Spielen wie früher: Zehn tolle Ideen für die Ferien
Ho ruck, Donald Duck, Mickey Mouse, rein – raus! So einfach war das Spielen früher. 30 Jahre später sitzen viele Eltern da und überlegen sich neun Ferienwochen lang: Was spiele ich bloß mit meinem Spross?
Dabei sollten die Frage lauten: Wie spiele ich mit dem Spross? Was macht das Spiel eigentlich aus? Es geht um die gemeinsame Zeit, in der wir Kindern etwas vermitteln. Das Spielen ist eine Kulturtechnik des Menschen, eine bell’arte:
Die Zeit mit etwas Schönem zu füllen, ohne echten Zweck, ohne dringendes Ziel. Das uns ein Lächeln ins Gesicht zaubert, weil wir gerade gut im Tempelhüpfen waren. Oder lustig ausgerutscht sind. Oder weil jemand anderer gut war. Es sind Kudern und Frohsinn, die keinen offensichtlichen Grund haben – und keinen brauchen.
Dieses Verständnis vom Spielen wollen viele Eltern ihren Kindern vermitteln.
Kindheitserinnerungen
Auch aus sentimentalen Gründen, wenn sie einen Auszählreim wie „Ho ruck, Donald Duck, ...“ hören. Er erinnert an Tage, die sie mit Gummihüpfen zum Rhythmus solcher Sprüche im Hof verbrachten. An denen sie mit anderen Kindern Versteinern und Fußball gespielt haben. An die Vergangenheit, in der sich die Kinder noch nicht mit dem Handy die Zeit vertrieben. Bevor bei vielen Jungen die Fantasie so verloren ging, dass sie auf einer Wiese nichts mehr mit sich anfangen können.
Manches, das die Elterngeneration ins Schwärmen bringt, erlebt gerade eine Renaissance. Viele Spielzeuggeschäfte und Supermärkte entdecken die alten Spiele gerade wieder. Das französische Boule und das italienische Boccia sind nicht mehr alten Männern im Park vorenthalten, die Jungen entdecken das Spiel mit den Kugeln für sich. An Stränden und auf Wiesen werden die Bälle geworfen. Designer haben die Spielzeuge modernisiert und Texter haben manchen coolere Namen verpasst. Was früher einfach „Gummihüpfen“ mit einem weißen Band war, ist heute „Gummitwist“ mit neonbuntem Muster. Es überrascht Kinder fast, dass schon ihre Eltern so gespielt haben.
So werden die alt-neuen Spiele zur guten Gelegenheit, die Generationen zu verbinden. Kinder lieben Geschichten über die Zeit, als Mama und Papa noch klein waren und was sie damals gemacht haben. Erzählen wir den Kindern, wie wir unsere Freizeit verbracht haben und zeigen es ihnen auch. Es ist ein lustiges Gefühl, nach jahrzehntelanger Pause wieder auf den Kreidefeldern für Tempelhüpfen hin- und herzuspringen. Ein Spaß, es mit den eigenen Kindern wieder zu erleben. Auch der Nachwuchs bekommt einen anderen Blick auf die Eltern – ja, auch sie waren vor langer Zeit einmal Kinder!
Neu wie alt
Und wow, sie konnten damals mit so einfachen Utensilien ihre freie Zeit gestalten. Dass die Idee des Spielens sogar gänzlich ohne Material ausgelebt werden kann, zeigen nicht nur manche alte Spiele wie das klassische Fangerl, sondern auch die sogenannten „New Games“. Dahinter versammeln sich Spiele, die mit dem Gewinnen-Verlieren-Stress brechen und jeden einzelnen Mitspieler als das Zentrum des Spieles begreifen. Und das passt ja ganz gut zu einer gemeinsamen Eltern-Kind-Zeit.
