit Hunden sammelte der heute 47-Jährige auf der Farm seines Großvaters in Mexiko. Bereits als Bub hatte er ein eigenes Rudel. Mit 21 wanderte er illegal in die USA ein

Verschiedene Methoden für Problemhunde
Sie scheinen oft der letzte Ausweg zu sein, wenn Menschen mit ihren Vierbeinern Probleme haben. So vermitteln sie es zumindest in ihren erfolgreichen TV-Reality-Shows. Und so verschieden Millan und Rütter in der Arbeit mit Hunden auch sind, sie scheinen beide die Kunst zu beherrschen, unsichere, gelangweilte, nervende oder gar aggressive „Problem“-Hunde zu braven Gefährten des Menschen zu machen. Cesar Millan verlässt sich dabei auf seinen Instinkt und darauf, was er von Kindesbeinen an von Hunden durch Beobachtung ihres Verhaltens im Rudel gelernt hat. Martin Rütter hingegen studierte Tierpsychologie und hat sich schon als Jugendlicher – obwohl ihm seine Eltern keinen Hund erlaubten – dafür interessiert, warum Menschen so viele Probleme mit ihren Hunden haben. „Der Hundeprofi“ schickt mit Vorliebe die Menschen mit Trainingsspielzeug in den Park – um den Hund zu bespaßen. So soll das Interesse des Hundes geweckt werden, es gilt Aufmerksamkeit zu gewinnen und Bedürfnisse zu stillen. Und das bedeutet harte Arbeit für die Hundebesitzer. Denn viele Hunde sind frustriert, wenn ihnen langweilig ist, was zu unerwünschtem Verhalten führen kann, so Martin Rütter im freizeit-Interview (siehe Martin Rütter: Ein Mann für alle Felle).

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Martin Rütter

Martin Rütter, "Der Hundeprofi", 46, interessierte sich schon früh dafür, warum viele Menschen mit ihren Hunden Probleme haben. Er selbst durfte als Kind keinen Hund haben, studierte später Tierpsychologie, gründete 1995 sein „Zentrum für Menschen mit Hund“ und entwickelte die Trainingsphilosophie DOGS, die seit 2013 auch in Österreich in zertifizierten Hundeschulen angewendet wird,

Die Kritiker einer Erfolgsserie
Während „Der Hundeprofi“ für eine leise, einfühlsame und vor allem gewaltfreie Erziehungsmethode steht, musste sich Cesar Millan in den vergangenen Jahren viel Kritik gefallen lassen. Allen voran sind es Tierschutzorganisationen, die seine Methoden immer wieder als „veraltet und gefährlich“ einstufen. Schuld an diesem Image ist vermutlich vor allem die Erfolgsserie „Der Hundeflüsterer“ (2004 bis 2012), die auf dem TV-Kanal Sixx in Endlosschleife läuft. Die Reality-Serie hat ihn einerseits berühmt gemacht, jedoch ist hier immer wieder zu sehen, wie der selbsternannte Hundeflüsterer bei unerzogenen Hunden mit Leinenruck und körperlicher Korrektur in Form von leichten Tritten arbeitet. 2014 gab es deswegen auch in Wien schon einmal große Aufregung. Demostranten wollten Millans Live-Show boykottieren, damit keine Hunde misshandelt werden. Das Veterinäramt der Stadt Wien nahm die Veranstaltung bereits im Vorfeld unter die Lupe – und hatte nichts auszusetzen. Hunde kamen damals in der Wiener Stadthalle offenbar nicht zu schaden. Und trotz aller negativer Ktitik scheint Cesar Millans Erfolg ungebrochen. Seine persönliche Geschichte trägt vermutlich dazu bei – ist er doch das lebende Klischee des amerikanischen Traums. Ein kleiner Auszug aus seiner Biografie: Vor mehr als zwanzig Jahren illegal aus Mexiko eingewandert, hat er sich mit der Entschlossenheit und Zähigkeit eines Terriers durchgebissen und seinen Herzenswunsch erfüllt: mit Hunden zu arbeiten. So gründete er ein eigenes Psychology Dog Center und war oft die erste Wahl für die Hundeprobleme vieler Hollywoodstars. Er trainierte die Vierbeiner von Jada Pinkett & Will Smith, Alec Baldwin, Nicolas Cage oder Charlize Theron und wurde dadurch selbst Celebrity.

