Schüleranwalt: Möglichkeiten für Migranten

Schüleranwalt: Möglichkeiten für Migranten
Sie stammen aus Indien, Afghanistan oder Ägypten. Und sie alle verstehen Schule als Chance auf eine bessere Zukunft.

Jaspal, du bist hier in Österreich geboren. Das ist deine Chance. Mach' was daraus und lerne etwas." Diesen Satz hörte der mittlerweile 14-jährige Schüler immer wieder von seinem Vater. Und Jaspal nutzte die Gelegenheit. Er strengte sich an, um immer zu den Besten in der Klasse zu gehören. Heute gibt Jaspal sogar Nachhilfe - in Mathematik und in den Naturwissenschaften.

"Selbst wenn du nichts hast, kannst du hier eine höhere Schule besuchen und lernen, was du willst. In anderen Ländern gibt es das nicht", sagt Jaspal. Aber auch, wenn niemand Schulgeld bezahlen muss, ist Schule teuer. Deshalb bewarb er sich für das "START-Stipendium". Er und weitere 15 Migranten in Wien werden auf diese Art gefördert. "Wenn ich das Geld nicht bekommen hätte, müsste mein Vater seine Ersparnisse dafür ausgeben", erzählt er.

Akzentfrei

Jaspals Eltern stammen aus Indien. "Mein Vater ist Lagerarbeiter und kann sich kaum verständigen. Meine Mutter spricht gut Deutsch und möchte Kindergärtnerin werden." Die Eltern achteten früh darauf, dass ihre Kinder Deutsch lernen. "Ich habe mir das ganz schnell im Kindergarten angeeignet. Zudem konnten wir zu Hause nur ORF empfangen. Via Satellit nur die Heimatsender anzuschauen, würde ich keinem Migranten empfehlen", sagt er in akzentfreiem Deutsch.

Er besucht die Vienna Business School in Wien-Josefstadt. Jaspal hat auch Freunde, die diesen Leistungsanspruch nicht haben. "Die sagen, ich mache die Hauptschule, danach gehe ich arbeiten. Diese Haltung verstehe ich überhaupt nicht."

Sohela, 16, denkt wie Jaspal: "Jetzt bin ich jung und kann etwas lernen. Arbeiten kann ich später immer noch." Sie ist erst vor einem Jahr von Afghanistan nach Österreich geflohen. In dieser Zeit hat sie den Hauptschulabschluss nachgeholt. Im Zeugnis: Nur Einser - bis auf den Dreier in Deutsch. "Mein Deutsch ist schlecht", beurteilt sie sich streng. Doch es ist gut genug, um in der Schule mitzukommen und für Verwandte Behördengänge zu machen. In Englisch und Mathe ist sie so fit, dass sie Nachhilfe gibt.

Sohela ist eine der wenigen aus ihrem Kurs, die jetzt auf eine höhere Schule gehen. Die 16-Jährige hat sich für die HAK Maigasse in Wien-Hietzing entschieden. Ihr großes Ziel ist es, Biochemie zu studieren. "Meine Mutter hat nichts gelernt. Ich habe die Chance auf eine bessere Zukunft", meint sie.

Helfen

Eine bessere Zukunft. "Das wünsche ich mir nicht nur für mich", sagt Salwa, 15, bestimmt. "Ich schaue mir oft auf den arabischen TV-Kanälen an, was in Ägypten los ist, wo meine Eltern herkommen. Da habe ich immer den Impuls, dass ich dort helfen möchte. Deshalb will ich eines Tages Jus und Politik studieren." Derzeit besucht sie die AHS Spengergasse, wo sie sich aktiv einbringt: "Ich habe dort eine Schülerzeitung gegründet. Meine Eltern haben mich dabei unterstützt und steuern ab und zu Ideen bei", erzählt sie.

Wenn die Schülerin gerade mal nicht über ihren Büchern sitzt oder für die Schülerzeitung schreibt, geht sie einem für Mädchen außergewöhnlichen Sport nach: Sie spielt Eishockey in der Schule. Und das schon seit vier Jahren. Für Salwa ist ihr Alltag ein "normales Leben, das viele meiner Mitschüler genau so führen". Dass sie Migrantin ist, "habe ich noch nie als Problem erlebt."

Stipendium: Hilfe für Migranten

START Schülerstipendium für Jugendliche mit Migrationshintergrund, die die Oberstufe einer Allgemein- oder berufsbildenden höheren Schule besuchen und die Matura anstreben.

Förderung Die Schüler erhalten monatlich 100 Euro zur Anschaffung von Lernmaterialien sowie einen Laptop. Zusätzlich nehmen die Schüler an zwei Bildungsseminaren teil.

Ziel Zuwandererkarrieren soll so der Weg bereitet werden. Das Stipendium soll ein Ansporn zur Integration zur "Investition in Köpfe" und ein Beitrag zur
Toleranz sein.

Förderer Die Crespo Foundation und Paten unterstützen START in Wien, Salzburg und Vorarlberg. Die Preisverleihung findet in Wien am 27. September statt.

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