Umweltsünde Windeln: Das sind die Alternativen

Windeln müssen bald nicht mehr in den Müll.
Mehr als eine Tonne Müll entsteht durch Wegwerfwindeln. Wie Stoff- und Ökowindeln abhelfen und wie es ganz ohne Windel geht.

Rund 4500 bis 6000 Windeln braucht ein Kind bis zum Sauberwerden. Das entspricht mehr als einer Tonne Abfall. Eltern suchen daher immer öfter nach Alternativen – auch aus Kostengründen. Wegwerfwindeln kosten je nach Marke über die Jahre ca. 900 bis 2.100 Euro.

Es geht aber nicht nur um die Windelmenge, sondern auch um ihre Zusammensetzung. Zuletzt erhielt der Windel-Testsieger der Zeitschrift Öko-Test, Pampers Baby-Dry, zwar Bestnoten – sein Innenvlies enthält aber Erdölprodukte und Paraffine. Die verarbeiteten Kunststoffe, etwa in den Kügelchen, die Flüssigkeit aufsaugen („Superabsorber“), sind nicht biologisch abbaubar.

Nachhaltige Windeln

In diese Kerbe schlagen Ökowindeln. Sie funktionieren wie normale Wegwerfwindeln, haben aber einen höheren Anteil an biologisch abbaubaren Bestandteilen und werden zumindest zum Teil aus nachwachsenden Rohstoffen produziert. In den vergangenen Jahren entstanden einige Öko-Marken. Seit kurzem ist ein Produkt sogar in Supermärkten vertreten.

Im Test schnitten die umweltfreundlichen Windeln hinsichtlich Funktionstauglichkeit nur mittelmäßig ab. Die zwei getesteten Marken Moltex Nature No.1 und Naty By Nature Babycare sind zwar frei von Schadstoffen, erhielten als Gesamturteil aber nur ein „befriedigend“. Naty-Windeln sind aus Maisstärke sowie frei von Latex, Chlor und Duftstoffen. Ihr Saugkern ist, wie auch bei Moltex-Windeln, aus biologisch abbaubarer Zellulose. Laut Öko-Test ist der Saugkern aber selbst bei einigen Öko-Windeln aus Kunststoff. Preislich sind sie mit Nicht-Öko-Windeln vergleichbar.

Umweltsünde Windeln: Das sind die Alternativen

Einweg-, Öko- oder Stoffwindeln? Eltern müssen sich entscheiden.

Stoffwindel ist zurück

Die geringeren Kosten machen für viele Eltern Stoffwindeln wieder attraktiv. Sie wurden schon lange vor dem Verkauf der ersten Wegwerfwindeln in den 1960er Jahren verwendet. Heute sind die wasserdichten Überhosen aber deutlich praktikabler. „Sie sind wie Wegwerfwindeln anzuziehen – nur mit Druckknöpfen oder Klettverschluss. Das Windelvlies ist wie ein festeres Toilettenpapier, das vollständig abbaubar ist“, sagt Marlies Parchment von WIWA (Windeln waschen!). Der Verein wickelt in Österreich die Förderung von Mehrwegwindeln ab. Ein Starter-Set kostet je nach Hersteller ab 250 Euro, bis zu 100 Euro werden gefördert. Wäsche waschen miteingerechnet, rechnen sich die Kosten laut Parchment meist nach sechs Monaten. Manchen ist der Aufwand des öfteren Waschens allerdings zu viel. Dem günstigeren Preis stehen außerdem Kosten für häufigeres Waschen und dadurch stärkerer Bedarf an Wasser, Strom und Waschmittel gegenüber.

Dennoch: „Jede gewaschene Windel ist umweltfreundlicher als eine Wegwerfwindel“, sagt Michaela Knieli von der Umweltberatung. Stoffwindeln seien in Summe nicht nur günstiger, sondern auch gesünder, da sie luftdurchlässiger und hautfreundlicher sind. Die Kinder werden zudem breit gewickelt, was gut für die Hüftgelenke ist. Verlässliche Daten, welches Windelsystem das umweltschonendste ist, gibt es nicht. Die letzte Untersuchung stammt aus 2005. Die britische Umweltbehörde kam damals zu dem Schluss, dass die Öko-Bilanz von Stoffwindeln nicht besser sei als die von Wegwerfwindeln. Seither sind dreizehn Jahre vergangen, in denen alle Windelarten weiterentwickelt wurden. Eltern müssen also das für sie passende System finden.

Konzept Windelfrei

Manche Eltern probieren es ganz ohne Windel. Wie das gelingen kann, erzählt Natalia Löffler, die mit mokoshop.at eine Windelfrei-Plattform betreibt.

KURIER: Wie funktioniert windelfrei?
Natalia Löffler: In erster Linie geht es um die Kommunikation mit dem Kind. Die Idee  ist, dass Babys uns von Geburt an ihre Ausscheidungsbedürfnisse mitteilen, sie signalisieren.  Erkennt man so ein Signal oder spürt man intuitiv, dass das Baby aufs Klo muss, bietet man ihm diese Möglichkeit. Viele Babys signalisieren ganz eindeutig in den ersten drei, vier Monaten. Das ist  das beste Alter, um windelfrei zu beginnen. Beginnt man später, verlässt man sich meist mehr auf Situationen: Viele Babys müssen etwa  nach dem Aufwachen aufs Klo.

Was braucht man dazu?
Man braucht Aufmerksamkeit und vor allem Gelassenheit. Besondere Kleidung ist kein Muss. Babys können aber noch nicht so lange warten. Deswegen sollte man Bekleidung vereinfachen: T-Shirt statt Body, Bundhose statt Strampler, Babystulpen statt Hose. In China werden spezielle Hosen mit offenem Schritt verwendet, die nicht ausgezogen werden müssen. Solche Splitpants sind inzwischen auch bei uns sehr beliebt.Zu empfehlen sind auch wasserdichte Unterlagen für  Bett, Couch und   Autositz. Kleine Babys werden oft über eine Schüssel gehalten.  

Wie gelingt das im Alltag?
Die meisten Babys möchten nicht in ihrem „Nest“ ausscheiden. Wenn sie zum Beispiel aus dem Tragetuch oder Hochstuhl  rauswollen oder beim Stillen immer wieder abdocken, kann das ein Zeichen von voller Blase sein. Man kann dann das Kind vorsichtig über eine Schüssel oder eine offene Windel abhalten. Bestimmte Abhaltepositionen helfen ihm ganz natürlich dabei.

Wie reagiert man, wenn der  Moment verpasst wurde?
Ruhig bleiben und das Baby fertig werden lassen. Wenn ein Kind ohne Windeln aufwächst, gehören viele nasse Hosen dazu.  Wichtig ist, das Baby darauf aufmerksam zu machen. Mit der Zeit entwickelt man ein Gefühl für  Zeichen und Rhythmus – windelfrei wird in den Tagesablauf integriert. Es gibt auch Teilzeit-Windelfrei, d.h. das Töpfchen wird z.B. nur zu Hause angeboten.

 

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