Roma

Rom auf den zweiten Blick: Tipps abseits des Bekannten

Die Stadt am Tiber hat mehr als antike Schauplätze. Eine Liebeserklärung an das unbekanntere Rom.

Warten vor dem Kolosseum. In der Schlange stehen vor dem Pantheon. Kein verfügbares Ticket fürs Vatikan-Museum. Stau vor dem Trevibrunnen, Gedränge auf der Spanischen Treppe. Tja, Rom ist immer gut gefüllt. Im Heiligen Jahr und mit dem frisch gewählten Papst ist noch mehr los als sonst. Aber es gibt auch ein Rom abseits der Massen, eines, dass sich einem erst dann erschließt, wenn man die Touristenpfade verlassen hat. Dafür braucht es natürlich den nötigen Entdeckergeist. Wer ihn hat, wird meist belohnt – mit gutem Essen, schönen Momenten. Auf dieses „echte“ Rom muss man sich aber erst einmal einlassen. Bei mir hat es gedauert.

Gelato a Roma

Eine der besten Adressen für ein Eis (und einen Caffè): Palazzo del Freddo Giovanni Fassi (Via Principe Eugenio, 65-67). 

©Weise
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Wer am Campo dei Fiori vorbeikommt, sollte in der Forno Campo de’ Fiori eine der vielen Köstlichkeiten probieren.

©Weise/Weise Marco

Leichtigkeit

Es war Liebe auf den zweiten Blick. Denn beim ersten Date war mir diese Stadt zu groß, zu fremd, zu hektisch, zu antik, an den Rändern oft zu dreckig und rau. „Roma è sporca“ (Rom ist schmutzig) hat meine Italienischlehrerin immer gesagt. Sie meinte damit nicht das Zentrum, sondern die Gegenden außerhalb, jene Teile der Stadt, in denen gewohnt, gelebt und gearbeitet wird. Ja, auch das ist Rom. Eine Stadt, die fordert und oft auch enttäuscht. Aber wer verliebt ist, ist geduldig, sieht über den einen oder anderen Fehler hinweg, nimmt das tägliche Verkehrschaos, die Unpünktlichkeit der Öffis und die Löcher in der Straße, die man liebevoll „buchi“ nennt, gelassen – und mit Leggerezza, also Leichtigkeit. Man darf das jetzt aber bitte nicht mit Oberflächlichkeit übersetzen. Es geht viel mehr darum, sein Herz nicht unnötig zu belasten.

Roma

Wer in Rom unterwegs ist, begegnet immer wieder mal Löchern ("buchi") samt Zaun rundherum. 

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Ein kleiner Snack zwischendurch geht immer.

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Einfach mal treiben lassen

Die Grundregel für einen Rom-Aufenthalt lautet: Nur keinen Stress. Die antiken Mauern laufen nicht davon. Wer sich stresst, verpasst die schönsten Momente. Also einfach ohne Google Maps losspazieren, sich Zeit nehmen, hinsetzen – in einem Gastgarten, einer Bar. Mit einem Caffè und einem Cornetto con Crema in der Hand sieht Rom gleich anders aus. Durchatmen. Und beobachten. Zu sehen gibt es allerhand. Denn Römerinnen und Römer sind bekannt dafür, großes Kino zu liefern.

Borgo Pigneto

Sonnenuntergang auf der Picknickdecke mit Aperitivo, Musik und Pizza gibt es im Borgo Pigneto (Via Prenestina, 216).

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Pasolini, Aperitivo und Cacio e Pepe

Wer genug Touristen gesehen hat, sollte sich auf den Weg nach Pigneto machen. Das Viertel gehört sicherlich zu einem der aufstrebendsten Roms. Vormittags nimmt man im Necci dal 1924 (Via Fanfulla da Lodi, 68) eine kleine Stärkung (deren Cornetti gehören zu den besten der Stadt). Das Necci erlangte Bekanntheit als Schauplatz des italienischen Spielfilmklassikers „Accattone“ von Pier Paolo Pasolini. Im Umkreis gibt es zahlreiche hippe Lokale. Wer sich am frühen Abend von einem Sprizz zum anderen trinken will, ist ebenfalls in Pigneto richtig. Entlang der Via del Pigneto spielt es sich am Wochenende ordentlich ab.

In den Nebenstraßen reicht die kulinarische Auswahl von der klassischen römischen Taverne über kleine Restaurants mit lokalen Schmankerln bis hin zur gehobenen italienischen Küche. Wer lieber gemütlich auf einer Decke liegend und von House-Beats begleitet der Sonne beim Untergehen zusehen will, ist im Borgo Pigneto an der richtigen Adresse (Via Prenestina, 216).

Roma

Eine der vielen Wandmalereien in Garbatella. Touristen sieht man bei einem Spaziergang durch das Quartier eher keine.

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Im Stadtteil San Lorenzo will das neue Hotel The Social Hub Kreative anziehen – der Park davor ist frei zugänglich.

 

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Nur wenige Gehminuten von Pigneto und dem Hauptbahnhof Termini entfernt liegt San Lorenzo. Das von Studenten geprägte Viertel verwandelt sich abends gerne in eine Partyzone. Durch die noch leistbaren Mieten haben sich dort viele Kreative angesiedelt. Dieses Potenzial haben auch die Betreiber von The Social Hub erkannt, die dort ein neues Hotel samt Co-Working-Plätzen und öffentlich zugänglichem Park errichtet haben.

Wer überhaupt keine Touristen sehen will, sollte einen Spaziergang durch Garbatella machen. Das Arbeiterquartier ist ein beliebter Wohnort – Schmelztiegel für Altlinke, Studenten, Intellektuelle. Es gibt viele Grünflächen und Wandmalereien. Die Fassaden bröckeln und alles wirkt chaotisch. Rom eben. Und wer vom Herumspazieren hungrig wird, sollte ins Al Ristoro degli Angeli (Via Luigi Orlando, 2) auf einen Teller Cacio e Pepe einkehren.

Marco Weise

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