Sonnenfinsternis: Mythen, Daten, Fakten

Jö, schau!
Ab 9.27 Uhr ist das Phänomen für Vorarlberger sichtbar, Burgenländer haben bis 11.58 Uhr Zeit.

In Spitzbergen sollte man heute sein. Oder auf den Färöer-Inseln. Denn dort ist die Sonnenfinsternis besonders gut zu sehen. Über Österreich wird leider nur eine partielle Finsternis sichtbar sein. Einen Blick in den Himmel dürfen aber nur jene wagen, die eine Spezialbrille ergattert haben (siehe unten).

Ob die Betrachter dabei wohl ein "Gefühl der Erhabenheit" überkommt, wie einst Adalbert Stifter? Der berichtete von der Sonnenfinsternis am 8. Juli 1842: "Es war nichts anderes, als hätte Gott auf einmal ein deutliches Wort gesprochen." Weitere sieben Fragen und Antworten zum Thema finden Sie hier:

Was passiert heute am Himmel über Europa?

Am Vormittag schiebt sich der Neumond vor die Sonne und verdunkelt sie teilweise. Eine totale Sonnenfinsternis wird es nur in einem 400 km schmalen Streifen über dem Nordatlantik geben. Gute Aussicht für die Österreicher: Kaum eine Wolke wird den Blick in den Himmel trüben. Nur in Osttirol und Oberkärnten hält sich in der Früh etwas Hochnebel, der sich aber bald auflösen wird.

Ist das Naturereignis eine Touristenattraktion?

Ja – in bestimmten Teilen der Welt. Sowohl das norwegische Spitzbergen als auch die Färöer-Inseln werden derzeit von Touristen "heimgesucht". Allerdings werden die Besucher kaum etwas vom Spektakel sehen. Meteorologen prognostizieren einen bewölkten Himmel über den Inseln. Aber nicht alle sind von den Touristenmassen begeistert – es wurde sogar vor einer Reise gewarnt. Die Versorgung der Touristen sei problematisch. Und auf Spitzbergen drang gestern ein Eisbär in ein Zelt und verletzte einen tschechischen Urlauber – das Tier wurde erschossen. Unter den Österreichern gibt es wohl wenig Sonnenfinsternisjäger. Flüge in den Norden sind laut AUA nicht stärker nachgefragt.

Wie reagieren Tiere auf die Sonnenfinsternis?

Mit der anbrechenden Dunkelheit kommt die Stille. Die Dämmerung signalisiert den Tieren, dass die Nacht anbricht. Die Folge: Die Vögel hören auf zu zwitschern. Auch der Biorhythmus der Tiere gerät durcheinander, weshalb sie Stressreaktionen zeigen. Manche Pferde rennen etwa wie wild auf der Weide herum, andere sind äußerlich ruhig, doch ihr Herz rast. Nachtaktive Tiere wie Fledermäuse werden dagegen plötzlich wach, manche begeben sich auf Nahrungssuche. Auf Haustiere wie Hunde und Katzen wird das Spektakel laut Tiermedizinern aber keine Auswirkungen haben. Einziger Stressfaktor ist für sie der Mensch, der aufgeregt das Naturschauspiel beobachten will.

Der Mond beeinflusst die Gezeiten. Wirkt sich das Ereignis auf Ebbe und Flut aus?

Ja. Im Atlantik wird sogar eine Jahrhundertflut erwartet. Der stärkste Tidenhub von 16 Metern wird in der kanadischen Bucht von Fundy zu bestaunen sein. Spektakulärer ist die Sicht auf die Flutmassen vom Mont Saint-Michel in der Normandie, wo ein Tidenhub von 14,5 Metern erwartet wird.

Gibt es auch heuer wieder Untergangsprediger?

Bei der letzten großen Sonnenfinsternis im Jahr 1999 gab es Esoteriker und Sektenführer, die diese als böses Omen oder gar als Weltuntergang deuteten. Im spanischen Tarragonoa hatten sich z. B. Anhänger einer dubiosen Sekte verbunkert und auf eine Flutwelle gewartet, die nie eintraf. Heuer verweisen Verschwörungstheoretiker, Esoteriker und Sektierer darauf, dass vier Blutmonde (Mondfinsternis, Anm.) auf vier jüdische Feiertage fallen. In Kombination mit der Sonnenfinsternis ist das für einige ein Zeichen, dass das Ende der Welt nahe ist.

Welche historischen Ereignisse werden mit einer Sonnenfinsternis assoziiert?

