Den Flüchtlingen Gesichter erspielen
Die Bühne liegt ziemlich im Dunkeln – praktisch die ganze Aufführung lang. Geht’s doch um finstere Geschäfte einerseits, vor allem aber um Menschen, deren Schicksale sie im Schatten der Gesellschaft, der Welt um ihr (Über-)Leben kämpfen lassen – um Flüchtlinge, solche, die alles riskieren, um Krieg und Not – vermeintlich – hinter sich zu lassen und sich von Somalia, Eritrea oder Nigeria aus nach Europa durchzuschlagen. Und vielleicht ihr Leben im Mittelmeer zu lassen, oft nur wenige Kilometer vom erträumten Hafen des Glücks entfernt, vor der italienischen Insel Lampedusa. Es gibt auf keiner Bühne dieser Welt ein wohl aktuelleres Stück als „70 Meilen zum Paradies – Sehnsucht Lampedusa“. Gespielt von rund einem Dutzend sehr junger, meist noch jugendlicher, Schauspielerinnen und Schauspieler. Für manche ist’s – oder war’s (?) das erste, für andere schon das sechste Stück mit der Initiative „european grouptheater“.
Realistische Geschichten
Glaubhaft gespielt
Tränen
Weil's auch Jugendliche wie uns trifft
70 Meilen zum Paradiese - Sehnsucht Lampedusa
von Robert Klement, der im Auftrag des european grouptheaters seinen Roman dramatisiert hat
SIAD Krankenpfleger aus Somalia …………… Daniel Weber
SHARA, eine Tochter……………………………………. Johanna Barbara Gruber
AYANA ………………..………………………………………. Katharina Schwab
STANY Student aus Ghana …………………………. Jakob Hofer
BOTTLE Viehhirte/In, Herkunft unbekannt … Jannis Luiskandl
JARA Frau aus dem Sahelgürtel ………………..... Stefanie Früholz
CHARLES Bauer aus dem Kongo(Ost)……........ Christian Lampl
DSCHAMILA seine Frau …………………………........ Anna Schütz
JOY Frau aus Nigeria ……………………….............. Mircan Adtakan
ADA Frau aus Mali ……………………………….......... Marion Wölfler
Tunesien:
HASSAN Schlepper-Boss ………………………. Johanna Wildling
NADIA Schlepperin ………………………….…. Anna Itkin
Italien:
PERETTI TV-Journalistin ………………………. Mircan Adtakan
CABRINI Chefin der Wachmannschaft …. Zulla Ahmetovic
ESPOSITO Lagerleiter ………………………….. Max Preselmayer
BÜRGERMEISTER(IN) VON LAMPEDUSA .. Anna Itkin
Bühnenbild: Friedrich Despalmes
Dramaturgie: Ingrid Rencher
Ton & Licht : Chris Scheidl
Lehrmaterial: Univ. Prof. Dr. Hilmar Grundmann - Uni Hamburg Erziehungswissenschaften - Sprachentwicklung, Didaktik und Ästhetische Bildung
Viele Tränen gab es am Ende der Vorstellung nicht nur wegen der berührenden – leider durch den Tod von fast 400 Menschen in den vergangenen drei Wochen – Geschichten um die Flüchtlinge vor Lampedusa. Zum Weinen war auch die Ankündigung, dass dies – aller Voraussicht nach – die letzte Vorstellung sein musste. Der Verein musste Insolvenz anmelden, weil zugesagte Subventionen von Land Niederösterreich und dem Integrationsstaatssekretariat nicht ausbezahlt wurden.
Prüfung ohne Ende?
Für ersteres meinte Kulturamtsleiter Hermann Dikowitsch zum KURIER: „Seitens des Landes ist uns die Förderung von Kunst und Kultur und da besonders für Kinder und Jugendliche ein großes Anliegen, aber wir legen auch großen Wert auf ordnungsgemäße, korrekte Abrechnung. Seit Herbst des Vorjahres gibt es ein laufendes Verfahren zur Kontrolle der Abrechnung.“ Mehr könne er dazu (zugesagt 50.000 Euro) nicht sagen.
Das Integrationsstaatssekretariat übermittelte der Redaktion: „„Es wurde von uns eine Förderung versprochen, die aber aufgrund der Auflösung des Förderverhältnis nicht mehr ausgezahlt wird. Da das European Group Theater nicht mehr Vertragspartner ist, dürfen wir leider keine weiteren Auskünfte geben.“
Und aus dem Unterrichtsministerium, das das Projekt 2011 und 2012 mit jeweils 20.000 Euro unterstützt hatte, hieß es: „Für heuer gab es kein Ansuchen mehr.“
Von Seiten des Vereins zeigt man sich erschüttert und erstaunt zugleich: „Wir haben genau so abgerechnet wie in all den Jahren zuvor, wo unsere Abschlüsse immer für in Ordnung befunden wurden, jetzt wird schon seit fast zwei Jahren geprüft.“
Weitere Vorstellungen können derzeit nur dann stattfinden, wenn – wie’s in Stockerau der Fall war – von vornherein klar ist, dass die Einnahmen höher sind als die anfallenden Kosten (Saalmiete und Technik beispielsweise).
Viel gebracht
Neben dem Theatererlebnis für das (jugendliche) Publikum hat die Arbeit an den Stücken auch den beteiligten jugendlichen Schauspieler_innen, wie sie durch die Bank schildern, „viel gebracht. Von lautem und deutlichen Sprechen, das auch bei Referaten in der Schule hilft, Auseinandersetzung mit Sprache und Texten bis zu gestärktem Selbstbewusstsein“, reichen die Statements nach der Vorstellung.
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