Überhaupt verkörpert die New-Games-Philosophie vieles von dem, was Eltern ihren Kindern beim Spielen vermitteln wollen: In den USA der späten 1960er-Jahre standen die Zeichen auf love. Die Jungen rebellierten mit überschwänglichem Liebhaben gegen das Bürgerliche und den Vietnam-Krieg, gegen alle Kriege. Umarmen statt kämpfen, da dauerte es nicht lang, bis auch der Wettkampf im klassischen Spiel verteufelt wurde. Die Flower-Power brauchte neue Spiele, die „New Games“. Hippies trafen sich dafür auf Festen, auf Wiesen, die ersten Neuen Spiele waren für viele, für sehr viele Mitspieler: Sie entfremdeten Kriegsutensilien zu Spielzeug, bis heute sind die „Fallschirm-Spiele“ eine eigene Kategorie der New Games. Hundert und mehr können ihn halten, sie bilden einen Kreis und lassen ihn in Wellenbewegungen auf und nieder sinken – Haltung und Spiel verschmelzen zum Tun. Noch stärker ist das bei den Erdball-Spielen: Der menschenhohe Ball war und ist mehr als ein Spielgerät – die Spieler trugen ihn auf Händen, rollten ihn sanft und wenn er jemanden traf, tat es nicht weh.
Spiel fair!
Doch dann änderten sich die Zeiten und so die Spiele. Die Hippies wurden rar, man musste sich nicht mehr nur liebhaben, aber die Idee der Neuen Spiele blieb im Kopf. Es entwickelten sich welche für zwei, für viele, für wenige. Aus den „New Games“ machte die Entwicklungspsychologie bald die „Kooperativen Spiele“ – ab den 1980er-Jahren musste wieder alles einem Zweck dienen. Die Grundsätze blieben: Spiel’ intensiv! Spiel’ fair! Tu’ niemandem weh! Diese Leitlinien der New Games treffen auch auf manche der klassischen Kinderspiele zu – intuitiv spielten Kinder schon immer danach. Im Rückblick ging es bei den New Games weniger um die Frage, was man spielt, sondern wie.
Das sagte später auch der US-Amerikaner Stewart Brand, der heuer 80 Jahre alt wird. Der Aktivist und Autor gilt als einer der Begründer der New Games: „Das wirklich Neue an den Spielen ist unsere Einstellung, die jeden in den Spaß an der Herausforderung und die Gemeinsamkeit einbeziehen möchte, damit der spielerische Geist auch vor unserer Arbeit und unserem Leben nicht Halt macht.“ Brand wählte dafür gar keinen radikalen Ansatz, er war immer sicher, dass in jedem Menschen eine gewisse Aggression steckt, man sie aber kanalisieren kann. Sein erstes New Game hieß „Gemetzel“, bis heute eine Ikone der Neuen Spiele, ein bisschen wie „Räuber & Gendarm“, aber mit Streicheln statt Abschlagen. Für Brand zählte der „Körperkontakt beim spielerischen Kämpfen“ und „Aggressionen im Spiel friedfertig auszuleben“, damit man damit umzugehen lernt.
Andere Pioniere waren radikaler und lehnten jegliche Konkurrenz in der Spielstruktur ab. „Wir sollten kein Spiel benutzen, um jemanden zu irritieren, ihm das Gefühl zu geben, er sei ein Verlierer oder zu wünschen, er hätte überhaupt nicht mitgespielt“, sagte einer von ihnen in einem Interview zu Brand. Im Gegenteil solle man bei jedem Spielen immer zeigen, dass „wir bereit sind, jeden Spieler zu unterstützen“.
Dieser Spieler steht bei den alten und den Neuen Spielen im Mittelpunkt. Er wird bedingungslos unterstützt, so wie Eltern ihr Kind bedingungslos unterstützen. Dadurch gedeiht der wahre spielerische Geist, die schöne Kunst des Spiels.
Diese 10 alten Spiele machen Kindern und Eltern Spaß:
Gummi-Twist
Mindestens drei sportliche Hüpfer sind nötig: Zwei spannen das Neon-Gummiband um sich (erst knöchelhoch, dann Knie, dann Hüfte), die anderen springen im Takt zu einem Reim. Ein Klassiker ist: „Seite, Seite, Mitte, Breite. Seite, Seite, Mitte, raus.“ Je nach Höhe und Schnelligkeit steigt die Schwierigkeit. Gummihüpf-Sprüche findet man im Internet.
