Gibt's die Formel fürs Verlieben?

Liebe mit Hindernissen: Stefan und Anna verliebten sich, doch sie war noch vergeben
36 Fragen, vier Minuten: Das braucht's zum Verlieben. Wirklich? Drei Paare erzählen, wie's wirklich wahr.

Es klingt beinahe zu schön, um wahr zu sein: Zwei Menschen beantworten einen Fragenkatalog, schauen einander danach vier Minuten lang tief in die Augen – und verlieben sich (siehe unten). Für sein Experiment führte der US-Psychologe Arthur Aron 1997 je zwei Personen zusammen, die einander zuvor nie begegnet waren. Sechs Monate danach war eines dieser Paare verheiratet.

17 Jahre später liest die frisch getrennte US-amerikanische Uni-Professorin Mandy Len Catron von dem Versuch und beschließt, die Fragen mit einem alten Bekannten durchzugehen. Auch sie wurden ein Liebespaar. "Die meisten von uns denken, dass Liebe etwas ist, das uns passiert", schrieb die 33-Jährige in einem Essay für die New York Times, der in den sozialen Netzwerken tausendfach geteilt wurde. "Was ich an dieser Studie mag: Sie nimmt an, dass Liebe bewusstes Handeln ist."

Catron geht davon aus, dass sie sich sowieso in ihren Bekannten verliebt hätte – durch die Fragen des Psychologen und den intensiven Blickkontakt seien sie einander aber sehr schnell sehr nahe gekommen. Die Formel fürs Verlieben ist jedoch nicht immer so einfach wie die von Arthur Aron – manchmal braucht es einen zweiten Anlauf, einen anderen Zeitpunkt oder eine Portion Mut, wie die Liebesgeschichten dieser drei Paare zeigen.

Über den Wolken hat es plötzlich Zoom gemacht. Profi-Posaunist Stefan saß mit seinem Orchester im Flugzeug nach Madeira, als ihm Anna auffiel – die Hobby-Geigerin nahm ebenfalls an der Konzertreise teil. "Sie hat mir sofort getaugt", erinnert sich der Kärntner. "Ihr Lächeln, ihre positive Ausstrahlung, wie sie mit anderen umgegangen ist – einfach alles." Doch sein Sitznachbar verpasste ihm einen Dämpfer. "‚Vergiss es‘, hat er gesagt, ‚die ist schwer vergeben‘."

Heute ist der Musiker froh, dass Anna nicht zu haben war – "denn so war ich ganz locker. Ich hab’ mir gedacht, das wird sowieso nix." Doch die Hebamme fand Gefallen an Stefan. "Wir hatten so viel Spaß. Einmal, wir sind in der Nacht von einem Konzert heimgegangen, wollte er mich in einen Springbrunnen werfen. Er ist gestolpert und direkt auf mir gelandet. Das war ... der Wahnsinn."

Zurück in Österreich beendete Anna ihre Beziehung und schrieb Stefan nach wochenlanger Funkstille einen sechsseitigen Brief. "Manchmal muss man im Leben volles Risiko gehen. Das war so ein Moment." Es hat sich gelohnt: Im September haben Anna und Stefan geheiratet.

Als sich Erni und Josef ineinander verliebten, gab es keine SMS, kein Facebook, keine eMails. "Dafür war das Fensterln damals sehr aktuell", lacht der pensionierte Zugführer.

56 Jahre liegt ihre erste Begegnung nun schon zurück – dennoch erzählen beide so lebhaft davon, als wäre es gestern gewesen. "Seine Tante war meine Nachbarin", erinnert sich Erni. "Er war oft bei ihr und hat mit seinem Cousin Fußball gespielt. Ich hab’ mich immer gefreut, wenn ich ihn gesehen hab’." Sobald die jungen Männer am Fußballplatz waren, seien die Mädchen auch hingelaufen. Dem damals 21-jährigen Josef gefiel die fünf Jahre jüngere Nachbarin auf Anhieb. "Für mich war es Liebe auf den ersten Blick. Sie war so ‚liab‘!"

