Fliegende Katzen, heiliger Schnittlauch und Öster reich an Vielfalt
Update 18. Oktober, 17.01 Uhr: Liste der Preisträger_innen hinzugefügt.
Fünf Dutzend Filme aus Kinder- und Jugendhand – und vor allem deren Köpfen – stellten bei den Video- und Filmtagen einmal mehr das umfassende kreative Potenzial und die teilweise schon erstaunliche technische Perfektion junger Filmemacher_innen unter Beweis. Die Altersbandbreite der jungen Künstlerinnen und Künstler reichte bei der 20. Auflage dieses Festivals des jungen Films von ca. 8 bis knapp an das obere Alterslimit von 22 Jahren. Hier - ein bei Weitem nicht vollständiger - Überblick über einige der gezeigten Filme.
Filmischer Witz
Die jüngsten Filmemacher_innen Anna und David Dortschak sowie Yasmin-Katherina Sirková, Lilli Magner, Andre und Lara Weber (zwischen 8 und 12) lieferten mit „Vampir Ex – Die Heilung“ einen knapp fünfminütigen Gruselfilm mit Lach-Faktor. Höhepunkt: Wenn eines der bedrohten Opfer den Vampir Zähne putzen schickt, weil er so viel Mundgeruch habe.
Witz verpackten auch Stefan Reinberger (13) und Filip Schauer (gerade 15 geworden) in ihre perfekte Animation, in der sie übers Meer und eine Insel fliegen. Letztere schufen sie selbst im Computer. Die Flugszenen gelangen den beiden mit Hilfe eines Green-Screens, den sie sich via Internet bestellt hatten. „Alles haben wir uns selber beigebracht, auch die Programmiersprachen“, lobt Stefan seinen Kollegen Filip, der für all diese Bereiche zuständig zeichnete. Und das Mittel, das ihnen im Film die Zauberkräfte verleiht, war auch titelgebend: Der heilige Schnittlauch. „Wir essen beide gern Schnittlauch, haben dann auch schon den ganzen aufgegessen. Drum haben wir für den Dreh einfaches Gras nehmen müssen“, erzählen sie beim Filmgespräch und ergänzen, nachdem einige verschmitzt lachen, „Wiesengras!“ Dabei ist filmen „nur“ eines ihrer Hobbys. Beide frönen dem Turniertanz und verbringen mit Training dafür zwischen fünfeinhalb und doppelt so vielen Stunden. „Und zwischendurch gehen wir auch in die Schule“, wirft Stefan ein ;)
Über Grenzen hinweg
Eine höchst ungewöhnliche Liebe – zwischen einer Katze (Macska) und einer Eule (Bagoly) – packte Blanka Visy aus Budapest in ihre nicht ganz einminütige Scherenschnitt-Animation „Unwahrscheinliche Liebe“. „Ich wollte zeigen, dass sich auch zwei sehr unterschiedliche Wesen lieben können. Und diese beiden sind meine Lieblingstiere“, erklärt sie den Hintergrund zu ihrer dichten, vielleicht am Ende zu kurzen, entzückenden Animation. „Die hab ich in drei Tagen bei einem Workshop in Wien in den Sommerferien gemacht und darum hier bei dem Festival eingereicht“, erklärt sie dem Kinder-KURIER.
Das besondere an den Video- und Filmtagen ist, dass nicht nur die Arbeiten gezeigt werden, sondern die jungen Filmschaffenden auch bei der Präsentation anwesend sind und mit dem Publikum sprechen. Obendrein sitzt jeweils eine vierköpfige Jury von Profis aus verschiedenen Bereichen des Filmbusiness im Kino und gibt live Feedback.
So wie Blanka Visy mit grenzüberschreitende Liebe zum Thema ihres Films gemacht hat, so beschäftigen sich viele der jungen Filme mit dem Zusammenleben unterschiedlicher Menschen. „Öster reich an Vielfalt“ nannte die 3d der Gesamtschule (AHS-Unterstufe/Mittelschule) am Wiener Contiweg ihren viertelstündigen Film, der von einem Tanzvideo seinen Ausgangspunkt nahm. Dieses geht von der Bundeshymne über in „Everybody“ von den Backstreet Boys. Dazwischen werden einige der Schüler_innen vor einer Weltkarte zu ihrer Herkunft – von Wien über Klosterneuburg und Graz bis Polen - befragt, über die der Eltern – die schon viel weitere Kreise auf der Karte zieht – bis zu ihren Österreich-Bildern.
Hinschauen!
Einige Filme beschäftigen sich mit Flucht. Dazu zählen die mehr als berührenden Animationsfilme „Unser Leben von Afghanistan nach Österreich“ (Noorallah Nazari und Mansur Nouri), „Mein Leben/Ma Vie“ (Ali Akbar Nourouzi ) und „Allein auf der Reise“ (Jamile Hosseini) zeigt die persönlichen Geschichten der Jugendlichen. In eineinhalb bis zweieinhalb Minuten bringen die animierten Hand-Zeichnungen die Schicksale der jungen Männer aus den Häusern Sidra und Liebharstal des Arbeitersamariterbundes derart auf den Punkt, dass der Atem bei den Zuschauer_innen richtiggehend ins Stocken geriet.
