Damit nicht noch mehr Sprachen aussterben

Damit nicht noch mehr Sprachen aussterben
Wer bin ich, wo komm ich her? Projekt will Muttersprachen mit Hilfe von Schulbüchereien stärken.

Gemütlich schaut sie schon aus, sogar mit Sitzsäcken vor den Regalen. Aber noch ziemlich unbenutzt, neu und relativ leer Noch stehen erst wenige Bücher in den Stellagen. Stimmt, ja sie ist erst im Aufbau. „Noch suchen wir Bücher“, meint das Trio, das den Kinder-KURIER in der Bibliothek der Polytechnischen Schule in der Wiener Burggasse empfängt.

Damit nicht noch mehr Sprachen aussterben
Dabei suchen Matej Ðjekić, Hava Soltamuradova und ihr Lehrer und Projektleiter Chadwick Williams ganz spezielle Bücher. „Wir wollen eine mehrsprachige Bibliothek, vor allem in den Sprachen Tschetschenisch, Kurdisch (Kurmandschi), Pashto und Romani (Romanes). „Das sind Sprachen, die von nicht wenigen Kindern und Jugendlichen in Wiener Schulen gesprochen werden, aber für die es wenig Literatur gibt. Wir wollen mit Who I am (so heißt das Projekt), die Sprachkenntnisse festigen.“ Und dazu gehört, sie auch lesen und schreiben zu lernen. Und es geht auch darum, die eigenen Wurzeln zu kennen, mit Sprache und Kultur des Herkunftslandes (der Eltern) vertraut zu sein – bzw. werden.

Eltern halfen

Die beiden genannten Jugendlichen beherrschen neben gepflegtem Deutsch ihre Sprachen – Serbisch bzw. Tschetschenisch und Russisch – ziemlich gut. Matej Ðjekić erzählt, dass seine „Eltern immer darauf geschaut haben, dass ich ihre Muttersprache auch gut kann. Sie haben mir auch geholfen, dass ich lesen und schreiben – in beiden Schriften – kann.“ Am meisten vorwärts bringt ihn beim Sprechen natürlich, „dass ich in den Sommerferien meistens in Serbien bin“.
Nach dem Jahr im Poly will er entweder in den Fachbereich Elektronik in der HTL Ettenreichgasse, „vielleicht mach ich aber auch Lehre mit Matura im selben Bereich“.

Dreisprachig

Damit nicht noch mehr Sprachen aussterben
Seine Kollegin Hava Soltamuradova zieht es in die BAKIP (Bundesanstalt für Kindergarten-Pädagogik), „weil ich mit Kindern viel zu tun habe und mich gut mit ihnen verstehen, außerdem kann ich so etwas an die nächste Generation weitergeben!“
Was ihre beiden Erstsprachen betrifft, „habe ich die ersten vier Jahre in der Volksschule Russisch gelernt, Tschetschenisch zu Hause. Meine Elternhaben mich immer ausgebessert, wenn ich Fehler gemacht habe. Und sie haben mir immer was zu lesen gegeben.“ Auf dem guten Fundament gleich zweier Sprachen hat sie sich, nach Österreich geflüchtet, mit Deutsch ziemlich leicht getan. In welcher Sprache sie träumt, „weiß ich gar nicht“, während Matej Ðjekić „meist serbisch träume, aber was mir auffällt, das Denken ist in jeder Sprache doch auch irgendwie anders“.

Beide haben auch Angst davor, „dass immer mehr Sprachen verloren gehen, davon liest und hört man immer wieder“ und sie möchten, „dass möglichst viele ihre Sprachen an die nächsten Generationen weitergeben, damit nicht in vielleicht 200 Jahren auch unsere Sprachen schon ausgestorben sind.“

Zur Homepage der Initiative Who I am

Unsere Kulturen treiben den Fortschritt der Menschheit voran.
Abubaker, 17

Ich sehe die Welt aus der Perspektive meiner Sprache und Kultur.
Fatin, 15

Ich akzeptiere meine Kultur mit ganzem Herzen, denn sie ist immer ein Teil von mir, egal wie weit ich von meinem Heimatland entfernt bin,
Isabel, 16

Die Art und Weise, wie ich die Welt sehe, erfolgt immer aus der Perspektive meiner Sprache und Kultur.
Milića, 17

Meine Sprache ist weit verbreitet und gibt mir daher viel Unterstützung und Sicherheit.
Max, 15

Ich umarme meine Kultur, weil sie mich und die Welt um mich herum definiert.
Ciprian, 14

Kommentare