Es dauerte, bis aus der anfänglichen Verliebtheit eine offizielle Beziehung wurde. Man verabredete sich – zu einem Moped-Ausflug in die Wachau, zum Tanzen, ins Kino. "Da haben wir zum ersten Mal Händchen gehalten. Das war sehr schön", erzählt der 13-fache Groß- und baldige Urgroßvater. Auch heute denke er noch oft an diese Zeit zurück. Manchmal trafen sich die Niederösterreicher heimlich, weil Ernis Mutter Angst hatte, die 16-Jährige würde ein lediges Kind bekommen.

Drei Jahre nach dem Kennenlernen wurde geheiratet, die beiden bekamen vier Kinder. Als Erni ihren 70. Geburtstag feierte, machte ihr Josef vor allen Gästen eine Liebeserklärung. Wie man es schafft, nach 52 Jahren Ehe noch verliebt zu sein? "Das Wichtigste ist, dass man sich immer wieder versöhnt und sich selbst nicht zu wichtig nimmt", sagt Josef. "Wir sind sehr, sehr dankbar für das, was wir haben."

Ein Sommer, ein Augenblick. Katharina war 12 Jahre alt, als sie Lukas das erste Mal im Freibad sah. Ein Kribbeln im Bauch, ein paar neugierige Blicke, mehr war aber nicht. Lukas musste am Ende des Sommers zurück ins Internat. In den nächsten fünf Jahren hatten sie kaum Kontakt.

Dann trafen sie einander auf einer Weihnachtsparty wieder. "Wir haben uns angesehen und gemerkt, dass wir Gefühle füreinander haben", erzählt Kathi. Trotzdem fehlte beiden der Mut. Es brauchte einige Vermittlungsversuche von Freunden, bis sie an diesem Abend ins Gespräch kamen – und einander küssten. Eine Woche später hatten sie die erste Verabredung im Kino, die aber anders lief als geplant. Bevor sie losfuhren, begann es stark zu schneien. Die Sicht war schlecht, die Straße nicht geräumt. "Wir beschlossen, bei Lukas zu bleiben und abzuwarten." Da sich das Wetter nicht besserte, verbrachten sie den Abend bei ihm. "Er wollte unbedingt ‚Das Leben des Brian‘ ansehen, ich fand den Film ja nicht so lustig."

Die Filmauswahl hat sie dennoch nicht abgeschreckt: Am nächsten Tag wurden die beiden ein Paar.

Vier Jahre lang sahen sie einander nur am Wochenende, da Lukas in Wien studierte und Katharina eine Ausbildung in Niederösterreich machte. Ein Auslandssemester und eine Weltreise sollte ihre Beziehung noch auf eine harte Probe stellen. "Das war eine schwere Zeit, aber auch diese Herausforderung haben wir gemeistert", sagt Lukas. Nach neun Jahren Beziehung haben sich die beiden verlobt und leben in Wien. Ihre Tochter Johanna kam im August auf die Welt.

1. Wenn Sie die Wahl hätten, irgendeine Person zum Essen einzuladen, wen würden Sie nehmen?

2. Wären Sie gerne ein berühmter Mensch? Falls ja, auf welche Weise und womit?

3. Bevor Sie zum Telefon greifen,üben Sie vorab, was Sie sagen wollen? Warum?

4.Wie sieht für Sie ein perfekter Tag aus?

5. Wann haben Sie zum letzten Mal für sich selbst gesungen? Oder für jemand anderen?

6. Angenommen, Sie werden 90 Jahre alt und könnten sich für die letzten 60 Jahre Ihres Lebens aussuchen, ob Sie den Körper oder den Geist eines 30-Jährigen behalten würden. Was würden Sie wählen?

