So klingt Tschuri

Wann "Philae" genug Sonnenlicht bekommt, um seine Batterien wieder aufladen zu können, ist noch unklar.
Dem Mini-Labor "Philae" sind die Batterien ausgegangen. Inzwischen hat "Rosetta" ein mysteriöses Knattern aufgenommen. Anhören.

Um 01.36 Uhr war Schluss: Das Mini-Labor „Philae“ hat am frühen Samstagmorgen wegen leerer Batterien seine Arbeit auf dem KometenTschuri“ eingestellt. „Signalverlust, keine weitere Kommunikation mehr“, teilte die Europäische Weltraumagentur Esa in einer Twitter-Botschaft mit. Das waschmaschinengroße Labor schaltete seine Instrumente ab und schläft jetzt. Alle gesammelten Daten wurden den Angaben zufolge erfolgreich heruntergeladen. „Das war es erst einmal“, sagte Esa-Sprecher Bernhard von Weyhe in Darmstadt.

Philae“ hatte eine abenteuerliche Landung auf dem Brocken „67P/Tschurjumow-Gerassimenko“ hingelegt. Das Labor machte zwei Hüpfer, bevor es - etwa einen Kilometer vom ursprünglichen Ziel entfernt - in Schieflage zum Stehen kam. Der Komet hat nur geringe Anziehungskraft. Trotz der misslichen Position des Mini-Labors am Rande eines Kraters konnten alle Instrumente aktiviert werden. Es war die erste Landung auf einem Kometen in der Geschichte der Raumfahrt. Genau diesen Hüpfer hat nun das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) veröffentlicht. Der Laie hört nur „Chhrck-ck-ck“, aber den Weltraumforschern klingt es wie Musik in den Ohren. „Ein kurzer, aber bedeutender Rumms“, analysierten die Wissenschaftler. Der DLR-Forscher Klaus Seidensticker glaubt herauszuhören: „Erst setzt Lander “Philae„ auf einer mehrere Zentimeter dicken, weichen Schicht auf, dann treffen die Füße einige Millisekunden später auf eine harte, vielleicht eisige Schicht.“ Das Geräusch dokumentiere „den allerersten Bodenkontakt eines menschengemachten Objekts mit einem Kometen“.

Die Batterie des Labors war von vornherein auf zweieinhalb Tage ausgelegt. Da „Philae“ aber nach der holprigen Landung an einer schattigen Seite aufgekommen war, war ein Nachladen mithilfe der Solarsegel vorerst nicht möglich. Experten hatten es schon am Mittwoch als Erfolg bezeichnet, wenn das Gerät etwa 60 Stunden durchhalten könnte. „Wir sind in dem Zeitrahmen geblieben, den wir uns vorgestellt haben“, sagte von Weyhe.

Die Raumsonde "Rosetta" sollte unterdessen eigentlich die Umgebung von Tschuri erkunden - etwa Interaktionen des Kometen mit Sonnenwinden oder Veränderungen in seiner Atmosphäre. Überraschenderweise hat "Rosetta" auch einen knatterartigen Gesang eingefangen:

So klingt Tschuri
epa04486987 - A handout picture made available by ESA shows ESA showing employees Elsa Montagnon (L-R), Paolo Ferri, Manfred Warhaut, Fred Jansen, and Matt Taylor looking at the monitors in the main control room of the European Space Agency (ESA) in Darmstadt, Germany, 12 November 2014. The European Space Agency's Rosetta spacecraft dispatched a robot to land on a comet's surface 12 November 2014, ten years after beginning its pursuit through the solar system. EPA/Esa - J.Mai / HANDOUT MANDATORY CREDIT HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES
Bei der ESA wird nicht nur geforscht. Nach zwei schlaflosen Nächten, einem Shitstorm und Medien-Berichten von CNN abwärts, lagen bei dem britischen ESA-Wissenschaftler Matthew Taylor die Nerven blank.

Im Livestream der Europäischen Weltraumbehörde, der die interessierte Weltöffentlichkeit täglich auf den letzten Stand in Sachen Rosetta-Mission bringt, stammelte der tätowierte Zwei-Meter-Riese eine Entschuldigung: „Ich habe einen großen Fehler gemacht, ich habe viele Leute verletzt, es tut mir leid.“

Hintergrund: Taylor wurde im Vorfeld der Philae-Landung auf dem Kometen in einem Hawaii-Hemd abgelichtet, auf dem keine Südfrüchte, dafür aber Pin-up Girls zu sehen waren, was ihm Sexismus-Vorwürfe einbrachte.

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