Ein Glas voller schöner, spannender Momente

Szenenfoto aus "Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen" im Volx/Margareten
Sehr spannende, bereichernde Version von Andersens Märchen „Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen“ im Volx/Margareten (Wien). Probenbesuch des Kinder-KURIER.

Vor, rund um und hinter einem Spiegelkasten, der bei anderem Licht zu einem Schaukasten wird, spielt sich diese viel-stimmungsvolle, tiefsinnige und vielleicht im Gegensatz zum Originalmärchen selbst nicht vorwiegend traurige Version vom „Mädchen mit den Schwefelhölzern“ (Hans Christian Andersen) ab. Neben drei Erwachsenen, die spielen, tanzen, singen und musizieren stehen vor allem acht – gleich in signalgelbe dünne Overalls gewandete Kinder im Zentrum des rund einstündigen Geschehens. Der Kinder-KURIER besuchte wenige Tage vor der Premiere eine der letzten Proben.

Ein Glas voller schöner, spannender Momente
Luka Vlatković, Isabela Vera Casso, Madita Gleirscher, Adriana Gerstner, Theo Haas, Nadine Quittner, Christoph Rothenbuchner
Die jungen Darsteller_innen vermitteln ihre Gedanken zu Grundfragen, die sich aus dem Märchen über das arme Mädchen ergeben, das in der letzten Nacht des Jahres Streichhölzer verkaufen muss, weil es sonst zu Hause Schläge erwartet, sich an diesen erwärmt und letztlich stirbt, in verschiedenen, unterschiedlichen Szenen. Zu diesen Themen gehören naturgemäß Gerechtigkeit, Geborgenheit und Gewalt, Angst und Tod – und damit eng verbunden Religion als Umgang mit dem Leben vor und einem möglichen danach, Glück, Liebe...

Dialog mit Gott

„Was ist der Unterschied zwischen Schlaf und Tod? Und woher weiß ich, dass ich nach dem Schlaf wieder aufwache?“, sind beispielsweise Fragen, die gestellt werden. Bei den Gedanken über ein (mögliches?) Leben nach dem Tod nennen viele der Kinder im Stück Tiere – vom Adler, über einen Hasen, „nein dann doch liebe ein Vogel“, eine Ameise – weil sie ein Vielfaches ihres eigenen Körpergewichts tragen kann „und dann könnt ich euch alle hier raustragen!“

In einem fiktiven Dialog vor dem Jüngsten Gericht wird der „Verstorbene“ über die Einhaltung bzw. Verletzung der zehn Gebote befragt. „Ich bin erst 13!“, lautet die ernüchternde Antwort bei der Frage nach Ehebruch. „Du sollst den Namen des Herrn nicht missbrauchen... aber du hast schon einmal gesagt: Oh Gott, was für ein A.... loch“ – auf diesen Vorhalt antwortet der „Sünder“: „Warum gibt es Ungerechtigkeit? Warum müssen Kinder im Krieg sterben? Warum verhungern Kinder?“

Unsere eigenen Texte

Ein Glas voller schöner, spannender Momente
Theo Haas (12), Sebastian Wimmer (12), Madita Gleirscher (10), David Breza (13), Adriana Gerstner (10), Isabel Vera Casso (12), Lola Mae Bernhard (9) und Valerie Kosits (12)
„Zwei Wochen – nein sogar eineinhalb Monate, die halbe Probenzeit haben wir darüber geredet“, erzählen Theo Haas (12), Sebastian Wimmer (12), Madita Gleirscher (10), David Breza (13), Adriana Gerstner (10), Isabel Vera Casso (12), Lola Mae Bernhard (9) und Valerie Kosits (12). „Das ist auch viel praktischer, weil du dann nicht irgendwelche fremden Sätze auswendig lernen musst, sondern das, was ja von uns selber gekommen ist, das sind ja dann unsere Gedanken unsere eigene Meinung unsere Sätze, auch wenn manches Mal wer einen Satz hat, den ein anderes Kind sich ausgedacht hat, aber meistens sind’s schon unsere eigenen“, erzählen die acht jungen Darsteller_innen. Die in diesem Fall weit mehr, nämlich Mit-Schöpfer_innen des Stücks sind.

Alle haben schon mehr oder minder Bühnenerfahrung gehabt, Valerie Kosits und Adriana Gerstner beispielsweise haben schon in Produktionen des Burgtheaters mitgewirkt, selbst die Neulinge Madita Gleirscher und Isabel Vera Casso brachten schon Vorerfahrungen mit, letztere vom Tanz, erstere von Schulaufführungen. „Aber gesprochen hab ich vorher noch nie auf der Bühne“, meint die Tänzerin Casso. „Aber hier hat uns die Salome (Schneebeli, Choreografin und Regisseurin) von Anfang an alles gut erklärt, wir haben über die Themen gesprochen, drum war es nicht schwer für mich“ – und da pflichten alle bei. Madita Gleirscher: „In der Schule haben wir nur Texte eingelernt, das war schon ein bisschen fad.“

Philosophieren

Ein Glas voller schöner, spannender Momente
Szenenfoto aus "Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen" im Volx/Margareten
Eine wunderbare Stunde Philosophieren mit Kindern – und das obendrein eingebettet in eine (tanz-)theatrale Version des bekannten Andersen-Märchens bietet diese Stunde im Volx/Margareten. Angereichert um die Vermittlung von Fakten über die Verteilung des Reichtums und die Möglichkeit, gut und gern 12 Milliarden Menschen ernähren zu können – comichaft präsentiert. Allerdings ein bissl zu sehr verblödelt, was den harten Fakten ein bisschen die Ernsthaftigkeit nimmt.

Teilweise zum Niederknien die gegen Ende von den acht Kindern übergebenen Geschenke: Neben Lachen, Zeit, Spaß und Träumen beispielsweise „ein Ohr zum Zuhören“, eine zweite Chance, Mut, ein Glas voller schöner Momente...

Ein Glas voller schöner, spannender Momente
Sebastian Wimmer, Theo Haas, Nadine Quittner, Adriana Gerstner, Lola Mae Bernhard, Madita Gleirscher, Valerie Kosits
Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen
nach Hans Christian Andersen
Volx/Margareten

Choreografie und Regie: Salome Schneebeli
mit Lola Mae Bernhard, David Breza, Isabela Vera Casso, Adriana Gerstner, Madita Gleirscher, Theo Haas, Valerie Kosits, Nadine Quittner, Christoph Rothenbuchner, Luka Vlatković, Sebastian Wimmer

Raum und Kostüme Heta Multanen
Video Heta Multanen
Musikalische Leitung Luka Vlatković
Künstlerische Mitarbeit und Leitung des Begleitprojekts des Jungen Volkstheaters Constance Cauers
Dramaturgie Angela Heide

Ein Glas voller schöner, spannender Momente
Lola Mae Bernhard, Christoph Rothenbuchner
Wann & wo?
Bis 28. Dezember 2016
Volx/Margareten: 1050, Margaretenstraße 166
Telefon: (01) 521 11-0
ticket@volkstheater.at

www.volkstheater.at

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