
© KURIER/Gilbert Novy
Menschen, die ihre Träume leben
Fünf Menschen, die ihre Visionen umsetzten – Toskana, Buch schreiben, Barockflöte oder Baggerpark.
01/10/2016, 06:02 AM
Manche Menschen träumen noch, andere haben ihren Traum schon verwirklicht. Mehr noch: Sie haben ihre größten Sehnsüchte in den Mittelpunkt des Alltags gestellt – gemäß dem alten Sinnspruch "Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum." Ihre Erzählungen in dieser Geschichte sind demütig, aber beeindruckend. Dabei geht es nicht um so häufige Wünsche wie Weltreise oder Jobwechsel. Die wahren Lebensträume sind oft erdiger, näher am echten Leben.
Alle fünf Porträtierten fragten anfangs: "Gehöre ich denn in diese Geschichte? Ich lebe doch nur das Leben nach meinen Ideen und Vorstellungen."
So leicht kann es sein. Und doch ist es so selten.
„Kinder sollen Spaß haben“

Ich war im Heim und hatte nichts, die anderen bekamen Chips oder Schokolade von den Eltern. Ich hatte keine Eltern. Aber meine Heimzeit war okay. Im Baggerpark sollen halt die eine Freude erleben, die nicht so viel haben. Und einmal handwerklich etwas probieren. Es gibt Kinder, die in der Schule nicht alles so hinbringen, aber sie können vielleicht gut schweißen, oder mit Holz arbeiten oder eben Bagger fahren.

Aber ich mag das, bin noch nie ungern zum Platz gefahren. Es schmerzt, dass wir keine Sponsoren finden, mit 5000 Euro im Jahr wäre alles leichter. Aber die, die den Baggerpark übernehmen wollen, würden damit Geld machen wollen. Doch das entspricht nicht meinem Traum.“
Baggerpark-Erfinder Paul Hofer wird 50 Jahre alt. Mit zwei kam Hofer zu Pflegeeltern, später, als sie starben ins Kinderheim. Erlernte Vulkaniseur, war Baggerfahrer und gründete „Kids on Stage“. Er errichtete Fußballplätze für Heime und konnte viele zum Helfen bewegen. Vor Kurzem musste er seine Firma für Räumungen und Bagger-Arbeiten schließen. Im Baggerpark ermöglicht er Kindern und Erwachsenen Abenteuer (viele lädt er gratis ein): Bobcat bis Riesen- Bagger, Schmieden bis Schweißen. Info und Preise (auch Geburtstagsfeiern) auf www.baggerpark.at.
„Keine Grenze mehr zwischen Leben und Traum“

Aber ich denke, meinen Weg gefunden zu haben. Angefangen hat alles mit der Erkenntnis, dass ich längere Zeit nicht mehr glücklich war. Als ich darüber nachdachte, ist mir die Absurdität des Lebens und der Inhalte, mit denen wir es füllen, bewusst geworden. Ganz nach dem konstruktivistischen Prinzip – eines meiner Lieblingsbücher: „Anleitung zum Unglücklichsein“ von Watzlawick – habe ich es mir schließlich zur Aufgabe gemacht, meine Wirklichkeit zu ändern und am nächsten Tag gekündigt. Nach einem halben Jahr bei Freunden in Italien hatte ich Raum und Zeit, wieder zu mir zu finden. Ab da hat sich alles von alleine ergeben. Nichts war geplant. Natürlich dachte ich oft darüber nach, wie es weitergehen soll, wie ich mein Leben finanziere, wie wichtig eine Krankenversicherung ist – und alles andere, von dem behauptet wird, man braucht es unbedingt. Ich hatte in dieser Zeit viel damit zu tun, bestehende Glaubenssätze zu überprüfen und loszulassen, um mich frei zu fühlen.
Durch Zufall erfuhr ich von diesem leer stehenden Haus. Ohne Geld und Plan, aber sehr glücklich, fand ich hier Unterschlupf. Anfangs nur für ein bis zwei Monate, um darüber nachzudenken, wie es weitergeht.

Ab einem gewissen Moment gab es keine Grenze mehr zwischen meinem Leben, dem Traum und dem Alltag. Diese Erfahrung ist unbeschreiblich. Ich hoffe, das Prinzip dahinter nie wieder zu vergessen."
Petra Hinterreiter, 27, bewohnt alleine einen Hof im Hausruckviertel. Sie entdeckte die Ruhe für sich, und definiert ihren Traum mit der Freiheit, für das Leben offen zu bleiben.
„Ich lebe mit meinen Figuren“

Ich lebe mit meinen Figuren. Sie sind wie eine Familie für mich. Das ist auch der Grund, warum in meinen Büchern niemand stirbt. Ich würde es nicht übers Herz bringen, diese Figuren sterben zu lassen.

