Warum Wildkräuter echte Kraftpakete sind
Sie war ein Kind als sie das erste Mal von einer Wiese naschte: „Meine Mutter hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass man Sauerampfer essen kann, also habe ich ihn gekostet“, erzählt Jennifer Frank-Schagerl.
Heute gehört es zum Lebensgefühl der ORF-Moderatorin und Kräuterpädagogin, sich zu holen, was vor der Haustür wächst und die Natur so hergibt. Darüber hat sie nun ein Buch geschrieben, mit vielen Rezepten und Tipps. Eine Wiese ist für sie schon lange nicht mehr nur eine Wiese: „Ich sitze mittendrin und staune, was hier alles wächst, das ich essen kann. Das gibt mir ein herrlich ursprüngliches Gefühl von Naturverbundenheit“, erzählt sie.
Kleine Kraftpakete
Rausgehen, Wildkräuter pflücken und den Organismus mit frischer Energie versorgen, – das erdet. Besonders jetzt im Frühling, wenn sich das zarte Grün seinen Weg durch den Boden bahnt und die Luft wieder frisch und lebendig riecht. „Wildkräuter wachsen beinahe überall, egal, wo wir in der Natur unterwegs sind, wir finden mit Sicherheit ein paar Kräuter, die wir verwenden können, und das sollten wir auch so oft wie möglich tun“, sagt Frank-Schagerl. Die Kraftpakete enthalten alles, was ein wintermüder Organismus jetzt braucht: Vitamine, Nährstoffe, Spurenlemente. Noch dazu schauen sie schön aus: „Wilde Kräuter sind dekorativ, wohlschmeckend und meist inhaltsreicher als ihre Verwandten in unseren Supermärkten“, schreibt das Autorinnenduo Sandra Schumann und Julia Schmidt, deren Buch „Wilde Wiese“ ebenfalls demnächst erscheint. Die wilden Grünen besitzen Heilkräfte und schmecken oft interessanter als so manches Kraut, das gezüchtet wurde.
„Wildkräuter wachsen beinahe überall, egal, wo wir in der Natur unterwegs sind.“
Unkraut? Nicht doch!
Ein schönes Beispiel ist Giersch, der in jedem Park oder Garten zu finden ist. Er enthält acht Mal so viel Eiweiß wie Kopfsalat. Oder Vogelmiere, die in jedem Gartentopf zu Hause ist und von der viele Menschen glauben, es handle sich um Unkraut, das ganz dringend ausgezupft werden müsse. Im Frühjahr ist sie eine der ersten Pflanzen, die man verwenden kann, sie schmeckt wie junge Erbsen oder Kukuruz, wirkt entzündungshemmend, verdauungsfördernd und ist eine echte Nährstoffbombe. Im Volksmund heißt die Vogelmiere Hühnerdarm, ihrer zähen Stängel wegen. Hühner und Vögel lieben sie. Tatsächlich breitet sich die Pflanze hartnäckig aus – zu breiten, grünen Teppichen, die dann weiß und sternenförmig blühen. Sinnlos, die Vogelmiere auszurupfen und zu vernichten, stattdessen sollte man sie bei jeder Gelegenheit essen. Laut Hildegard von Bingen verleiht sie den Menschen „Grünkraft“.
Suche als Erlebnis
Doch allein das Suchen und Pflücken der Kräuter ist schon etwas Heilsames, betont die Wissenschaftlerin und Naturpädagogin Patricia Ricci (villanatura.at). Bei ihren Kräuterwanderungen lernen Interessierte, regionale Wild- und Heilpflanzen zu erkennen und zu finden. Und man erfährt auch etwas über deren Verwendungsmöglichkeiten sowie Rezepte.
Für Ricci ist die Natur ein riesiger Spielraum, der den Geist frei macht und die Fantasie anregt. Deshalb sollte man auch gleich die Kinder mitnehmen, wenn man sich auf die Suche nach den wilden Grünen macht. Zumal der Frühling die perfekte Zeit ist, die Natur zu beobachten: „Zuzuhören, wie nach der langen Winterruhe die ersten Bienen summen. Zuzusehen, wie sich die Knospen öffnen. Wahrzunehmen, wie es in den Auen und Wäldern schon nach Bärlauch duftet.“ Im Idealfall sucht man sich dafür einen Fixplatz, an den man immer wiederkehrt, um den Jahreslauf zu beobachten.
„Natur erleben – und wahrnehmen, wie es in den Auen und Wäldern nach Bärlauch duftet.“
Zart und frisch
Zurück zu den Wildkräutern: Sie schmecken am besten, wenn sie noch ganz zart und jung sind – daher immer nur die kleinen Blätter pflücken, die frisch aus dem Boden gewachsen sind. In diesem knackigen Zustand sind sie besonders reich an Energie und Vitaminen. Und genau dann sollte man sie auch genießen – frisch. Aufs Brot, in den Aufstrich, in Salaten, in die Suppe. Wer Wildkräuter sicher erkennen möchte, sollte unbedingt einen Kurs besuchen. Dort erfährt man auch, wo man die grünen Kraftpakete sammelt.
Schöne Blümchen
Ricci ist übrigens ein Gänseblümchen-Fan. „Weil man mit ihnen so viel machen kann. Gemeinsam mit den Kindern Kränze flechten und Spiele spielen.“ Und natürlich taugen die „Maßliebchen“, wie sie auch genannt werden, als Wildkraut: „Sie dekorieren ein schlichtes Butterbrot genauso wie einen Salat“, schwärmt sie. Und erzählt von einer alten Weisheit: „Die ersten drei Gänseblümchen, die man im Frühling findet, soll man essen. Dann bleibt man ein ganzes Jahr lang ohne Erkältung.“ Die Blüten schmecken leicht mehlig und bitter, aber sehr aromatisch. „Das macht sie zu einem idealen Suppenkraut“, heißt es im Buch „Wilde Wiese“. Auch die Knospen können verwendet werden. „Verkocht schmecken Gänseblümchen wie Wildspinat“, rät die Outdoor-Spezialistin Jennifer Frank-Schagerl.
Im Frühjahr setzt sie auf die Kraft des Löwenzahns: „Weil er gerade im Frühling durch seine Bitterstoffe den Stoffwechsel in Schwung bringt.“ Ihr Tipp: „Eine Frühjahrskur mit ersten frischen grünen Kräutern wie Gundelrebe, Giersch und Brennnessel, etwa in einem grünen Smoothie oder als Tee, verleiht dem Organismus neue Energie, entgiftet nach dem Winter und bringt den Kreislauf in Schwung.“
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