Expeditionen: Niemals endgültig an ein Ziel gelangen
Das Wort Expedition leitet sich vom lateinischen expeditio für Feldzug ab; Duden definiert sie als „Reise, die von einer Gruppe von Menschen zur Erforschung eines unbekannten Gebietes unternommen wird.“ Insofern könnte man fast behaupten, die vergangenen eineinhalb Jahre fühlen sich gesamtgesellschaftlich wie eine Expedition an, an der eigentlich keiner teilnehmen wollte.
Einer, der hingegen seit zwei Jahrzehnten an echten Expeditionen teilnimmt, ist Klaus Fengler. Der Norddeutsche begleitete als Fotograf oftmals den „Aufbruch ins Ungewisse“, wie der Untertitel seines neuen Bildbands heißt. In Schwarz-Weiß-Fotos sind darin viele Reisen dokumentiert, die ihn etwa nach Patagonien, zur Baffininsel, nach Mexiko, Kenia, Venezuela, Russland und Nepal führten. Die Texte darin stammen vom deutschen Alpinisten Tom Dauer.
Die Besonderheit der Expeditionsfotografie ist die doppelte Last. Fengler: „Die größte Herausforderung liegt darin, dass ich immer möglichst am Geschehen dabei bin. Ich habe die gleichen Strapazen zu ertragen, muss die gleiche eigene Ausrüstung dabei haben, beziehungsweise auch tragen plus die Kameraausrüstung.“ Zudem darf an wichtiger Technik für eine Expedition nichts vergessen werden und „sollte nicht ausfallen, da ansonsten wichtige Bilder und Dokumentationen fehlen.“
Feldzüge für Wissenschaft und Vaterland
Viel entspannter ist es, zu Hause auf der Couch in den Erzählungen großer historischer Expeditionen zu versinken, die auf die höchsten Berge und an die unwirtlichsten Orte unserer Erde führten. Die goldene Zeit der Entdeckungsreisen ist eng mit Seefahrern wie Christoph Kolumbus (wollte nach Indien, landete in Amerika) oder Vasco da Gama (der fand dann den Seeweg nach Indien) verbunden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts folgte die Ära der Forschungsreisen, Alexander von Humboldt brachte nicht nur botanische Erkenntnisse aus Südamerika mit, David Livingstone prägte das Afrika-Bild.
Besondere Aufmerksamkeit generierten dann, teils aus nationalistisch-patriotischen Gründen, die Wettläufe in Polarregionen um 1900. Für Fengler „war die Expedition von Sir Ernest Henry Shackleton in die Antarktis am inspirierendsten.“ Um herausragende geografische Ziele ging es dann bei den Erstbesteigungen im Himalaja-Gebiet. Und nicht zu vergessen die Untiefen der Weltmeere, die Jacques-Yves Cousteau und Hans Hass im 20. Jahrhundert tauchend erforschten.
Heute ist jedes Fleckchen Erde entdeckt, vermessen und kartiert. Nun zählt das Wie. Nicht mehr allein um die Gipfel geht es, sondern auch um die Wände, heißt es im Buch. Die schwierigsten Berge by fair means besteigen. Dabei spielt die Fotografie, als Dokumentation und Inszenierung, eine große Rolle. Fengler will aber keinen Mythos aufrechterhalten, sondern auch die Absurdität aufzeigen, die solchen Wagnissen innewohnt. Und er weiß als passionierter Expeditionsteilnehmer: Ans Ziel gelangt man ja nie. Die Inuit nennen dieses Gefühl Taulittuq.
Mit den derzeitigen Auflagen und Regeln sei es übrigens nicht einfach für Expeditionen, so Fengler. Sein Rat: „Man kann auch seine kleinen Abenteuer ‚vor der Haustür’‘ erleben“.
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