Schon Herodot, der Vater alle Geschichtsschreiber, berichtet, wie ein astronomisches Ereignis die Geschicke der Menschen beeinflusste. Zwischen den Lydern, die in der heutigen Türkei beheimatet waren, und den aus Persien stammenden Medern herrschte sechs Jahre lang Krieg. "Wie sie sahen, dass es bei Tage Nacht wurde, stellten sie den Kampf ein und hatten nichts Eiligeres zu tun, als Frieden zu schließen." Vorausgesagt hatte dieses Ereignis übrigens Thales von Milet, den wohl jeder kennt, der in Österreich Mathematikunterricht hatte.

Wie bewerteten andere Kulturen das Spektakel?

Im alten China glaubte man, ein Himmelsdrache würde die Sonne fressen. Mit Geschrei und lautem Gerassel versuchte man, ihn zu verscheuchen. Auch die Chippewa-Indianer fürchteten, die Sonne würde erlöschen. Sie schossen brennende Pfeile in den Himmel, um sie wieder anzuzünden. Die alten Ägypter hatten Angst, der Himmel würde auf die Erde stürzen.

Wann ist wo was zu sehen?

Sonnenfinsternis: Mythen, Daten, Fakten

Die gute Nachricht: Die Sonnenfinsternis ist gut sichtbar – in Wien ab 9.37 Uhr mit einem Höhepunkt um 10.45 Uhr. Das Spektakel dauert bis 11.57 Uhr.

Die schlechte Nachricht: Zuletzt meldeten sich KURIER-Leser, die bei mehreren Optikern in Österreich eine Sonnenfinsternis-Brille erstehen wollten und kein Modell mehr bekamen. Sie erhielten die Auskunft, dass der Handel das bevorstehende Naturspektakel schlichtweg verschlafen hat. Dazu nochmals die eindringliche Warnung der Augenärzte: Bereits ein einziger Blick auf die Sonnenfinsternis durch ein Fernglas ohne entsprechende Filter kann in Sekundenbruchteilen gravierende Netzhautschäden verursachen oder sogar zum völligen Verlust der Sehkraft führen. Bei der letzten Sonnenfinsternis wurden allein im Krankenhaus SMZ Ost drei Patienten mit Schäden am gelben Fleck, der Stelle des schärfsten Sehens im Auge, aufgenommen. "Hochgerechnet sind das 15 bis 20 Patienten in Österreich, die durch eine Sonnenfinsternis Augenschäden erleiden. Diese Schäden bleiben ein ganzes Leben lang", warnt Univ.-Prof. Thomas-Michael Radda, Primar der Augenabteilung im SMZ-Ost.

Sonnenfinsternis: Mythen, Daten, Fakten
Eine partielle Sonnenfinsternis ist am Dienstag (04.01.11) ueber Albershausen im Landkreis Goeppingen zu sehen. In Deutschland ist am Dienstag eine teilweise Sonnenfinsternis zu beobachten. In fast ganz Europa, Nordafrika und Westasien wird die Sonne teilweise vom Mond verdeckt. Beim Maximum zwischen 9.00 und 9.30 Uhr werden drei Viertel der Sonnenscheibe verdunkelt sein und es ist nur eine Sichel sichtbar, wie die Sternwarte Luebeck mitteilte. Dies reiche allerdings nicht aus, um die Landschaft merklich dunkler erscheinen zu lassen. Gegen 10.45 Uhr ist die Sonne dann bei klarem Himmel wieder als kreisrunder Lichtball am Horizont zu sehen. (zu dapd-Text) Foto: Daniel Kopatsch/dapd

Wichtig laut Radda: Eine herkömmliche Sonnenbrille reicht bei Weitem nicht aus. Auch vor den im Internet kursierenden Tipps und Selbstbau-Anleitungen warnt er. Wie gefährlich das grelle Licht ist, zeigt auch eine Warnung der Fotobranche. Derzufolge kann auch die Kameraoptik schweren Verbrennungen davontragen. Außer man hat sich einen Graufilter angeschafft, der sich vor die Linsen von Superzoom-, System- oder Spiegelreflexkameras schrauben lässt. Im eigenen Interesse sollte man den Ratschlägen eines versierten Fachhändlers vertrauen. Vom Blick durch den Sucher wird ebenso dringend abgeraten. Außerdem ist zu beachten: Smartphones sind ungeeignet.

Wer im Besitz einer Brille ist, sollte in jedem Fall das Sonnen-Spektakel gut sehen können. Die Wetterprognose verspricht in ganz Österreich gute Sicht. Eine (kostenpflichtige) Option ist die Terrasse des Haus des Meeres. Gratis ist der Blick von Balkonien oder vom Berg aus. Am Ende noch eine Warnung vom ARBÖ an die Autofahrer: Wer auf Autobahnen verbotenerweise am Pannenstreifen hält und dabei noch ein Einsatzfahrzeug behindert, hat mit einem Strafausmaß von bis zu 2182 Euro zu rechnen.

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