Augen auf, der Mund ist dahinter versteckt :)

Augen auf, der Mund ist dahinter versteckt :)
Kids bauen in Workshop im Wiener MQ "Roboter-Affen" aus Kunststoff-Abfall

In der Ecke vor dem ArchitekturZentrum Wien im MuseumsQuartier ein Baum mit breitem Blätterdach. Eine kühlende Oase inmitten der Sommerhitze. Darunter Tische und Unmengen von dem, was viele Klumpert nennen würden. Und wegwerfen. Haben viele auch getan. Andere haben's eingesammelt. Kinder wühlen nun in einer großen Schachtel mit vielen Kleinteilen, so manche dürften aus Überraschungseiern stammen. Auf den Tischen Becher, Gabeln, Schüsselchen, Untersätze, Trinkflaschen… Unter den größeren Teile suchen Selina, Rodion, Dilara und Michi solche aus, die sie für den Körper ihres jeweiligen Roboters für geeignet halten. Die schüsselartigen eigenen sich als Unterbau. Unter den Kleinteilen finden sie Augen, Arme, Münder oder was sie sonst noch für brauchbar für ihren "Roboter-Affen" halten.
So heißt der dreitägige Workshop, der am Dienstag (12. Juli) mit dem Gastkünstler Dan Walker aus den USA (den Martin Markeli aus der Electric Avenue des MQ21 zufällig in Miami wo er mit einer seiner Autorennbahnen Station gemacht hatte, kennengelernt hatte) begann - und noch bis Donnerstag (14. Juli) dauert. Er baut schon lange aus solchen - weggeworfenen - Trümmern Kleinskulpturen, die er auf ferngesteuerte, fahrbare Untersätze montiert. Auf einem Spielfeld ferngesteuert fahren lässt und so den - meist begeisterten - Zuschauer_innen oder gar Mitspieler_innen vorfährt, was so alles produziert und weggeschmissen wird ;)

Zwilling oder nicht?

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Zurück zu unseren Jung-Roboter-Bauer_innen. Pardon, nicht alle wollten auch ein solches Ding anfertigen. Selma (5) tat mehrfach deutlich kund: "Ich will was anderes bauen." Was aber, das verriet sie noch nicht, sie wählte sorgfältig Teile aus, begann sie zusammenzustellen, nahm sie wieder auseinander und fügte sie anders/neu zu- und aufeinander. So lange bis der Workshop für den ersten Tag schloss. Sie legte die Bestandteile in ein Küberl, weil sie an einem andern Tag nochmals kommen will, um fertig zu schaffen, was sie sich so vorstellt(e).
Ihre drei Jahre ältere Schwester Dilara ließ sich vor allem vom schon weit gediehenen Roboter-Äffchen ihrer Freundin Selina, die schon viel früher gekommen war, inspirieren. Überlegte zeitweise sogar "einen Zwilling von Selinas Roboter" zu bauen.

Fantasievolle Bastelwütige

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Und die ist ganz in ihrem Element. "Ich schraube, bohre und bastle gern, meistens komische Dinge, die gar nicht existieren", legt sie gleich los, als sie inmitten des Paradieses aus "unnötigen" Teilen steht und sich umschaut. Was wohl einmal die Kappe einer Trinkflasche gewesen sein könnte, macht sie "zum Gesicht, da mal ich zwei Augen drauf und wenn man's aufklappt ist drunter gleich noch der Mund. Da könnt ich dann kleines Zeug reinstecken", beginnt sie ihren Roboter-Affen von oben her zu planen. Und sprudelt weiter drauf los, dass sie außer "sinnlosen" Dingen auch noch gern anderes bastelt: "Zum Beispiel Stofftiere für meine kleine Cousine, die im September auf die Welt kommt."

Wenn die Kinderuni Zeit lässt...

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Als einer der beiden Arme, die sie den Vater anschrauben lässt, bei Drehbewegungsversuchen leicht abbricht, nimmt sie's gelassen: "Na gut, dann such ich halt einen neuen... Nach langer Suche, besser gesagt 50 Sekunden hab ich schon einen!", unterhält sie die Umsitzenden.
Knapp vor Ende taucht mit Michi auch ein deklarierter Kinderuni-Studierender auf - erkennbar an seinem hellblauen T-Shirt. Für seinen Roboter sucht er sich zwei verschiedene Arme - beide verbindet jedoch eines: sie wirken sehr funktionell. Auch er kündigt an, an einem der beiden weiteren Tage weiter arbeiten zu wollen, "wenn sich's mit der Kinderuni ausgeht".

(K)ein Stiel-Auge

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Rodion fasziniert am meisten das Wühlen in der großen Kiste. Hin und wieder schraubt er auch ein bisschen. Bringt aber selbst im kühlen Schatten immer wieder den Künstler mit gefundenen Gegenständen ins Schwitzen. Sein langstieliges Auge lässt sich nicht wirklich auf dem von ihm ausgewählten Flaschenkörper befestigen. "Na gut, dann halt das", gibt sich der junge Mann mit einem halbkugelförmigen Plastikteil als Ersatzauge zufrieden. Und ist vor allem glücklich, als er das ganze Ding auf dem fahrbaren Untersatz montiert, fahren lassen kann. Schnell hat er auch heraußen, dass er das Teil nicht immer holen muss, sondern mit Hilfe der Fernsteuerung auch zu sich zurück fahren lassen kann. "Es ist sein erstes ferngesteuertes Auto", erklärt die Mutter des Dreijährigen.

Infos und Hintergrund

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Dan Walker (USA): Roboter-Affen
Bis 14. Juli, 9 - 17 Uhr
MuseumsQuartier, vor dem ArchitekturZentrumWien, (Hof beim Eingang neben der U3-Station Volkstheater); bei Schlechtwetter: Raum D / quartier21, Electric Avenue
Eintritt und mitmachen frei


Dan Walkers Roboter-Affen sind bewegliche Skulpturen in einer interaktiven Installation, zusammengesetzt aus Spielzeugbausteinen und Plastikgegenständen. Diese funkgesteuerten Skulpturen, bedient von ZuschauerInnen, spielen in einem maßstabgetreuen Modell eines Stadions mit mehreren Bällen Fußball. Die Welt der Roboter-Affen ist ein kulturelles Hybrid, entstanden aus weggeworfenen Gegenständen jener Gesellschaft, welcher sie entgegentritt.

Die ursprünglichen Funktionen der Gegenstände sind ohne Bedeutung für die Roboter-Affen. Das Ergebnis ist eine Lebenswelt mit Themen, die vielen Kulturen gemeinsam sind - Zerstreuung, Werbung und Fanatismus. Die Roboter Affen haben sich weitverbreitete kulturelle Einflüsse aus vielen Ursprüngen zu eigen gemacht, um eine künstliche Mythologie herzustellen. Sie gedeihen durch die Wegwerfmentalität der Menschen - "ersetzen, nicht reparieren". Vollkommen funktionstüchtige weggeworfene Gegenstände spiegeln vielfach deren Gesellschaft wider.

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