Larissa Kopeczkys Mutter las zum Schlafengehen oft Geschichten vor: „Larissa hat früh angefangen zu überlegen, was die Bücher und Autoren sagen wollten. Und sie sagte: ‚Ich würde das anders schreiben‘“, erzählt Martina Kopeczky. Trotzdem habe sie Larissa nie zum Schreiben gedrängt: „Das kommt von selbst oder gar nicht. Fördern heißt, Kindern ermöglichen, eigene Ideen zu verwirklichen.“ Irgendwann schrieb Larissa Bücher plötzlich lieber selber als sie zu lesen. „Als der Fantasieroman ‚Olewarien‘ fertig war, wollte sie unbedingt, dass es ein richtiges Buch wird. Da haben wir zufällig von Selfpublishing erfahren.“ Das Konzept heißt „myMorawa“ (www.mymorawa.com), Autoren können ihr Buch ab 149,90 € drucken lassen, es hat eine ISBN und ist somit überall erhältlich. Bisher erfüllten sich damit 74 Menschen den Traum vom eigenen Buch, demnächst gibt es neben der Bewerbung auf Facebook und beim Großhandel auch Lesungen der Neo-Buchautoren.
„Das ist meine Sprache“

Die Querflöte ist das massentauglichere Instrument, aber aus Liebe zur Traversflöte zog ich einen radikalen Schlussstrich und mottete die Querflöte ein. Der Anfang war sehr schwierig. Fast alle rieten mir davon ab, nur vier Menschen unterstützten mich bei meiner Entscheidung. Dafür bin ich ihnen bis heute dankbar. Ich habe einmal in einem Buch die Erzählung einer Hospizmitarbeiterin gelesen, was Sterbende am Ende ihres Lebens am meisten bereuen. Viele sagten, dass sie im Leben mehr hätten machen sollen, was ihnen ihr Herz gesagt hatte und nicht, was andere erwarteten. Anfangs war es für mich schwierig, der Kulturunterschied zwischen Japan und Österreich war enorm, ich hatte Angst, meine Identität zu verlieren. Heute ist die Traversflöte meine Sprache, die auch hier in Europa verstanden wird und mit der ich mich ausdrücken kann.

Hiroko Huemer spielt Traversflöte, ein Holzinstrument aus der Barockzeit, die Vorgängerin der Querflöte. In Österreich spielen weniger als zehn Menschen dieses Instrument hauptberuflich, die Barockmusikszene kennt keinen durchgehenden Konzertbetrieb. Huemer ist eine von ihnen, die Japanerin studierte Querflöte und später Traversflöte bei Barthold Kuijken, einem Pionier der Wiederentdeckung barocker Musik und ihrer Originalinstrumente. Er gilt als bester Traversflötist der vergangenen Jahrzehnte und sagt über seine frühere Schülerin: „Die Musik wird bei ihr zur Sprache, zum Begriff, zum Erlebnis, zur Emotion.“ Heute unterrichtet Huemer selbst, aktuell an der Wiener Musikakademie. (Am 16. und 17. Jänner bietet sie kostenlose Schnupperstunden an, von 19. bis 21. Februar leitet sie einen Meisterkurs, Info unter www.hiroko-huemer.com). Ihr nächster großer Auftritt ist die Matthäus-Passion mit dem Barockorchester Barucco im Wiener Konzerthaus (6. März).
„Die Seele will erleben und sich weiterentwickeln“


Die Suche nach einem ruhigen Fleckchen Erde führte uns schlussendlich in die Toskana. Der Traum war schnell formuliert: ein Haus mit Aussicht, großem Garten für Gemüseanbau und mit Olivenhain, ein kleines B&B führen. Die Suche aber war schwierig – Plan B, C, D, E wurden geschmiedet. Im kleinen Ort Riparbella fanden wir dann doch ein Häuschen, zu klein für ein B&B, dafür mit Meerblick zum Niederknien. Und wie es oft ist, führt eines zum anderen, bald tat sich die Möglichkeit auf, ein Nachbar-Haus zu mieten.

So groß die Liebe zu diesem Ort ist, schließe ich nicht aus, irgendwann weiter zu ziehen. Zu viele wundervolle Dinge erwarten mich auf dieser Welt, die ich wie einen großen Spielplatz wahrnehme. Immerhin will unsere Seele etwas erleben und sich weiterentwickeln."
Daniela Lettner, 28, findet einen „klassischer Lebenslauf“ nicht so bedeutend. Wichtig ist, was einen bewegt und welche Erfahrungen man im Leben sammelt. Sie war nach der Schulzeit Aupair in den USA und Paris, danach als Flugbegleiterin ein halbes Jahr in Europa unterwegs. Aus dem „großen Hobby“ Fotografie wurde eine Profession. Jetzt lebt sie mit ihrem Partner Giambattista Pace nahe der toskanischen Küste, wo sie Quartier und vielfältige Kurse mit erfahrenen Lehrern anbieten (www.casalepundarika.com).
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