Kärnten: Wo Spucken auch nur eine Superkraft ist

Kärnten: Wo Spucken auch nur eine Superkraft ist
Alpakas fühlen sich nicht nur in den Anden, sondern auch am Millstätter See ausgesprochen wohl – etwa am Bergbauernhof Stauder. Dort wird gemeinsam gewandert und nur in Ausnahmefällen gespuckt.

Der schwarzbraune Alpakahengst Nero zieht flott voran, die anderen zwei- und vierbeinigen Wandergefährten bleiben zurück. Der Deckhengst der Herde hat die Weibchen auf der anderen Koppel entdeckt. Der männliche Urinstinkt ist erwacht.

Abrupt bleibt Nero am Zaun stehen, blickt sehnsüchtig über die Wiese. Die Alpakastuten würdigen ihn jedoch keines Blickes, dafür sind die Grasbüschel viel zu interessant. "Fast wie bei den Menschen", witzelt ein Wandergast.

Kärnten: Wo Spucken auch nur eine Superkraft ist

Die Alpakas am Hühnersberg genießen den Panoramablick auf den Millstätter See.

Die Gruppe ist in den Wäldern um den Millstätter See unterwegs, jeder Wanderer hat einen vierbeinigen Begleiter am Strick neben sich – im Gegensatz zu Nero bevorzugen Sammy, Artax und Lucky ein eher gemächliches Tempo. Auch wenn der schwarzbraune Alpakahengst die Gruppe anführt – die wahren Chefs sind Anita Stauder und Christian Lanzinger. Sie haben den Hof am Hühnersberg vor über zwanzig Jahren übernommen, gerade mal neunzehn und zwanzig Jahre alt. Vieles war damals noch anders – etwa ihre "Mitbewohner". Denn damals war der Betrieb noch auf Kühe und Milchwirtschaft ausgerichtet.

2019 kamen die ersten Alpaka-Wallache auf den Hof – "mehr aus Interesse an den Tieren. Dass sich das Umsatteln auch wirtschaftlich rentieren könnte, daran dachten wir anfangs gar nicht", erzählt Christian Lanzinger. "Sechs bis sieben Alpakas fressen etwa so viel wie eine Kuh."

Kärnten: Wo Spucken auch nur eine Superkraft ist

Anita Stauder und Christian Lanzinger haben ihren Hof am Hühnersberg komplett umgestellt – und züchten heute Alpakas statt Milchkühe.

Mittlerweile sind die Landwirte komplett auf die Tiere aus den Anden umgestiegen. Und die fühlen sich nicht nur auf viertausend Metern in Südamerika wohl, sondern auch auf dem 960 Meter hoch gelegenen Hühnersberg: Fünfzehn Alpakas leben am Hof, auch ans Züchten trauen sich die Bauern mittlerweile. "Eine Herde von vierzig Tieren", träumt Christian.

Aurora heißt das jüngste Alpaka-Jungtier, ein hellbraunes Weibchen mit rundem Kopf und großen Glupschaugen. Die zweibeinigen Besucher betrachtet es zuerst lieber aus sicherer Entfernung, bevor es sich neugierig und im Schatten des Mutter-Tiers nähert.

Schwangerschaftstest

Währenddessen klärt Christian über den Mythos der spuckenden Alpakas auf: Gespuckt wird hauptsächlich bei Futterneid oder Rangkämpfen. "Und wenn die Stute befruchtet ist und die Deckung erfolgreich war. Dann muss sich der Alpaka-Hengst vor ihr in Acht nehmen", erzählt der Alpaka-Züchter. Das Spucken, quasi eine Art Schwangerschaftstest.

Noch eine Superkraft haben Alpakastuten: Ein knappes Jahr dauert die Trächtigkeit eines Alpakas. Und zu neunzig Prozent kommt das Jungtier an einem sonnigen Tag zwischen 10 und 14 Uhr auf die Welt – den Zeitpunkt der Geburt kann die Stute hinauszögern. Weil die Zungen der Tiere zu kurz sind, um das Jungtier trocken zu lecken, richtet sich die Stute bei der Geburt eben nach Witterung und Wetter.

Zu Besuch bei den Alpakas am Millstätter See

Auch die tierischen Erzeugnisse am Hof sind heute andere als vor zwanzig Jahren: Einmal im Jahr werden die Alpakas geschoren, immer im Mai; die Fellfasern werden dann zu Wolle und Garn, weichen Socken und warmen Schuheinlagen weiterverarbeitet. Und dann sind da noch die Alpaka-Wanderungen, die Urlaubsgäste anziehen.