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HOLLYWOOD - SEPTEMBER 17: Actress Jada Pinkett Smith and Dog Behavior Specialist Cesar Millan arrive at the celebration for the 100th Episode Of "Dog Whisperer" With Cesar Millan at Boulevard 3 on September 17, 2008 in Hollywood, California. (Photo by Gregg DeGuire/WireImage)

Jada Pinkett Smith, die Ehefrau von Will Smith, ist seit mehr als 20 Jahren mit Cesar Millan befreundet. „Als ich ihr das erste Mal begegnete, wusch ich noch Limousinen und trainierte Hunde nur nebenbei“, erzählt Millan. Sie unterstützte ihn beim Aufbau seines ersten „Psychology Dog Centers“

Kernthema: gefährliche Hunde
Mit seiner aktuellen Bühnenshow „Once Upon a Dog“ tourt der Neo-Amerikaner (er hat seit 2009 die US-Staatsbürgerschaft) jetzt durch Europa. Insgesamt trat er bereits in weit über 100 Ländern mit seinem Programm live auf – auch in Asien. Inzwischen hat Millan neben neun Staffeln „Der Hundeflüsterer“ weitere TV-Serien im Kasten, die ebenfalls weltweit ausgestrahlt werden, etwa „Auf den Hund gekommen“ und „Notruf Hund – Cesar Millan im Einsatz“. Auch hier immer das Kernthema: gefährliche Hunde. Millans Motto: „Kein Hund kann mich überfordern. Ich rehabilitiere Hunde, ich trainiere Menschen.“
Cesar Millan gilt für viele nicht nur als Hundeversteher, sondern auch als Retter für Hunde, die von Menschen zu Bestien erzogen wurden – und denen deshalb der Tod durch die Giftspritze droht. Er hat viel gegen das miese Kampfhund-Image von Hunderassen wie Mastiff oder Pitbull getan. Und er arbeitet selbst – auch auf der Bühne – eng mit seinem Pitbull Junior zusammen, der quasi Millans persönlicher Assistent ist. Millan resozialisiert Hunde mithilfe seines Rudels auf einem Gelände in den Bergen von Santa Clarita bei Los Angeles – und mit seiner Kraft als Rudelführer. Dafür setzt er „Tsch“-Laute ein und arbeitet viel mit Körpersprache, was oft etwas von einem Löwenbändiger oder einem Schlangenbeschwörer hat. Das Ergebnis scheint jedenfalls stets das Gleiche: Die Hunde hören auf zu bellen und zu knurren, ordnen sich ihm unter. „Jetzt sind sie entspannt“, sagt dann der Hunde-Magier.

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Gerüchteküche und Verteidigung
Tierschützer sehen das anders: Diese Hunde seien verängstigt und würden in eine erlernte Hilflosigkeit getrieben. Cesar Millan äußert sich zu diesen Kritiken bereits 2014: „Es gibt Menschen, die das Gerücht verbreiten, dass ich Hunde misshandle. Das ist widerlich.“ Auch in seinem neuen Buch, "Was Sie von Ihrem Hund lernen können" (NG Buchverlag), bezieht er Stellung: „Immer wieder wird mir vorgeworfen, dass ich autoritäre Lehrmethoden verwende, die auf Dominanz setzen. Dabei wird Dominanz als ein Führen des Rudels in Form von Herrschaft und Einschüchterung interpretiert. Aber das ist nicht die Form von kreativer Führung, für die ich eintrete. Rudelführerschaft beruht auf Respekt und Vertrauen, nicht auf Angst und Herrschaft.“

Verhaltensbiologe Kotrschal über Dominanz
Aber: Kann der Mensch tatsächlich ein Rudelführer für den Hund sein? Anruf bei Kurt Kotrschal, österreichischer Verhaltensbiologe sowie Autor des Buches „Hund-Mensch. Das Geheimnis unserer Seelenverwandtschaft“ (Brandstätter Verlag). Kotrschal: „Ja, der Mensch kann Rudelführer sein, und das muss er auch sein.“ Und zwar im Sinne von modernem Leadership. „So wie man auch Mitarbeiter führt und Kinder erzieht“.

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Kurt Kotrschal, österreichischer Verhaltensbiologe sowie Autor des Buches „Hund-Mensch. Das Geheimnis unserer Seelenverwandtschaft“ hat selbst einmal dominanter geführt. "Das ist völlig veraltet." Das partnerschaftliche Zusammenleben mit Hunden ist wesentlich entspannter - für Tier und Mensch

Da gehe es nicht darum, autoritär zu sein, das sei völlig veraltet. Sondern um positive Motivation. Kotrschal erinnert sich an Zeiten, als auch er selbst mit Hunden noch anders umging. Da habe sich viel verändert. „Ich dachte früher, man muss dem Hund gegenüber dominant sein und Kommandos geben.“ Doch längst weiß man, dass Hunde im partnerschaftlichen Umgang viel entspannter sind. Kotrschal: „Bei Wölfen funktioniert dominantes Auftreten gar nicht. Hunde halten es zwar besser aus, weil sie es gelernt haben, aber es macht sie nicht glücklich.“
Vor allem manche Männer glauben immer noch, sie müssten Hunden gegenüber herrisch auftreten, sagt Kotrschal. Aber: „Ein Hund braucht vor allem gemeinsame Unternehmungen, Aufmerksamkeit und soziales Interesse. Dieser Trick funktioniert übrigens auch bei Menschen.“

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