Wie war Schule anno dazumal?

Wie war Schule anno dazumal?
Ein vor Kurzem entdecktes Schulheft gibt Einblicke in den Unterricht vor mehr als 400 Jahren.

Der 13-jährige Johann Gerhard war ein sorgfältiger Schüler, der strukturiert arbeitete und eine schöne Handschrift hatte. Das belegen seine Schulhefte aus dem Jahr 1595. Mitarbeiter der  Forschungsbibliothek Gotha an der Universität Erfurt in Deutschland fanden vor wenigen Wochen Bände mit handgeschriebenen Aufzeichnungen. Derart alte Schulhefte waren den Forschern bisher unbekannt. Verfasst sind die Texte in lateinischer, griechischer und sogar in deutscher Sprache. Latein war vom römischen Reich bis ins 19. Jahrhundert die führende Sprache in Literatur, Wissenschaft, Politik und Kirche. Trotzdem verstanden nur wenige, gelehrte Menschen die Sprache.
Obwohl es ab dem 11. Jahrhundert in Europa Universitäten (die Uni Wien wurde 1365 gegründet) und Klosterschulen gab, waren  diese Einrichtungen nur für Kinder von Adeligen oder reichen Kaufleuten zugänglich. Ärmere Bevölkerungsschichten, wie Bauern konnten sich das Schulgeld nicht leisten. Sie brachten ihren Kindern überlebenswichtige Dinge bei: Tiere versorgen, Felder bestellen und Häuser reparieren.
In der Schule gab die Kirche den Ton an. Neben Lesen, Schreiben und Rechnen brachten  die Priester den Kindern liturgische Texte bei. Auch in Österreich. Hierzulande ist das Stiftsgymnasium in Melk  die älteste Schule, an der heute noch unterrichtet wird. Sie wurde im 12. Jahrhundert als Klosterschule gegründet.
Mädchen Kaiserin Maria Theresia führte 1774 eine sechsjährige Schulpflicht ein. Frauen blieb  Bildung noch länger verwehrt. Die erste Mittelschule für Mädchen öffnete im Jahr 1868. Studieren durften sie aber erst im 20. Jahrhundert.
Auch unser Johann Gerhard durfte an die Universität, schließlich kam er aus einer gebildeten Familie. Sein Vater war Ratsherr, eine Art Bürgermeister. Der Bub besuchte die Schule  in seiner Heimatstadt  Quedlinburg in Deutschland (von dort stammen auch die jetzt entdeckten Schulbücher). Sein Lerneifer zahlte sich aus: Er  wurde ein bekannter Theologieprofessor.

Als Wissen zum Massenartikel wurde

Wie war Schule anno dazumal?

Solange Mönche in den Schreibstuben der Klöster Bücher mit der Hand vervielfältigten, waren diese kostbar und teuer. Erst durch Johannes Gutenbergs modernes Druckverfahren  mit beweglichen Metallbuchstaben entwickelte  sich das Buch im 15. Jahrhundert zum Massenartikel. Wissen war für mehr Menschen zugänglich und leistbar. Schriften, Flugblätter ließen sich schneller verbreiten.
Für das Druckverfahren zerlegte der Goldschmied Gutenberg Texte  in einzelne Groß- und Kleinbuchstaben, Satzzeichen und Abkürzungen. Diese goss er in Blei. Die Bleibuchstaben legte er in Setzkästen und färbte sie ein. Darauf kamen das Papier und die Presse.
Gutenberg gilt nur als Erfinder des Buchdruckes: Schon im Jahr 868 vor Christus druckten die Menschen in China  Bücher und Texte mittels Holzblöcken. Für den Massendruck war dieses Verfahren nicht geeignet. Am Höhepunkt seiner Karriere druckte Gutenberg mit vielen Mitarbeitern die berühmte Gutenberg-Bibel mit 1282 Seiten.  Von den 180 Exemplaren gibt es  heute noch 49 Stück.

Die Konkurrenz zum gedruckten Buch

Wie war Schule anno dazumal?

Durch das Aufkommen des Buchdrucks im 15. Jahrhundert stand die schreibende Hand in direkter Konkurrenz zur druckenden Maschine. Bis dahin gab es eigene Buchschreiber – ein hoch geachteter und gut bezahlter Beruf. Da die Buchschreiber ihr Handwerk gegenüber der Technik verteidigen mussten, gründeten sie Schreibschulen. Zugang hatten nur Schüler aus der wohlhabenden bürgerlichen Schicht.
Die Schreibschulen beeinflussten und förderten die weitere Entwicklung der Schreib- und Buchschrift. Aus der gotischen Kursivschrift, die sich im 13. Jahrhundert durch  die Universitäten und Kaufleute entwickelte, entstand die deutsche Kurrentschrift. Das Wort stammt vom lateinischen Wort „currere" und steht für „laufen". Die Buchstaben haben viele Schlaufen, die geschrieben so aussehen, als würden sie ineinander verlaufen. Deine Urgroßeltern haben diese Schrift wahrscheinlich noch in der Schule gelernt.

Von Papyrus bis zum eBook

Wie war Schule anno dazumal?

Nach einem Rundgang durchs Papyrusmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek lernst du im Workshop wie du  aus der Papyruspflanze Papier herstellen kannst.
Termine: 11., 19. und 27. September jeweils 15 Uhr; (01) 534 10-464. Workshops Von der Idee zum fertigen Buch sowie vom handgeschriebenen Buch zum eReader bzw. über Berufe in der Buchwelt bietet die Buchhandlung Thalia im W3 (Landstraßer Hauptstraße). Für interessierte Klassen sind sie kostenlos. Nach Vereinbarung anmelden unter: thalino.w3@thalia.at 

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