7. Haben Sie eine Vorstellung darüber, wie Sie einmal sterben werden?

8. Welche drei Dinge haben Sie und Ihr Partner gemeinsam?

9. Wofür sind Sie in Ihrem Lebendankbar?

10. Wenn Sie etwas an der Art, wie Sie erzogen wurden, ändern könnten, was wäre das?

11. Nehmen Sie sich vier Minuten Zeit und erzählen Sie Ihrem Partner Ihre Lebensgeschichte mit möglichstvielen Details.

12. Stellen Sie sich vor, Sie würden morgen mit einer zusätzlichen Fähigkeit oder Eigenschaft aufwachen – welche wäre das?

13. Wenn Sie eine Kristallkugel hätten, die Ihnen die Wahrheit über Sie selbst, Ihr Leben, Ihre Zukunft oder etwas anderes verraten könnte, was würden Sie auswählen?

14. Gibt es etwas, das Sie schon immer tun wollten? Warum haben Sie es nicht getan?

15. Was ist die größte Leistung Ihres Lebens?

16. Was schätzen Sie an einer Freundschaft am meisten?

17. Was ist Ihre wertvollste Erinnerung?

18. Was ist Ihre schrecklichste Erinnerung?

19. Wenn Sie wüssten, dass Sie in einem Jahr sterben würden, würden Sie etwas an Ihrem momentanen Leben ändern? Warum?

20. Was bedeutet für Sie Freundschaft?

21. Welche Rolle spielen Liebe und Leidenschaft in Ihrem Leben?

22. Teilen Sie sich abwechselnd mit, was Sie als positive Eigenschaft an Ihrem Partner betrachten. Nennen Sie fünf Eigenschaften.

23. Wie warmherzig und nahe sind Ihre Familienmitglieder miteinander? Schätzen Sie Ihre Kindheit als glücklicher ein als die der meisten anderen Menschen?

24. Wie denken Sie über die Beziehung zu Ihrer Mutter?

25. Treffen Sie drei ehrliche "Wir"-Aussagen. Zum Beispiel: "Wir beide in dem Raum fühlen …"

26. Vervollständigen Sie diesen Satz: "Ich wünsche mir, dass es jemanden gibt, mit dem ich ______ teilen könnte."

27. Wären Sie ein enger Freund Ihres Partners, was sollte dieser wissen?

28. Sagen Sie Ihrem Partner, was Sie an ihm mögen. Seien Sie sehr ehrlich und sagen Sie etwas, das Sie jemandem, den Sie gerade erst kennengelernt haben, eigentlich nicht sagen würden.

29. Teilen Sie einen peinlichen Moment Ihres Lebens mit Ihrem Partner.

30. Wann haben Sie zum letzten Mal mit jemandem geweint? Wann alleine?

31. Sagen Sie Ihrem Partner, was Sie sehr und ernsthaft an ihm schätzen.

32. Gibt es etwas, über das nicht gelacht werden darf, da es zu ernst ist?

33. Wenn Sie noch an diesem Abend sterben würden, ohne die Chance zu erhalten, zuvor mit jemandem zu sprechen – was würden Sie am meisten bereuen, jemandem nicht gesagt zu haben? Warum haben Sie es ihm bis jetzt nicht gesagt?

34. Ihr Haus brennt, mit allem, was Sie besitzen. Nachdem Sie Ihre Lieben und Ihre Haustiere gerettet haben, haben Sie die Chance, noch eine Sache zu retten. Was würden Sie wählen und warum?

35. Der Tod welcher Person in Ihrer Familie würde Sie am meisten berühren?

36. Teilen Sie ein persönliches Problem mit und erfragen Sie, wie Ihr Partner damit umgehen würde. Fragen Sie ihn auch, wie Sie sich aus seiner Sicht mit dem Problem, das Sie gewählt haben, fühlen.

Quelle: Arthur Aron (1997): The Experimental Generation of Interpersonal Closeness: A Procedure and Some Preliminary Findings

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