Wie die Schule das Familienbudget belastet
Dass der Schulbesuch gratis ist, ist eine Mär. Besonders der Schulbeginn reißt ein großes Loch ins Familienbudget, wie Eltern aus Erfahrung wissen. Da müssen nicht nur Turnschuhe, Hefte oder Taschenrechner angeschafft werden, sondern auch Kopiergeld, Spindmiete oder Schulbücher bezahlt werden. Anschaffungen, für die eigentlich die öffentliche Hand aufkommen müsste.
Auf 319 Euro pro Kind und Schuljahr beziffert Elisabeth Rosenberger – Vorsitzende der Wiener Elternvereine an höheren Schulen Wiens – die Kosten, die der Staat auf die Eltern abwälzt. „Weil z.B. das Kontingent für die Schulbücher seit fünf Jahren nicht mehr erhöht wurde, kommen die Lehrer mit dem Budget nicht mehr aus. Deshalb werden an fast allen höheren Schulen Atlanten oder Wörterbücher von Eltern bezahlt. In einem Fall mussten sogar die neuen Mathebücher für die Zentralmatura von den Schülern selbst angeschafft werden.“
Leere Seifenspender
Noch kurioser wird es, wenn Direktoren auf Elternvereine mit der Bitte zukommen, dass diese die Seife für die Toiletten bezahlen, „weil die Schüler sich sonst nur mit Wasser waschen können“. Oder wenn Eltern angebettelt werden, die Instandhaltung und Sanierung der Gebäude mitzufinanzieren, weil Direktoren immer stärker unter Sparzwang stehen. Dass das die Regel und nicht die Ausnahme ist, geht aus einer Umfrage hervor, die der Elternverband an hundert Wiener Bundesschulen geschickt hat und die von 51 Elternvereinen beantwortet wurde. Ergebnis: Rund 40 Prozent der Schulen fordern Beiträge für die Schulsanierung ein: „Manche Eltern zahlen hierfür 300 Euro pro Kind.“
Weiteres Ergebnis der Untersuchung: Die Anschaffung von Laptops kommt Eltern teuer. „In vielen Oberstufen gehören Laptops schon zur Grundausstattung der Schüler.“ Damit nicht genug: „Häufig werden Eltern verpflichtet, für die EDV und für technische Ausstattungen wie Beamer oder PCs an den Schulen einen Beitrag zu leisten. An einer Schule wurden pro Schüler 3.000 Euro für PCs und für den Unterricht verlangte Kameras in Rechnung gestellt .“ Für Rosenberger ist es eine Frage der Gerechtigkeit, dass das Bildungsministerium eine Lösung sucht, um Schülern einen kostenlosen Zugang zu Laptops zu ermöglichen.
Dabei hat der Staat den gesetzlichen Auftrag, für Schulbücher und Instandhaltung sowie die EDV-Ausstattung der Schulen aufzukommen. „Leider ist es für viele Eltern schon so normal geworden, dass sie z.B. für Spind- oder Kopierkosten bezahlen, dass sie das gar nicht mehr hinterfragen. Das muss wieder Aufgabe des Staates werden.“
Wie sehr die Schule ein Loch ins Familienbudget einer durchschnittlich verdienenden Familien reißen kann, zeigt ein Beispiel, das Rosenberger vorrechnet (siehe Grafik): „Skikurse und Sprachwochen sowie Nachmittagsbetreuung sind heutzutage eher die Regel als die Ausnahme. Diese sind laut Gesetz von den Eltern zu bezahlen. Alles andere nicht.“
Umfrage: 14 Fragen und Antworten der Elternvertreter
100 Schulen wurden befragt, 51 Elternvereine beantworteten folgende Fragen. Das sind die - zum Teil verblüffenden - Ergebnisse.
Wird an Ihrer Schule Miete für Spinde eingehoben?
Ja: 22
Kosten: Zwischen 8,- und 45,- Euro pro Schuljahr. Bezahlt von den Eltern
Nein: 29
Durchschnittliche Kosten für alle Eltern: 9,20 Euro
Wird an Ihrer Schule Kopiergeld eingehoben?
Ja: 48
Kosten: Zwischen 2,- und 45,- Euro pro Schuljahr, bezahlt von den Eltern. Ein Elternverein zahlte 500,- Euro für die Anschaffung eines Kopiergeräts
Nein: 3
Durchschnittliche Kosten für alle Eltern: 17,90 Euro
Müssen Begleitlehrer und –lehrerinnen bei Skikursen oder anderen mehrtägigen Schulveranstaltungen bezahlt werden?
Ja: 37
Kosten: Zwischen 300,- und 4.000,- Euro pro Schuljahr, bezahlt entweder von den Eltern oder als Pauschale von den Elternvereinen
Nein: 14
Müssen im Rahmen des Fremdsprachenunterrichts oder bei Projekten zusätzliche Native-Speaker bezahlt werden?
Ja: 15
Kosten: Von 135,- Euro (Eltern) bis zu 5.500,- Euro (Elternverein).
Nein: 36
Muss für die EDV-Ausstattung der Schule bezahlt werden?
Ja: 12
Kosten: Zwischen 15,- und 180,- Euro pro Jahr (Eltern) bzw. 2.000,- und 6.000,- Euro (einmalige Zahlungen von Elternvereinen)
Nein: 39
Durchschnittliche Kosten für alle Eltern: 5,40 Euro
Muss für Instandhaltungs- oder Sanierungsarbeiten bezahlt werden?
Ja: 21
Kosten: Zwischen 30,- und 300,- Euro (Eltern), bzw. 1.000,- und 1.300,- Euro (Elternvereine)
Nein: 30
Durchschnittliche Kosten für alle Eltern: 22,10 Euro
Müssen in einzelnen Fächern Schulbücher für den Unterricht gekauft werden?
Ja: 30
Kosten: Zwischen 20,- und 150,- Euro (für Eltern) bzw. 600,- bis 3.200,- Euro (für Elternvereine)
Nein: 21
Durchschnittliche Kosten für alle Eltern: 18,80 Euro
Müssen für den Unterricht Taschenrechner gekauft werden?
Ja: 46
Kosten. Zwischen 15,- und 130,- Euro (Eltern). Ein Elternverein zahlte 3.700,- Euro für eine kollektive Bestellung
Nein: 5
Durchschnittliche Kosten für alle Eltern: 35,40 Euro
Müssen für den Unterricht Laptops oder anderes technisches Equipment gekauft werden?
Ja: 17
Kosten: Von 40,- bis 1.000,- Euro, an einer Schule müssen Eltern ca. 3.000,- Euro für Laptops und für den Unterricht verlangte Kameras ausgeben
Nein: 34
Durchschnittliche Kosten für alle Eltern: 185,- Euro
Wird an der Schule ein Arbeitsmittelbeitrag/Materialbeitrag eingehoben?
Ja: 39
Kosten: Zwischen 5,- und 180,- Euro, bezahlt von den Eltern
Nein: 12
Durchschnittliche Kosten für alle Eltern: 25,80 Euro
Muss für eine Schuluniform bezahlt werden?
Ja: 1
Kosten: 250,- Euro
Nein: 50
Muss für Arbeitskleidung bezahlt werden?
Ja: 6
Kosten: Zwischen 100,- und 500,- Euro
Nein: 45
Gibt es andere Ausgaben?
Ja: 29
Kosten: Zwischen 10,- und 400,- Euro (Eltern) bzw. 200,- bis 4.000,- Euro (Elternvereine)
Nein: 22
Fühlen sich Eltern bzw. Elternvertreter moralisch unter Druck gesetzt?
Ja: 17
Nein: 34
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