Neues Beuteschema: bügelnde Männer, kluge Frauen
Die ideale Frau ist blond und sexy, der ideale Ehemann hat viel Geld. Das Klischee, dass Männer etwas fürs Bett und Frauen einen Versorger suchen, hält sich hartnäckig, wie ein Blick in aktuelle Ratgeber zeigt. "Geben Sie der Angebeteten das Gefühl, dass sie die begehrenswerteste Frau auf der Welt ist", erfährt das "starke" Geschlecht etwa. Damen rät man hingegen, sich im Fitness- und Kosmetikstudio für den Heiratsmarkt tauglich zu machen.
Das Ende der Klischees?
Doch das ist eine Vorstellung, die immer weniger der Realität entspricht, wie der Psychologe Marcel Zentner von der Uni Innsbruck und seine amerikanische Kollegin Alice Eygly (Northwestern University) herausgefunden haben. Sie analysierten Hunderte Studien und kommen zum Schluss: Der moderne Mann will eine intelligente Frau, während die Frau von heute keinen Versorger mehr sucht, sondern einen Partner, der weiß, wie man Bügeleisen und Staubsauger bedient und im Haushalt regelmäßig anpackt.
Zentner erklärt den Paradigmenwechsel so: "Wen wir als langfristigen Partner suchen, muss in unseren Lebensentwurf passen." Heißt: Eine Frau, die arbeiten geht und finanziell unabhängig ist, sucht sich einen Mann, der sie im Alltag unterstützt und dem sie nicht hinterherräumen muss. In Deutschland geben mittlerweile mehr Frauen als Männer an, dass sie vom Partner Hilfe im Haushalt einfordern.
Umgekehrt hält der Mann nicht nach dem Heimchen am Herd, sondern nach einer Frau mit gutem Bildungsabschluss Ausschau. Das zeigen Studien aus der ganzen Welt. In Finnland, wo die Gleichstellung besonders fortgeschritten ist, hat bereits eine regelrechte Rollenumkehr stattgefunden: Männern ist wichtiger, dass ihr Herzblatt klug ist, als Frauen. Denn eine gebildete Frau kann mehr zum Familieneinkommen beisteuern. Wobei: Allzu viel sollte die Herzensdame nicht verdienen, weil das männlichen Ego das nicht gut verkraftet.
Mehr Potenzmittel, wenn Frau mehr verdient
"Wir wissen aus Dänemark, dass Männer, deren Frauen nur minimal mehr verdienen als sie selbst, mehr Potenzmittel konsumieren", berichtet Zentner. Und das in Skandinavien. Wohl ein Indiz dafür, dass es selbst im Norden Nachholbedarf in Sachen Gleichberechtigung gibt. Denn nach welchen Kriterien Bindungswillige ihre Partner suchen, hat sehr viel mit den Geschlechterrollen zu tun. "Aufgrund des alljährlich erscheinenden Gender-Gap-Report des Weltwirtschaftsforums konnten wir feststellen, dass die Ansprüche von Männern und Frauen an ihre Liebsten ähnlicher werden je höher die Gleichstellung in einer Gesellschaft ist. Dass das so linear verläuft, ist in der Psychologie sehr selten", stellt Zentner erstaunt fest.
Im Umkehrschluss heißt das, dass in Ländern wie der Türkei oder Japan, wo ein traditionelles Familienbild vorherrscht, Frauen nach wie vor nach Sicherheit suchen. Männer wollen eine Frau, die schön ist, Kinder bekommt und kochen kann.
Verbreitete Thesen müssen hinterfragt werden
Für Zentner ist so eine verbreitete These zur Erklärung von Geschlechtsunterschieden bei der Partnerwahl zu hinterfragen: "Zu wem wir uns hingezogen fühlen, ist nicht evolutionsbiologisch festgeschrieben. Bisher ging man ja davon aus, dass die Umwelt unserer Vorfahren immer recht ähnlich war und sich über Jahrtausende hinweg ein typisch weiblicher und typisch männlicher Instinkt für die Partnerwahl entwickelt hat. Einige Forscher sehen das jetzt anders: Die Umwelt der Vorfahren änderte sich oft, teils massiv. Flexibilität hatte einen Überlebensvorteil." Das gilt jetzt auch bei der Brautschau.
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