"Jedes Alpaka hat einen eigenen Charakter. Trotzdem strahlen alle etwas sehr Sanftmütiges aus. Das merken auch die Menschen", erklärt sich Bäuerin Anita Stauder das große Interesse. Der ausgeglichene Lucky kommt immer mit einem Klee im Mund zurück; der hellbraune Sammy ist ruhig und gelassen, "unser Vorführalpaka, der lässt sich alles gefallen", sagt Christian; der weiße Artax ist der Herdenchef, "immer aufmerksam". Und Nero? "Der ist eigentlich mein Liebling, abenteuerlustig und liebevoll", beichtet Christian.

Gastgeber und Therapeut

Am Hof gibt es mehrere Ferienappartements, mit den Gästen wird in der Stube gemeinsam gefrühstückt und am Abend auch mal länger zusammengesessen und Brettspiele gespielt. "Da ist man plötzlich nicht nur Gastgeber, sondern muss auch mal als Therapeut herhalten", so Christian.

Anita Stauder nimmt die Gäste mit in die Küche und ruft die Herstellung von alten, natürlichen Hausmitteln in Erinnerung. Der Bauernhof ist Green Care zertifiziert, Anita hütet Rezepte von hautverträglichem Deo-Mousse über sanfte Alpaka-Seifen bis zum Universalheilmittel Pechsalbe. "Ich verwende hauptsächlich Zutaten von Wald und Wiese, die wir das ganze Jahr über bei uns finden", schwärmt Anita.

Vorbereitung: 5 min 
Zubereitung: 15 min (und eine Nacht ziehen lassen)
Portionen: etwa 8 kleine Gläser 150 g Lärchenpech oder Harz von  Tanne, Fichte, Zirbe oder Kiefer

300 ml Olivenöl (alternativ zum
traditionellen  Schweineschmalz)
30 g Bienenwachs
1 Prise Steinsalz

Öl (oder Schmalz) und das gereinigte Harz in einem alten, desinfizierten Topf langsam erhitzen, immer wieder umrühren und unter der Siedetemperatur ziehen lassen. Nicht kochen! Wenn das Harz geschmolzen ist, den Topf vom Herd nehmen. Dem Öl können auch  Kräuter wie Thymian oder Nadelbaumspitzen hinzugefügt werden. Immer wieder umrühren. Den Topf über Nacht stehen lassen. Am nächsten Tag die Salbe erwärmen und durch ein Feinsieb filtrieren. Nun das Bienenwachs hinzugeben und erwärmen, bis es schmilzt. Die fertige Salbe in desinfizierte Gläschen füllen. Die Salbe ist zirka ein Jahr haltbar. 

Pechsalbe gilt als entzündungshemmend, zusammenziehend und antibakteriell. Sie kann bei offenen und entzündeten Wunden, Hautirritationen  und Erkältungen verwendet werden. Bei Zerrungen und Muskelschmerzen wirkt sie schmerzlindernd.

Kärnten: Wo Spucken auch nur eine Superkraft ist

  Anita Stauder in ihrer Küche bei der Herstellung von Pechsalbe.

Kärnten: Wo Spucken auch nur eine Superkraft ist

Pechsalbe gilt als schmerzlindernd und entzündungshemmend.

Nero und Co. dürfen inzwischen wieder auf der Weide. Zum Abschied werden die Besucher noch einmal kurz beschnuppert, dann wirft sich Artax in den Schlamm und wälzt sich genüsslich im Dreck, bevor er sich den Grasbüscheln und dem Panoramablick auf den Millstätter See widmet.

Anreise: Klimafreundlich  mit dem Zug bis zum Bahnhof in Mallnitz. Direktverbindung ab Wien Hbf (5 Std. 18 min.), oebb.at

Hofleben: Bauern-, Land- und Winzerhöfe und auch Almhütten zum Übernachten in ganz Österreich findet man auf urlaubambauernhof.at

Bei den Alpakas: 
Anita und Christian Lanzinger-Stauder
Hühnersberg 21
9811 Lendorf
bauernhof-stauder.at

Zwischensaison: In Kärnten muss es nicht immer nur Skifahren oder der Sommer am See sein: In der Zwischensaison hat man die Natur  für sich. Viele Infos auf kaernten.at

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