Paul Gauguin in der Bretagne: Auf den Spuren des Malers in Pont-Aven
Kein Maler reiste so viel wie er: Paul Gauguin (1848-1903) kommt als Kind mit seiner Familie nach Peru, ist fünf Jahre lang Seemann auf Handelsschiffen, später in der Marine, lebt zwischendurch in Dänemark, dem Herkunftsland seiner Frau Mette-Sophie, fährt nach Panama und Martinique, Polynesien und Tahiti und stirbt auf den Marquesas-Inseln.
„Stadt der Maler“
Im Juli 1886 trifft der 38-jährige ehemalige Schüler von Camille Pissarro im Département Finistère ein, mittellos und ohne Inspiration. Ein Malerfreund hatte ihm geraten, nach Pont-Aven zu gehen, „ein billiges kleines Loch“.
In der herben Schönheit der Natur in der „Stadt der Maler“ sind bereits seit 1860 internationale Künstler auf der Suche nach „exotischen“ Motiven und neuen Ausdrucksformen.
Gauguin ist bis 1894 fünf Mal in Pont-Aven unweit von Concarneau: „Ich liebe die Bretagne, dort finde ich das Wilde, das Einfache. Wenn meine Holzschuhe auf dem granitharten Boden klappern, höre ich den dumpfen, dunklen und starken Ton, den ich in der Malerei suche.“
Beliebte Bleibe
Vor Ort ist es heute, als würde man selbst mitten durch ein in kräftigen Farben leuchtendes Gemälde laufen. Man kann die Pension Gloanec besuchen, in der er günstig wohnte und die heute eine Buchhandlung ist, das „Bois d’Amour“-Buchenwäldchen, einen Ort, wie aus der Zeit gefallen, oder die spätgotische Kapelle von Trémalo mit dem gelben Christus, ein von Gauguin mehrfach verwendetes Sujet.
Das Dorf in der bretonischen Landschaft mit den alten Häusern, den mit Felsen übersäten Flusslauf des Aven, den alten Mühlen, die immer wieder in den Bildern auftauchen, und dem Licht, das sich mit den Jahreszeiten ändert, hat ein besonderes Flair.
Neue Bildsprache
Hier entwickelt Gauguin, ein Radikaler in seiner Malerei, in den Farben eine starke Leuchtkraft und einen neuen, expressionistischen Stil, wie er dem Maler Émile Schuffenecker im Sommer 1888 schreibt: „Kopieren Sie nicht zu genau nach der Natur. Die Kunst ist eine Abstraktion.“
Ein Must-See ist das Museé de Pont-Aven im ehemaligen Hotel Julia: Mehr als 200 Werke u. a. von Emile Bernard und Paul Sérusier vermitteln die Ästhetik der Avantgarde-Künstler der berühmten „Schule von Pont-Aven“ und zeigt die Werke der Gruppe, die sich Ende des 19. Jahrhunderts den Namen „Nabis“ – „Propheten“ auf Hebräisch – gibt.
Die Geschichte mit der Gans
Spuren von Gauguin finden sich überall. Sei es auf Infotafeln oder an Hausfassaden. In Le Pouldu, einem abgelegenen Dorf mit Blick auf das Meer, wohnte er in der „Buvette de la Plage“, und die Künstler verzierten den ganzen Winter über die Wände, Decken, Türen und Fenster der kleinen Pension von Marie Henry. In der Rekonstruktion des Gasthauses mit Gauguins „Gans“ auf dem Putz über der Tür des Esszimmers ist eine Anspielung auf die Reize der schönen Gastgeberin Marie Henry.
In Clohars-Carnoët führt ein fünf Kilometer langer „Chemin des peintres“ mit fünfzehn Stationen durch Landschaften, die für die Künstlern Inspiration waren.
In Pont-Aven wurde auch ein kulinarisches Meisterwerk kreiert: die kleine Buttergalette, eine von Feinschmeckern geschätzte lokale Süßspeise mit Buchweizenmehl, einfach und authentisch, mittlerweile auch ein Wahrzeichen der Bretagne.
Am Strand von Névez
Wer Bretagne sagt, denkt ans Meer. So geht die Fahrt vorbei an bezaubernden reetgedeckten Cottages wie Kerascoët und Kercanic weiter nach Névez im Süd-Finistère: Der kleine Badeort in idealer Lage zwischen Quimper und Lorient, nur wenige Kilometer von Concarneau und Pont-Aven entfernt, bietet weiße Sandstrände und Buchten wie Saint-Nicolas in Port Manech mit entzückenden Badehäuschen aus der Belle Époque.
Alles wirkt sehr tiefenentspannt. Kleine Fischerboote, zwei Leuchttürme, einer grün-weiß und einer rot-weiß gestreift, weiße Häuser… Ein oft gemaltes und fotografiertes Schmuckstück der Südbretagne ist Doëlan, ein Bilderbuchhafen.
Muschelernte
Und nur ein paar Minuten Autofahrt sind es zur Austernzucht Huitres Morvan in Moëlan sur Mer, wo Damien Struillou im Familienunternehmen in der bereits dritten Generation jährlich rund 30 Tonnen hohle und flache Austern, die einen leicht nussigen Geschmack haben, sowie Schalentiere wie Venusmuscheln und Herzmuscheln produziert.
- Im Michelin-prämierten Restaurant Rosmadec le moulin in Pont-Aven bezieht Chefkoch Sébastien Martinez die Malerei in seine Gerichte ein und nutzt den Teller als Palette (rosmadec.com).
- Das Ar Men Du in Névez wurde 2024 vom Michelin-Führer mit einem roten Stern ausgezeichnet und hat seit 2020 einen grünen Stern für „Nachhaltige Gastronomie“ (www.men-du.com).
- Im Le Trois Mats in Doelan mit Traumterrasse zur Bucht gibt’s Fisch, Fleisch, Vegetarisches und Meeresfrüchte (letroismats29.fr).
- „Inspiriert von der japanischen, italienischen, libanesischen Küche... Aber alles mit lokalen Produkten zubereitet“ ist im Eskemm in Quimper (eskemmrestaurant.fr).
- Das Bouillon-Restaurant Chez Max in Quimper serviert im Geburtshaus des Dichters Max Jacob traditionelle französische Küche zu erschwinglichen Preisen (bouillon-chezmax.fr).
Das urige Zentrum rund um die gotische Kathedrale St. Corentin mit den Fachwerkhäusern aus dem Mittelalter und die reich bepflanzten Fußgängerbrücken, die sich über den Fluss Odet spannen, prägen das Stadtbild von Quimper: Verwegen wirkt die Dachkonstruktion der Markthalle in der für die Qualität seines architektonischen Erbes zur „Stadt der Kunst und Geschichte“ geadelten bretonischen Perle.
Sehenswert ist neben dem heimatkundlichen Museum des Departements vor allem das „Musée des Beaux-Arts“, das hinter der Fassade eines klassizistischen Palastes auf dem Domplatz mit einer 1993 neu gestalteten Innenarchitektur überrascht und große Namen der Kunstgeschichte neben einer imposanten Sammlung von Kunst aus der Bretagne versammelt, u. a. das Original von Gauguins „Gans“.
Tod auf der Insel
Als er am 8. Mai 1903 in seinem Bett auf den Marquesas-Inseln, im „Haus des Genusses“ in Hiva Oa starb, hatte er noch „die Bretagne in seinem Herzen“ und sein Gemälde „Bretonisches Dorf im Schnee“ in Sichtweite, das er um 1894 malte und das sich heute im Pariser Musée d'Orsay befindet.
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