„Kampf“ um Anerkennung

Szenenfoto aus "Schlag auf Schlag"
„Schlag auf Schlag“ von theater.wozek im Dschungel Wien über eine junge Boxerin und ihren Kampf des Lebens.

Box, Box, Schlag, Schlag, Schlag, weg oder auf die Seite ducken und die nächste Schlagkombination. Dass das jüngste Stück von Theater. Wozek im Dschungel Wien etwas mit Boxen zu tun hat, legt schon der große Sandsack nahe, der neben drei riesigen hölzernen Balken den Raum dominiert. Zudem läuft auf dem Monitor eines Laptops beim Start des nicht ganz eineinhalbstündigen Stücks ein Ausschnitt aus einem in Schwarz-Weiß gehaltenen Film. Später werden wir erfahren, dass es sich um „Wie ein wilder Stier“ mit Robert de Niro handelt.

Gemobbt - geboxt - Ruhe gehabt

„Kampf“ um Anerkennung
Szenenfoto aus "Schlag auf Schlag"

Mit einem Schuss Wehmut, aber wirklich nur einem Schuss davon lässt die junge Hauptdarstellerin der Luzia (grandios Julia Vozenilek) fallen, dass sie Boxerin war. Im Rückblick erzählt sie im folgenden Schauspiel, vor allem mit ihren Bühnen-Vater und Trainer ( Martin Oberhauser) ihre kurze, steile Karriere. Weil in der Volksschule gemobbt, ging sie zum Kinder-Boxen, ein Schlag ins Gesicht ihrer Hauptgegnerin in der Schule – und schon hatte sie Respekt. Oder hatten alle nur vor ihr Angst. Immerhin Ruhe hatte sie. Weitere Stationen regionale amateur-meisterin, Landesmeisterin... Ziel Profi-Weltmeisterin und da stand die Schule im Weg, also schmiss sie die und nahm stattdessen einen Halbtagsjob an. Gegen den Rat von Vater und Trainer Henk, der aber insgeheim doch viel stolzer war, dass seine Tochter eigentlich seinen unverwirklichten Traum erfüllen könnte... Soweit die Grundgeschichte des von Eva Blum und Herman Vinck geschriebenen Stücks.

Glücklicher Zufall

„Kampf“ um Anerkennung
Szenenfoto aus "Schlag auf Schlag"

Das Ambiente wurde von Theater Wozek nach Wien verlegt. Mitentscheidend für die Auswahl des Stücks war nicht zuletzt, dass die 18-jährige Julia Vozenilek seit einem Jahr in einem Boxklub trainiert – „nicht für Wettkämpfe, sondern ich hab einen Sport gesucht, bei dem ich mich auch auspowern kann“, so die sehr, sehr überzeugende Hauptdarstellerin. „Und wo hast du schon einmal die Gelegenheit, eine Darstellerin zu haben, die wirklich boxen kann“, freut sich Regisseur Karl Wozek über den glücklichen Zufall.

Das Stück dreht sich stark um Boxen, immer wieder auch – sowohl auf der Bühne live, als auch eingeblendet in Videos - mit sehr dynamischen, kraftvollen, jedoch nie wirklich gewalttätigen Szenen. Und dennoch steht dieser Sport eher „nur“ für etwas anderes, für den Kampf um Anerkennung. Nur beim Boxen, so sagt die Luzia van der Kamp an einer Stelle, habe sie Anerkennung und Respekt bekommen und gefühlt. Dem opfert sie sogar ihre erste und einzig echte Liebe zum Kunstmaler Gregor (Florian Fleischhacker).

„Eislaufmutter“/Box-Vater

„Kampf“ um Anerkennung
Szenenfoto aus "Schlag auf Schlag"

Doch während sie sich noch im Gespräch mit dem Vater über einen Boulevard-Zeitungsartikel aufregt, bei dem ihr EM-Kampf nur am Rande erwähnt und der Auftritt eines Nummern-Boys viel mehr Raum bekommt, lobt sie dem schmierig-grindigem Manager-Typen (Michael Pockberger) gegenüber dessen Medienarbeit. Dopingmittel lehnt sich (noch?) ab, Vaters Verhältnis zu seiner Tochter wird immer liebloser und immer verbissener: „Schneller, schneller, gib Gas, explodier, trainierst du oder bist du auf Urlaub...“.

Geld melken

„Kampf“ um Anerkennung
Szenenfoto aus "Schlag auf Schlag"

Als der Manager einen Kampf um die Weltmeisterschaft in einer schwereren Gewichtsklasse und das obendrein gegen eine Kampfmaschine anbietet („man muss die Kuh melken, so lange sie noch Milch gibt!“), wehrt er sich nur mehr anfangs, wittert die Chance – auf das große Geld. Und die Tochter? Sie will kein zu Brei zerschlagenes Gesicht. Er: Um das Geld kannst du dir fünf Nasen-Operationen leisten... Das Ende sei nicht vorweggenommen, wär schade, möglichen Zuschauer_innen die Spannung/Überraschung zu nehmen. Jedenfalls ist es alles andere als kitschig, so viel sei aber schon verraten.

Und: dass alle vier auf der Bühne sehr glaubhaft, sehr überzeugend wirken.

„Kampf“ um Anerkennung
Szenenfoto aus "Schlag auf Schlag"
„Kampf“ um Anerkennung
Szenenfoto aus "Schlag auf Schlag"

„Kampf“ um Anerkennung
Szenenfoto aus "Schlag auf Schlag"

Schlag auf Schlagtheater.wozek

Schauspiel, 85 Minuten, ab 13 Jahren

Autor_innen: Eva Blum, Herman Vinck

Regie: Karl Wozek

Darsteller_innen Luzia van der Kamp, Boxerin: Julia Vozenilek Henk van der Kamp, ihr Vater und Trainer: Martin Oberhauser

Gregor, ihr Freund: Florian Fleischhacker Winnie, Manager: Michael Pockberger,

Bühne: Charly Vozenilek

Boxcoaching: Csilla Némedi Varga

Licht: Hannes Röbisch, Karl Wozek

Aufführungsrechte: Felix Bloch Erben, Berlin

„Kampf“ um Anerkennung
Szenenfoto aus "Schlag auf Schlag"

Wann & wo?Bis 19.November 2016Dschungel Wien, 1070, MuseumsQuartierTelefon: (01)522 07 20-20

www.theater-wozek.at

www.dschungelwien.at

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