Der Ort, an dem Jesus starb

Die Grabeskriche in der Altstadt von Jerusalem
Seit 1700 Jahren verehren Christen den Felsen, auf dem das Kreuz Jesu angeblich stand. Doch war Golgatha tatsächlich dort? Forscher auf der Spur der legendären Hinrichtungsstätte.

Nahe der Stadt". "Außerhalb der Stadtmauer." "An gut sichtbarer Stelle." "Nahe bei Gärten oder Feldern." "An einem belebten Ort." Was die Evangelien über die Lage von Jesu Kreuzigungsstelle berichten, hat so gar nichts mit jenem Ort in Jerusalem zu tun, zu dem auch heute wieder unzählige Gläubige pilgern werden.

Gut, es sind seither auch knapp 2000 Jahre vergangen. Doch selbst der Archäologe Dieter Vieweger hatte – als er vor elf Jahren den Job als Direktor des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaften in Jerusalem übernahm – "Stein und Bein geschworen, dass die Golgatha-Geschichte ins Reich der Legenden gehört". Wie so viele der Erzählungen, die in der Bibel stehen und durch die Wissenschaft nicht belegt werden konnten. Heute aber sagt er: "Wir sind durch die Grabungen überrascht worden."

Vorgeschichte

Doch der Reihe nach: "Das große Rätsel, um das es ursprünglich ging, lautet: Ist die Grabeskirche an der richtigen Stelle?", erklärt Vieweger. Der römische Kaiser Konstantin hatte seine Grabeskirche um das Jahr 326 erbauen lassen – genau dort, wo die Via Dolorosa an einem Felsen endete. Aber war dieser Felsen wirklich das Golgatha Jesu?

"Für die Evangelischen war völlig klar: Das ist Quatsch", sagt der Archäologe, der seit vielen Jahren die Grabungen unter der benachbarten Erlöserkirche leitet. Und er begründet die Argumente der Protestanten: "Die Grabeskirche war immer innerhalb der Stadtmauern. Und Jesus hätte maximal in der Stadt hingerichtet, aber niemals dort begraben werden dürfen – weder nach jüdischem, noch nach römischem Gesetz."

Um den Streit beizulegen, war es also wichtig, herauszufinden, wo exakt die Stadtmauer zur Zeit Jesu gestanden hatte. Wie passend, dass die Deutschen 1893 gleich neben der Grabeskirche mit den Ausschachtungsarbeiten für ihre Erlöserkirche begonnen hatten und dabei auf eine dicke Mauer im Boden stießen. "Man schloss: Eine Stadtmauer aus der Zeit des Herodes. Alle waren glücklich – Golgatha war um 30 n. Chr. vor der Stadt", sagt der Archäologe.

Mittlerweile weiß man zwar, dass die Mauer nur die Umzäunung eines Marktplatzes gewesen ist und die Stadtmauer des Herodes noch immer auf ihre Entdeckung wartet. Doch 1970 hatten Archäologen die Chance – weil die Kirche baufällig geworden war – abermals nach unten zu graben und mehr über den Felsen herauszufinden.

14 Meter wühlten sie in die Tiefe und entdeckten einen riesigen Steinbruch – einige Hundert Meter lang und ebenso breit. "Der Letzte, der diesen Steinbruch benutzt hat, war Herodes der Große, der rund um die Zeitenwende Jerusalem ordentlich ausgebaut hat. Ein neues Stadtviertel musste her und ein Tempel", weiß der Archäologe, hat er diesen Steinbruch vor der antiken Stadt/unter den heutigen Kirchen doch jahrelang erforscht.

Was ist passiert?

Vieweger hat festgestellt, dass bis heute eine lang gezogene Felsnase aus dem Umgebungsmaterial ragt. "Warum ist die stehen geblieben", fragte er sich. Und forschte nach: "Es handelte sich um weiches Gestein, das, anders als der Kalkstein rundum, nicht zum Bauen geeignet war".

Der Altertumswissenschaftler entwarf aufgrund seiner archäologischen Befunde ein Bild des Ortes vor 2000 Jahren: Durch ein Tor in der Stadtmauer – das Tor zu den Gärten – verließ man das neue Stadtviertel, das Herodes gebaut hatte und erreichte einen riesengroßen Steinbruch. Mitten in diesem Steinbruch ragte eine lange Felsnase 22 Meter oder mehr in den Himmel. Und rings herum gab es einen Garten. "Alles macht plötzlich Sinn, denn weit und breit gibt es keine vergleichbare Erhöhung. Wenn jemand hingerichtet werden, und das mit Abschreckung verbunden sein sollte, musste das in der Stadt zu sehen sein – es musste also im vorgelagerten, erhöhten Bereich stattfinden."

Fazit: Jesus ist auf einem Arbeitsplatz für Sklaven vor den Toren der Stadt gestorben, auf einer Felskuppe, die abzutragen sich nicht gelohnt hatte.

Das Grab sucht Dieter Vieweger übrigens noch immer. "Man hat zwar fünf Gräber entdeckt. Vier davon sind Familiengräber, die können es nicht sein. Eines war leer. Das kann es sein, muss es aber nicht – es wurde 1019 zerschlagen." Und ist damit für die Wissenschaft verloren.

Seit gut einem Jahr kann man unter dem Kirchenschiff der evangelischen Erlöserkirche im archäologischen Park "Durch die Zeiten" pilgern. Unter der Ägide des Deutschen Evangelischen Instituts in Jerusalem entstand ein Parcours, der mehr als 2000 Jahre in die Vergangenheit zurückgeht und archäologische Hinterlassenschaften aus der Zeit zeigt. So sieht man etwa den bis zur Zeitenwende benutzten Steinbruch oder das Gartengelände außerhalb des neutestamentlichen Jerusalem. Modelle, 3-D-Animationen und Lichteffekte sorgen für zeitgemäße museale Präsentation.

Mehr Infos: www.church-of-the-redeemer-jerusalem.info

Heute Abend beginnt für die Juden eines ihrer wichtigsten Feste: Zu Pessach erinnern sie sich an den Auszug des jüdischen Volkes aus der Sklaverei in Ägypten. Bekannt ist der Feiertag dafür, dass Juden kein gesäuertes Brot essen, sondern die Mazzah (jiddisch: Mazzes), die aussieht wie Knäckebrot. Der jüdische Kalender richtet sich nach dem Mond, aber meist überschneiden sich die Osterfeiertage und das achttägige jüdische Fest.

Auch Jesus feierte Pessach: Das Letzte Abendmahl, das er mit seinen Jüngern verbrachte, war der erste Abend des Festes, der Seder-Abend. Dabei werden Gebete gesprochen, Geschichten erzählt, Lieder gesungen und es wird gegessen, die erste Mazzah und weitere Speisen.

Inhaltlich gibt es einige Parallelen zu Ostern. Als Symbol für das Lamm, das in früheren Zeiten im Tempel geopfert wurde, wird auf die Seder-Platte am Tisch ein Lammknochen gelegt. Das Osterlamm wird in Kuchenform gebacken. Auch das Ei kommt als Zeichen für Fruchtbarkeit in der jüdischen Zeremonie vor. Die Kinder verstecken oder suchen (je nach Familientradition) eine Mazzah.

Für Protestanten ist der heutige Karfreitag einer der wichtigsten Feiertage: Christen gedenken heute des Todes von Jesus Christus am Kreuz.

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