Wie Journalisten mit psychischen Erkrankungen umgehen

Wie Journalisten mit psychischen Erkrankungen umgehen
Die drei Hauptpreise der heurigen SozialMarie gingen an sehr unterschiedliche Projekte. Die gestrige Preisverleihung im Radiokulturhaus war bis auf den letzten Platz gefüllt.

Wenn Journalisten psychisch krank sind...dann machen Sie daraus ein preisgekröntes Projekt und versuchen gesellschaftliche Aufklärung zu leisten. So geschehen in Tschechien, und das äußerst erfolgreich: Drei Journalisten und eine Journalistin, alle vier mit eigener Psychiatrieerfahrung, machen genau diese psychische Erkrankung und wie sie mit ihr leben zum Thema.

Wie Journalisten mit psychischen Erkrankungen umgehen
Das Stigma, das sie und ihresgleichen umgibt, bekämpfen sie mit regelmäßig organisierten öffentlichen Debatten und Interviews mit bekannten Fachleuten aus dem In- und Ausland. Alles wird gefilmt und im eigenen YouTube-Channel verbreitet. Ein neues Programm setzt sich zuspitzend humoristisch mit geistiger Gesundheit und anderen sozialen Fragen auseinander. Die vier arbeiten zudem aktiv für die längst fällige Psychiatriereform, leiten Workshops in Sekundarschulen, treten auf Konferenzen und Festivals auf und organisieren die Peer-Community mit.

Damit haben sie den mit 15.000 Euro dotieren Hauptpreis bei der diesjährigen SozialMarie gewonnen. Die Jury: "Studio 27 will den Mythos durchbrechen, psychisch kranke Menschen seien unfähig, gefährlich und asozial". Das gelinge mit Bravour. Die Journalistinnen und Journalisten, die sich in diesem Studio zusammen getan haben, konterkarierten mit ihrer Arbeit das gesellschaftliche Vorurteil, dass Menschen wie sie nicht zu geistiger Arbeit fähig seien.

Die anderen Gewinner des Abends

Der zweite Platz ging an "Welcome to Life" aus Österreich. Anders als sonst können Jugendliche, die in sozialpädagogischen Einrichtungen leben, im Rahmen dieses Pilotprojektes auch nach ihrem 18. Geburtstag weiter auf ihrem Weg ins Erwachsenen-Leben begleitet werden. Zudem werden sie über regionale Treffen, Workshops zu Themen wie Wohnen, Gesundheit, Finanzen und über soziale Medien miteinander vernetzt. Die 'Care Leaver' sollen ihre Zukunft aktiv in die Hand nehmen.

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Auch gegenüber den politisch Verantwortlichen für die jetzige gesetzliche Situation, die sie mit 18 ohne soziales Auffangnetz in eine Selbständigkeit entlässt, die viele einfach überfordert. 'Welcome to Life' will daher die Altersgrenze für die Betreuung im Rahmen der Jugendhilfe anheben. Das Projekt darf sich über 10.000 Euro freuen.

Der dritte Hauptpreis ging an das tschechische Projekt "Na Ovoce". Eine digitale Landkarte zeigt, wo im Land frei zugängliche Obstbäume stehen, alle können neue hinzufügen, täglich werden es mehr. Eine gemeinschaftsbasierte Plattform mit klaren Regeln: Ich kläre, ob das Obst pflückbar ist, ich schade dem Baum nicht, ich teile mit anderen. Damit will 'Na Ovoce' biodiverse Kulturlandschaften erhalten und vergessene Obstsorten wieder ins Bewusstsein der Menschen bringen.

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In Prag werden in Kooperation mit der Stadt ungenutzte alte Obstgärten revitalisiert. Beim jährlichen 'Fruit Event' im größten Obstgarten Na Kličové lernen hunderte Menschen, alt wie jung, wie sie Obst verarbeiten können. Und es werden neue Obstgärten mit alten Sorten angelegt, gemeinsam mit der Nachbarschaft.

Neben diesen drei Hauptpreisen gab es noch zwölf weitere Gewinner, die sich jeweils über 2000 Euro freuen dürfen - sowie über einen ordentlichen PR-Schub, den die Sozialmarie den Nominierten ermöglicht. Unter ihnen auch das österreichische Projekt "SIM", das sich den Problemen im heimischen Maßnahmenvollzug widmet. Der Verein setzt sich seit einem Jahr für die Rechte der rund 900 geistig abnormen Rechtsbrecher in den österreichischen Gefängnissen aktiv ein. Lesen Sie mehr dazu hier:

Ehrenamtliche Gefängnis-Betreuer – für die SozialMarie nominiert

Sozial - über die Grenzen

Seit 2005 würdigt die SozialMarie jährlich hervorragende soziale Innovationen. Aus 190 eingereichten Projekten hat die ExpertenInnen-Jury auch heuer 15 Preisträgerprojekte ausgewählt. Diese wurden am 1. Mai 2017 im Rahmen einer großen Preisverleihung im ORF RadioKulturhaus Wien ausgezeichnet.

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Neben den Preisgeldern von insgesamt 54.000 Euro bietet die SozialMarie somit vor allem eine öffentliche Bühne für Projekte, die mit neuen Denkansätzen innovative Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen geben. Die SozialMarie Nominierungen setzen sich aus zwanzig österreichischen, sechs ungarischen, fünf tschechischen und zwei slowakischen Projekten zusammen.

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