Kriegstraumata: Der Weltkrieg im Kopf

Kriegstraumata: Der Weltkrieg im Kopf
Kriegstraumata belasten tausende Senioren in Österreich. Ihre Symptome werden oft verkannt, obwohl auch Nachkommen betroffen sein könnten.

Helga sitzt in einem Dornbirner Kinosaal und kann nicht aufhören zu weinen. Es ist das Jahr 1979, die letzten Minuten der Günther-Grass-Verfilmung  „Die Blechtrommel“ sind angebrochen. Auf der Leinwand wird die Hauptfigur, der Bub Oskar, eilig über einen Bahnsteig voll schwerbepackter Menschen getragen. In dem Moment bekommt Helga einen Schreikrampf.

Lange wusste Helgas Tochter Claudia Wielander nicht, was an diesem Tag mit ihrer Mutter passiert war. Erst viele Jahre später erfährt sie, dass Helga als kleines Mädchen im Jänner 1945 vor sowjetischen Soldaten aus ihrem Heimatdorf Allenstein flüchtete, dass sie gemeinsam mit ihrer Mutter und Geschwistern zum Bahnhof laufen musste und sich in einen bereits zum Bersten vollen Waggon presste, ähnlich wie es der kleine Oskar in der „Blechtrommel“ tat.

Jahrzehntelang ignoriert

Heute ist Helga 82 Jahre alt. Bilder, wie jene des abfahrenden Zuges im Film, versetzen sie heute noch zurück an den Tag ihrer Flucht und lassen sie für einige Momente ihre Furcht von damals spüren.

Damit ist Helga nicht allein. Tausende Senioren in Österreich leiden heute immer noch unter den Folgen traumatischer Kriegserlebnisse. Schlaflosigkeit, Angstzustände und Erinnerungen an Hunger und Tod plagen sie. Darüber gesprochen wurde lange Zeit kaum, auch wie viele Menschen tatsächlich betroffenen sind, war nicht klar. Jahrzehntelang wurden Kriegstraumata nicht als solche erkannt. Erst seit neue Forschungsergebnisse nahelegen, dass die Traumata von damals immer noch nachwirken – und das auch in nachfolgenden Generationen – drängt das Thema zunehmend an die Öffentlichkeit.

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