Lichtenstein: Ein Schloss wie aus dem Märchen

Schloss Lichtenstein in Baden-Württemberg in Deutschland
Wie ein Roman von Wilhelm Hauff den Bau eines Schlosses inspirierte und aus einer verfallenen Ruine ein Prachtbau wurde.

Erhabene Schlösser und eindrucksvolle Burgen haben immer wieder große Künstler inspiriert: So diente etwa das deutsche Schloss Neuschwanstein Walt Disney als Vorlage zu seinem Cinderella Märchenschloss, das rumänische Schloss Bran hat Bram Stoker zu „Dracula“ angeregt und Château Chillon am Genfer See Lord Byron zu seinem Gedicht „Der Gefangene von Chillon“ animiert. Doch beim Schloss Lichtenstein in Baden-Württemberg lief es einmal anders herum. Und das hat mit drei Wilhelms zu tun. Obwohl man beim filigranen Anwesen auf der Schwäbischen Alb, das direkt aus dem Kalkstein gewachsen zu sein scheint, schnell annimmt, es habe bereits im Mittelalter hier gethront, so ist es in Wahrheit noch keine zweihundert Jahre alt.

Ein Schloss wie im Roman

Im Jahr 1826 veröffentlichte zunächst der deutsche Schriftsteller Wilhelm Hauff seinen historischen Roman „Lichtenstein“. Der Star der mittelalterlichen Geschichte – neben dem verarmten Adeligen Georg und Herzog Ulrich – war das märchenhafte Schloss: „Wie das Nest eines Vogels auf die höchsten Wipfel einer Eiche oder auf die kühnsten Zinnen eines Turmes gebaut, hing das Schlösschen auf dem Felsen“, beschrieb es Wilhelm Hauff. Doch jene, die von Hauffs Beschreibung berührt, den Lichtenstein erklommen, wurden schwer enttäuscht, bot sich ihnen zwar ein wunderbarer Ausblick, aber auf dem Gipfel nur eine verfallene Ruine.

Das rührte Graf Wilhelm von Württemberg. Er war ebenfalls ein Fan von Hauffs Roman und wollte den Besuchern die Enttäuschung nehmen. Der Graf beschloss, das märchenhafte Schloss aus dem Roman Realität werden lassen. Dazu benötige er die Genehmigung von seinem Cousin, dem preußischen Kronprinzen und späteren Friedrich Wilhelm IV. – unser dritter Wilhelm – dem das Land zu dieser Zeit gehörte. Der Prinz genehmigte den Verkauf unter der Bedingung, dass auch künftig mit Bereitwilligkeit „anständigen Besuchern“ der Zugang zum Schloss gestattet werde.

Wer heute also den Lichtenstein erklimmt, der kann nicht nur die Ansicht des Märchenschlosses genießen, sondern auch die Waffenhalle, die Trinkstube oder das kunterbunte Königszimmer im ersten Stock erkunden. Und kommt dabei auch am Gemälde des Armbrustschützen vorbei, der einen – so wie da Vincis „Mona Lisa“ – stets im Visier hat, egal, an welcher Stelle im Raum man sich befindet. Ganz schön zauberhaft.

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