Hula-Hoop
Schon Sechsjährige schaffen es, die Ringe um ihre Hüften oder Arme kreisen zu lassen. Für Einsteiger und Fortgeschrittene gibt es YouTube-Videos zum Lernen. Statt Ballettstunden werden jetzt sogar Hula-Hoop-Kurse in Schulen angeboten. Statt einfärbig werden die Reifen jetzt in speziellen Designs entworfen.
Drache
So einfach und macht doch so viel Spaß: Die Kinder bilden eine Reihe – das letzte Kind hat ein Tuch in der Hosentasche, vorne ist der
Drachenkopf und hinten sein Schwanz. Und weil Drachen als Zeitvertreib gerne ihren Schwarz jagen, soll das erste Kind sich das Tuch von ganz hinten schnappen – ohne, dass die Kette zerreißt.
Crocket
Bei „ Alice im Wunderland“ ist es das Lieblingsspiel der Herzkönigin. Seinen Ursprung hat das englische Spiel mit den Holzhammern im 16. Jahrhundert. Dabei müssen die Kugeln mit langen Holzschlägern durch die kleinen Tore geschossen werden. Ideal ist ein ebener, gemähter Rasen.
Tempelhüpfen
Mit Straßenkreide wir das Spiel auf Asphalt gezeichnet: Ein Startfeld sowie ein oder zwei Felder pro Reihe, nummeriert bis zehn. Man wirft den Stein auf das erste Feld und springt auf einem Bein ins nächste und weiter, ohne eine Linie zu berühren. Am Rückweg wird der Stein aufgehoben. Der nächste Regen spült alles wieder weg.
Gordischer Knoten
Man merkt sofort, warum das ein Kommunikationsspiel ist: Die Kinder müssen miteinander reden. Im ganz engen Kreis strecken sie die Hände aus, schließen die Augen und greifen nach einer anderen Hand. Mit offenen Augen müssen die Kinder den daraus entstandenen Knoten dann wieder lösen. Leichter wird es, wenn ein Händepaar getrennt wird.
Boule
Die Franzosen nennen das Spiel mit den Kugeln „Boule“ oder „Pétanque“ und die Italiener „Boccia“ – das System ist das Gleiche: Jeder muss versuchen die eigene Kugel näher an die Zielkugel zu werfen als die anderen. Statt der üblichen Metallkugeln gibt es die Sets für Kinder auch aus Holz, Plastik oder Stoff, mit Spielanleitung und Transportsack.
Fließband
Dafür ist Vertrauen nötig. Die Kinder stellen sich in zwei Reihen und halten einander an den Handgelenken (siehe Bild). Dann legt sich ein Kind am Anfang der Reihe auf die Hände – und wird weitergeworfen. Zur Sicherheit sollte ein Erwachsener am Anfang und am Ende helfen.
Schlange
So häutet sich eine Schlange: Die Kinder stellen sich in eine Reihe und reichen die rechte Hand nach vorne und die linke zwischen ihren Beinen durch nach hinten. Dann rutscht das erste Kind vorsichtig zwischen allen gegrätschten Beinen, ohne dass die Hände losgelassen werden. Dann folgt das nächste Kind
bis die ganze Schlange ihre Haut
abgeworfen hat – oder alle umgefallen sind.
Bushaltestelle
An der Haltestelle gibt es keine Sitzgelegenheit? Kein Problem. Man bildet einen ganz engen Kreis – dann setzt sich jedes Kind langsam auf die Beine des anderen. Und tatsächlich, nach einigen Übungsrunden sitzt jeder. Zumindest kurz, bis alle wieder am Boden landen. Eine Beschäftigung mit Spaßgarantie – nicht nur für die Kinder.
Tipp: Viele weitere Spiele gibt es auch auf der Spieledatenbank der Katholischen Jungschar Österreich. von Erklärungen bis zu Ideen für Familien & Kinderpartys.
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