Mit Kindern über Terror sprechen

Die Terrornachrichten drangen bis nach Brasilien, wo Kinder vor einem Fußballspiel die Anschläge in Paris auf ihre Weise verarbeiteten.
Die Kleinen bekommen meist mehr mit, als Eltern glauben. Ein Psychotherapeut gibt Tipps.

Was der kleine Bub zu sagen hatte, rührte Millionen: "Die bösen Menschen sind nicht nett", meinte er, als er mit seinem Vater in Paris vor einem Meer an Blumen stand, das an die Terroropfer erinnert. Vor laufender Fernsehkamera entstand ein Vater-Sohn-Gespräch, das zeigt, wie man mit Kindern über traumatische Ereignisse redet.

Der Terror macht dem Kind Angst: "Papa, wir müssen jetzt unser Haus verlassen. Die bösen Männer haben Pistolen." Der Vater beruhigt: "Wir müssen nicht wegziehen. Frankreich ist unser Zuhause." Das kann den Buben nicht trösten, worauf der Vater meint: "Die haben Pistolen, wir haben Blumen und Kerzen." Darauf fragt der Kleine: "Die sind dazu da, um uns zu beschützen?" "Ja", sagt der Vater und fragt: "Geht es dir jetzt besser?" "Ja", lächelt sein Sohn und ist offensichtlich beruhigt.

Wie wichtig es ist, mit den Kindern zu reden, weiß Peter Stippl, Präsident des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie: "Laden Sie Ihr Kind ein, über seine Gefühle und Gedanken zu sprechen. Fragen Sie aber nicht, ob es Angst hat. Fragen sie lieber, woran es denkt und was es fühlt."

Ereignisse, über die jeder spricht, totzuschweigen, sei der falsche Weg. Aus Erfahrung weiß Stippl, dass Kinder viel mehr mitbekommen, als Erwachsene glauben. "Es ist eine Illusion, dass Eltern beeinflussen können, was ihre Kinder erfahren." Informationsquellen gebe es überall: "In der Schule, im Kindergarten, durch Gespräche von Geschwistern oder Erwachsenen."

Was in Kindern vorgeht, kann man oft im Spiel beobachten: "Werden plötzlich alle Indianer überfallen oder Ritter mit dem Schwert getötet, verarbeitet das Kind das Geschehene. Meist identifiziert es sich dabei mit dem Aggressor, weil der am Ende heil aus der Sache herauskommt und so sicher ist."

Wenn Erwachsene mit jungen Menschen über Terror, Krieg und Gewalt reden, ist es wichtig, altersadäquat und nicht aggressiv zu kommunizieren. Eine mögliche Wortwahl: "Da haben Menschen versucht, mit Gewalt und unfairen Mitteln ihre Ziele zu erreichen. So etwas kennst du sicher aus deinem Alltag. Wenn z. B. der Maxi in der Schule einmal wieder andere drangsaliert, um seine Ziele zu erreichen."

Fair streiten

Die Schule sei ein besonders geeigneter Ort, um über Themen wie Terror und Krieg offen zu diskutieren und Gewalttaten zu verarbeiten: "Ein souveräner Pädagoge kann hier viel leisten. Er begleitet junge Menschen und unterstützt sie dabei, eine gesunde Persönlichkeit zu entwickeln." Dazu gehöre z. B., dass man lernt, fair zu streiten und Diskussionen nicht mit Fäusten zu beenden.

Der Psychotherapeut warnt davor, Vorurteile zu schüren, nach dem Motto: "Alle Muslime sind potenzielle Terroristen." Differenzierung sei nötig: "Und junge Menschen sollen kritische Fragen stellen dürfen – Tabus darf es da keine geben."

Mit dem Kind reden, das ist also die Zauberformel. Dann kehrt bald wieder Alltag ein. "Wenn sie jedoch nach Tagen oder Wochen merken, dass es immer noch Schlafprobleme hat oder sich plötzlich zu ihnen ins Bett kuschelt, ist es ratsam, professionelle Hilfe zu holen."

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