Theater: Der Romeo von der Berufsschule

Theater: Der Romeo von der Berufsschule
Schauspielen stärkt das Selbstvertrauen und macht erfolgreich - sagen Schüler, Lehrlinge und Wissenschaftler.

Manuela Schandry staunt über sich selbst: "Dass ich mich getraut habe, vor so vielen Menschen zu reden, hätte ich mir niemals vorstellen können", sagt die 18-Jährige heute. Vor einem Jahr war das noch ganz anders: "Ich war schüchtern, hab' immer leise geredet." So verändert hat Manuela das Theaterspiel. Gemeinsam mit 37 Berufsschülern stand sie auf der Bühne - während der Schul- und Arbeitszeit. Denn "Romeo und Julia" war Teil ihrer Lehrausbildung in der Spar-Akademie, wo Theater seit heuer für alle fix auf dem Stundenplan steht.

Die Initiative kam von Sylvia Rotter, die seit Jahren mit Kindern und Jugendlichen Theater spielt. Sie ist überzeugt: "Schauspielen fördert die soziale, emotionale und motorische Entwicklung." Ob das wirklich so ist, sollte Hirnforscher Manfred Spitzer wissenschaftlich überprüfen. Sylvia Rotter, Manfred Spitzer und Jörg Schielin von der Spar-Akademie machten deshalb die Probe aufs Exempel: Lehrlinge durften "Romeo und Julia" spielen.

Große Gefühle

"Als ich davon hörte, wusste ich: Da muss ich dabei sein", sagt Bilal Malik, 22. "Theaterspielen wollte ich schon als Kind." Und dann durfte er sogar den Romeo mimen. "Ich dachte, das wird ganz schön schwierig, so viel Text zu lernen. Ich war ja die Julia", erinnert sich Darinka Radulovic, 18. Sie merkte schnell: "Es macht Spaß, auch wenn es ungewohnt ist, große Gefühle auf der Bühne auszudrücken."

Doch das ist - mithilfe bestimmter Übungen - erlernbar: "Wir standen gemeinsam im Kreis und haben immer lauter geschrien. Das kostete Überwindung. Und weiter: Wir sollten uns anschreien, als würden wir Schimpfwörter gebrauchen, dabei aber normale Wörter benutzen. Also schrie ich: du Sessel. Das war lustig", erzählt Darinka.

Fechten

"Je länger wir Theater spielten, desto offener und teamfähiger wurden wir", meint Elvis Suljicic, 19: "Du musst dich in den anderen hinein versetzen und schauen, was er macht." Besonderes Zusammenspiel verlangten die Kampfszenen - "für die hatten wir sogar eigenen Fechtunterricht".

Wenn 38 Menschen 110 Stunden intensiv proben, gibt es mitunter Chaos oder
Streit. "Das haben wir schnell bewältigt, indem wir einfach redeten", meint Denisa Martis, 19. Eine wichtige Eigenschaft, um im Leben und im Beruf erfolgreich zu sein.
Das Theater hat noch etwas bewirkt. "Ich kann mir mehr merken", sagt Manuela . "Ich bin selbstbewusster im Umgang mit Menschen geworden", meint Elvis. Und für Bilal ist klar: "Ich habe ein anderes Auftreten und bin viel schlagfertiger." Auch den Kunden, die die Lehrlinge von ihrem täglichen Einkauf kannten, ist die Verwandlung nicht entgangen: Eine Kundin nennt ihn seither nur noch den "Romeo von der Gemüsetheke".

Ein Erfolg war das Stück nicht nur auf der Bühne, sondern für jeden einzelnen Teilnehmer - wie die wissenschaftliche Auswertung zeigt: Drei Viertel der Schüler zogen daraus einen starken persönlichen Nutzen. Fast alle hatten einen besseren Zugang zu ihren Gefühlen und konnten ihre Stärken und Schwächen besser einschätzen.

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