Liebesgeschichte auf Mauritius: Auf den Spuren eines tragischen Paares
Der Sturm tobt, riesige Wellen rollen auf die Küste von Mauritius zu. Sie schleudern das Schiff an das Riff, bis es zerbricht. Virginie, eine junge Frau, könnte sich retten, wäre sie nicht so tugendhaft. Sie will sich vor den verzweifelten Matrosen nicht ausziehen. Ihre Kleider saugen sich mit Wasser voll, Virginie ertrinkt.
Paul, ihr nicht minder tugendhafter Jüngling, ihre Liebe, muss dabei zuschauen. Er erträgt den Gram nicht, stirbt an gebrochenem Herzen.
Das ist das tragische Ende des 1788 erschienenen Buchs „Paul und Virginie“ von Jacques-Henri Bernardin de Saint-Pierre ist der Nationalroman des Inselstaats.
Dort, wo das Unglück der Liebe ein Ende gesetzt haben soll, steht heute ein Kirchlein. Sein rotes Dach hebt sich vom blauen Himmel ab. Cap Malheureux heißt der Ort passend. Ob der Name von dieser Tragödie oder einer anderen stammt, ist umstritten.
Heute jedenfalls verheißt er Urlaubsglück. Taucher schleppen ihre Pressluftflaschen zum glitzernden Wasser des Indischen Ozeans.
Bei einem Grilllokal stehen Einheimische und Touristen schon kurz vor Mittag Schlange. Ein Fischer verkauft seinen frischen Fang. Überall im Norden von Mauritius finden sich Spuren der Liebesgeschichte. Denkmäler, Ortsnamen, Schauplätze. Vor Poudre d’Or lief das Schiff, das den Stoff lieferte, auf Grund. 1966 fanden Taucher das Wrack der St. Géran.
Das erste Luxushotel der Insel heißt wie das Schiff. Seit gut fünfzig Jahren fährt es einen anspruchsvollen Kurs. Im One&Only Le Saint Géran auf der privaten Halbinsel bei Poste de Flacq zwischen Lagune und Ozean ist es nobel. Sehr nobel. Es sieht so aus, wie man sich so ein Hotel vorstellt. Palmen, Schirme, Sandstrand, Pools, Restaurants, Meer, umfassende Betreuung. „Alles in Ordnung?“, fragt Host Andreas regelmäßig. Er erklärt den Weg zum Bootshaus.
Paddeltour in die Mangroven
Von hier geht die Paddeltour in die Mangroven. Diese Bäume sind wichtig für das Ökosystem. Sie reinigen das Wasser, bieten Rückzugsorte für Fische, bilden einen Schutzwall für die Küste. Und sie sind schön.
Gleich gegenüber bei Poste Lafayette knallt die Brandung an die schwarzen Felsen, die vor dem langen Strand liegen. Pinienwälder reichen fast bis ans Wasser. Einzig das Gebimmel des Eiswagens, der so Kunden anziehen will, stört zu Mittag die Ruhe. Am Nachmittag kommen Männer, um sich mit ihren Grillkreationen zu übertrumpfen, wie überall auf der Insel. Aus den mitgebrachten Boxen tönt Sega. Mit den Insel-Rhythmen grillt es sich leichter. Es fährt sich auch leichter. Der Taxifahrer dreht die Musik auf. Er preist Sehenswürdigkeiten an.
"Unique in the world"
Pamplemousses darf nicht fehlen. „Sir Seewoosagur Ramgoolam Botanical Garden“, sagt er und es dauert ein wenig, bis man versteht. „Unique in the world.“ Einzigartig ist der fünfunddreißig Hektar große Garten wirklich. Von hier aus werden noch heute die Parks auf der Welt mit Samen beliefert. Riesige Wasserlilien wachsen in Teichen und Tropenhölzer in den Himmel, Landschildkröten bewegen sich ganz langsam.
Ganz in der Nähe gärtnert auch Romanfigur Paul, der neben der Tugendhaftigkeit auch über einen grünen Daumen verfügt. Im Buch ist er hier mit Virginie aufgewachsen. In Pamplemousses war in Wirklichkeit der Sklavenmarkt. Die Sklaverei klagte auch Bernardin de Saint-Pierre an: Seine Helden setzen sich für eine entflohene Sklavin ein.
Paradiesisch
„Paul et Virgine“ heißt übrigens auch ein überteuertes Touristenfallenlokal auf der Île aux Cerfs. Deshalb muss man nicht unbedingt auf die Insel kommen. Aber das Eiland sieht aus, wie ein Tropenparadies nun mal aussieht – wenn man den Platz mit den Souvenirshops verlässt, wo sie unzählige Dodo-T-Shirts verkaufen.
Heller Strand, kristallklares, hellblaues Wasser. Und viel Platz, außer es ist Wochenende. Ja, so könnte Mauritius zur Zeit Virginies ausgesehen haben.
Paradiesisch haben die Europäer die Insel gefunden, als sie sie entdeckt haben. Karten und historische Beschreibungen – ausgestellt im Blue Penny Museum in Port Louis – zeigen das Idyll. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die berühmteste Briefmarke der Welt: die blaue Mauritius. Das Original wird wird jede Stunde einmal angeleuchtet.
Während die Besucher darauf warten, dass das Original gezeigt wird, können sie Teile des Wracks der St. Géran sehen: Denn was wäre die Insel-Geschichte ohne die Liebe von Paul und Virginie?
- Anreise: Austrian Airlines fliegt bis 6. April zweimal pro Woche von Wien direkt nach Mauritius. Danach wieder ab Ende Oktober, ab 788 €. Kompensation etwa via atmosfair.de: 167 €
- Bevölkerung: Mauritius ist multikulturell. 70 Prozent der Bevölkerung besteht aus Nachfahren indischer Arbeitskräfte, 27 Prozent sind Kreolen. Den kleinsten Anteil machen Chinesen sowie Nachfahren französischer Siedler aus
- Dodo: Der große flugunfähige Vogel gilt seit 1690 als ausgestorben. Heute ist er Wappentier der Insel – und auch auf offiziellen Stempeln abgebildet
- 1968: Unabhängigkeit Nachdem Niederländer, Franzosen und ab 1810 die Briten die Insel eroberten, erreichte Mauritius am 12. März 1968 seine Unabhängigkeit
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