Wie Kinder die Scheidung der Eltern gut bewältigen
Wie ein Puzzle, das in die Luft geworfen wurde und neu geordnet werden muss: Das trifft die Gefühle vieler Kinder und Jugendlicher bei der Trennung ihrer Eltern oder, wenn Bezugspersonen sterben. „Ihr bisheriges Familienbild ist explodiert. „Die Kinder müssen sich neu sammeln und neu orientieren“, sagt Dagmar Bojdunyk-Rack vom Verein „Rainbows“.
Das gelingt in von Profis begleiteten Gruppen besser, als wenn sie alles in sich hineinfressen. „Eine Trennung muss nicht traumatisch sein. In der Gruppe erleben sie, dass sie nicht allein sind. Sie sehen auch, wie andere damit umgehen.“ Das „Rainbows“-Team kommt aus pädagogischen und psychosozialen Berufen. Zielgruppe sind Sechs- bis Zehnjährige. Für Jugendliche gibt es seit 2013 ein eigenes Angebot. „Wir wollen an ihre Lebenswelten andocken. In der Pubertät verändert sich ohnehin viel, man darf nicht davon ausgehen, dass ihnen eine Scheidung nichts ausmacht.“
Auf dem Weg zu einer positiven Neuorientierung sind Tränen, Wut und Schuldgefühle sehr häufige Emotionen. Das erleben Maria Wallner und Romi Leonhardt, Regionalleiterinnen in Wien und NÖ, immer wieder. Deshalb wird Gefühlen viel Zeit gewidmet. Leonhardt: „Vor allem Traurigkeit kommt oft in Form von Wut heraus. Wir vermitteln, dass sie an einem Ort des Vertrauens sind, wo alle ihre Reaktionen normal und wichtig sind.“
Spielerisch lernen
Wie man mit solch intensiven Emotionen umgeht, lernen die Kinder in den „Rainbows“-Gruppen sehr anschaulich. Anhand von Spielen und Basteleien erfahren sie etwa, wie sie ihre Wut besser kontrollieren können. „Da backen wir zum Beispiel einen imaginären Wutstrudel, an dem man sich beim Kneten abreagieren kann“, erzählt Wallner. Andere Kinder sammeln ihre Wut lieber in einem Luftballon, der ganz langsam geleert wird.
Ein beliebtes Werkzeug ist auch ein selbst gebastelter „Seelenvogel“ aus Styropor. Er hört sich alle Sorgen, Gedanken und Gefühle des Kindes an. Das wirkt manchmal nachhaltig. Romi Leonhardt: „Eine Mutter erzählte, ihr Kind hatte seinen Seelenvogel auch zwei Jahre nach der Rainbows-Gruppe noch über seinem Bett hängen.“
Der Umgang ihrer Kinder mit diesen mächtigen Gefühlen werde auch von den Eltern positiv und lehrreich gesehen. Das wissen die Gruppenleiterinnen aus Rückmeldungen. Manchmal werden sogar die Kinder zu Lehrern ihrer Eltern. Wallner erinnert sich an ein Mädchen, die ihrer Mutter empfahl, sich ebenso wie sie eine „Wutbox“ anzulegen. „Damit die Mama ihre schlechten Gefühle auch wo hineinlegen kann.“
Info
Die Rainbows-Idee entstand 1983 in den USA, um Kindern nach Scheidungen professionelle Hilfe zu geben. In Österreich gibt es den Verein seit 1991, heute mit Büros in jedem Bundesland. Im Schnitt nehmen jährlich 1200 Kinder in 260 Gruppen teil. 700 Kinder werden nach dem Tod eines nahestehenden Menschen begleitet. Mehr Infos über die Angebote des Vereins finden Sie hier.
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