Keine Angst vor Schulbeginn

Keine Angst vor Schulbeginn
Jedes Kind hat seine Stärken – die kann es nutzen, um seine Schwächen zu schwächen.

Die Sommerferien haben doch gerade erst begonnen – so das subjektive Gefühl vieler Eltern und Schüler. Aber leider: Die schönen Tage sind fast schon wieder vorbei. Im Osten Österreichs beginnt in drei Wochen bereits wieder die Schule. Das bedeutet bald wieder Stress für die ganze Familie: Stifte und Handarbeitskoffer müssen besorgt, Jausenbrote sollten gemacht, Hausübungen kontrolliert werden. Lotterleben ade.

Denn Mütter und Väter fühlen sich in Sachen Bildungserfolg in der Pflicht wie noch nie. Sie wollen ihre Kinder zu Höchstleistungen anspornen – aus Angst, der Nachwuchs könnte später als Erwachsener in der Leistungsgesellschaft nicht reüssieren. Experten sprechen deshalb gar von Bildungspanik, die sich ausbreitet.

Sicher – eine gute Ausbildung ist wichtig. Doch Kinder brauchen Eltern, die ihnen Rückhalt geben und helfen, statt schimpfen, wenn es einmal nicht so gut läuft.

Stress reduzieren

Wie Eltern, Lehrer und Schüler das neue Schuljahr besser angehen können, damit der Stress nicht zu groß wird, zeigt eine Broschüre, die das Familienministerium heuer zum dritten Mal herausgibt. Titel: "Schule – das schaffen wir." Der Leitfaden wurde in Kooperation mit der Bildungspsychologin Christiane Spiel von der Uni Wien und dem Handelsunternehmen Libro erstellt. Heuer ist er dem Thema "Stärken stärken" gewidmet.

Damit Kinder mit diesen Tipps etwas anfangen können, wurden vorab Schüler zwischen acht und zwölf Jahren befragt, welche spielerische Förderung sie besonders gut finden. Schließlich wurden jene Tipps zusammengetragen, die bei Kindern beliebt und von Forschern gutgeheißen werden. Besonders angetan waren die Schüler laut Psychologin Spiel vom "Millionenshow spielen", was sowohl in der Schule als auch in der Familie leicht umzusetzen ist. Der Clou: Die Fragen müssen – anders als bei herkömmlichen Varianten– von den Kindern selbst formuliert werden. Sie überlegen sich auch die richtige sowie – wie bei der Millionenshow – die falschen Antworten.

A, B, C oder D

Die Kinder wählen das Thema, was garantiert, dass sie hier ihre Stärken einbringen. Denn gerade für die falschen Antworten muss das Kind viel wissen, damit nicht gleich klar ist, ob A, B, C oder D richtig ist. Das Kind erweitert sein Wissen zum favorisierten Thema sogar. Denn: Um Fragen und falsche Antworten zu formulieren, muss es meist noch einiges nachlesen oder im Internet suchen.

Psychologischer Nebeneffekt: Schüler erleben, wo ihre Stärken liegen. "Dieses Wissen um die eigenen Talente gibt Selbstvertrauen. Und Selbstvertrauen ist eine wichtige Voraussetzung für weiteres Lernen und für die Bewältigung von Herausforderungen in der Schule oder auch später im Beruf", kommentiert Spiel. Heißt: Wer sich seiner Stärken bewusst ist, kann das nutzen, um auch seine Schwächen zu minimieren. Spiel erklärt das folgendermaßen: "Wo jemand Stärken hat, dort kann er etwas. Das bedeutet für den Schüler, dass er bei einem Thema weiß, wie er lernt und wie er sich konzentriert. Dieses Wissen, die Lernstrategien und das Selbstvertrauen kann er auf die Bereiche, wo er nicht so gut ist, übertragen."

Fokus auf Schwächen

Oft ist es für Eltern und Lehrer nicht auf den ersten Blick klar, wo ein Kind seine Talente hat. Schließlich liegt in der Schule ja meist der Fokus darauf, welche Schwächen ein Kind hat und wie diese auszumerzen sind. Was können Eltern und Lehrer also sonst noch tun, um festzustellen, wo ein Schüler besonders begabt ist? Die Antwort der Expertin: "Wichtig ist, dass sich Eltern und Lehrer für die Interessen und Stärken der Kinder interessieren. Sie sollen sich darüber erzählen lassen, zuhören, mitmachen, wenn Kinder etwas unternehmen."

In der Praxis kann so etwas über den sogenannten Klassenrat passieren, der bei Kindern besonders beliebt ist: "Schülerinnen und Schüler schreiben auf Zettel, was sie bedrückt, freut oder interessiert, und werfen das Papier in eine Box. Diese wird ein Mal pro Woche geleert, von Kindern vorgelesen und besprochen. Lehrer – oder in der Familie die Eltern – lernen so ihre Kinder noch besser kennen und können es in der Folge unterstützen."

Beim Talentesuchen helfen die Eltern auch, wenn sie ihre eigenen Interessen und Stärken aktiv mit dem Kind teilen: Den Sohn beim Kochen mithelfen lassen, die Tochter in den Wald oder auf den Fußballplatz mitnehmen – auch so entdecken Kinder manchmal ihre Stärken. Wer mit dem Kind zudem über interessante Dinge redet, die es in der Schule gehört und gelernt hat, fördert ebenso die Lust am Lernen.

Weiterer Tipp: "Freuen Sie sich mit Ihrem Kind über Lernerfolge. Schauen Sie sich nicht die Fehler an, wenn es einen Test gemacht hat, sondern sehen Sie sich lieber an, welche Fortschritte es gemacht hat. Das motiviert."

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