Wie allerdings nicht betroffene Menschen oft die Augen vor Tatsachen verschließen, zeigt der knapp fünfminütige Animations-Real-Film einer Gruppe von Schüler_innen des BORG hegelgasse 12: „Augen auf“. Die Pointe sei nicht verraten – dafür gibt’s den Link zum ganzen Film unten.
Medienkritik
Heftige Medienkritik setzten Tobias Macke und Johannes Puschner mit „Embezzler - in the name of art“ (Veruntreuer im Namen der Kunst) in Szene. Der Protagonist, ein Fotograf, entzündet ein Feuer, um tolle Fotos vom Brand zu publizieren...
Neben tiefschürfenden, fundamentalen gesellschaftskritischen bzw. künstlerisch und filmisch sehr anspruchsvollen, teils auch experimentellen Filmen oder einem fantastischen Musikvideo („Nara“ – ein Song der Band Alt J, Jasmin Selen Heinz und eine rund zwei Dutzend große Crew, die ein eigens gemaltes großes Bild zum Leben erweckt) bot das Jubiläumsfestival aber natürlich auch wieder viele ziemlich witzige Streifen. Da ist vor allem Ramona Riedrichs „Der bunte Steinkäfer“ hervor zu heben. Eine Viertelstunde lang begleitet sie in ihrer Animation, bei der sie alles – von den Figuren über die Kulissen bis zum gesprochenen Ton – mit unterschiedlicher Färbung für die verschiedenen Figuren - und den Aufnahmen selbst gemacht hat, Natalie und Daniel auf einer Reise zu einem Einhorn und dem doch nicht gefundenen titelgebenden Käfer. Die Dialektfärbungen der Figuren – übrigens auch in einer Reihe anderer Filme – wirken nicht nur authentisch, sie erzeugen eine gewisse an Qualtingers Travnicek („wann mit des Reisebüro ned vermittelt hätt“) erinnernde Stimmung.
Einige Links
Im Foyer des Festivals konnten sich junge Filmemacher_innen mit etlichen „Requisiten“ fotografieren (lassen)
Die Jurys (Prime-Time bzw.Night-Line) zeichneten eine Reihe von Filmen und ihre Macher_innen aus. Hier die Liste der Preisträger_innen und ihre Preise:
Der heilige Schnittlauch Preis: Drehnotfallkiste als Aufforderung, weiter an einer guten Mischung zwischen Technik und Geschichten erzählen, zu forschen.
Filip Schauer und Stefan Reinberger
Unwahrscheinliche Liebe Preis: Lomokino + Filmrollen zum eigenständigen weiter Basteln auch außerhalb von Workshop-Strukturen.
Blanka Vis
Spiegelbild Preis: Gruselkiste
Schüler_innen der Klasse 7d des BRG 14 Linzer Straße
Figure it out Akkreditierung für das Festival Vienna Independent Shorts 2017
Daniel Prem und Sebastian Kubelka
Augen auf Kinokartenpackage UCI Millenium City
Anais Eriksson, Leya Hempel, Gabriela Marinova, Constantin Helmrich, Adam Baroud, Niklas Loitsch
Youth Tonset
Franziska Reiss
Die letzte Torte des Carlo Cantuccio Lomokino + Filmrollen
Alexander Peskador
Under your skin Lichtkiste
Cordula Riegler
Thema C Filmakademie Praktikum
Alex Lazarov
Lobende Erwähnung: Nara Jasmin Selen Heinz und ihre große rund zwei Dutzend Jugendliche umfassende Crew
Lobende Erwähnung: Auf pulvriger Tat ertappt/Pretty little Mafia/Superbabys
SchülerInnen des BRgORg 15 Henriettenplatz
Ihr Gefühl Akkreditierung für das Festival Vienna Independent Shorts 2017
David Weinand
Ein erstes Mal Kamera-Cage
Jessica Zekar
The Blooming of a Flower Akkreditierugn plus Unterkunft für die Diagonale Daniela Univazo
Earn your Money Index-DVD-Box des Independentlabels sixpackfilm, der dazu ermuntern soll weiterhin die Grenzen des Mediums Film auszuloten
Diana Peutl und Robin Kappacher
Kaugummizigaretten Kamera-Cage
Marie Luise Lehner und Philipp Bevanda
Blumenleben Novotony & Novotny Praktikum
Harald Schweidler
Ein letztes Mal Tonset
Felix Leitner
Wie ich berühmt werden wollte 10er-Block Viennale plus Tasche Tim Oppermann
Publikumspreis: Gauner auf vier Pfoten
Lomokino
Kristina Pangerl, Iris Bendl, Nico Hübler, Julian Peters, Lena Eigner
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