New York City von seiner menschlichsten Seite

Es passiert nicht alle Tage, dass der Präsident der Vereinigten Staaten einen Facebook-Beitrag kommentiert – noch dazu einen, der nichts mit seiner Politik zu tun hat. Das Foto eines Buben, der all seine Marillen verschenkt, anstatt sie selber zu essen, hatte Barack Obama so berührt, dass er sich auf der Seite von "Humans of New York" verewigte. "Was für eine inspirierende Geschichte", schrieb er. "Hoffentlich verliert dieses Kind nie den Willen, anderen zu helfen."

Obama ist einer von 15,7 Millionen Menschen, die regelmäßig über die Porträts von Brandon Stanton lachen, staunen, nachdenken. Vor fünf Jahren begann der US-Amerikaner, Menschen auf den Straßen New Yorks zu fotografieren und die Bilder auf seinem Blog zu veröffentlichen. Als er Tausende Fotos beisammen hatte, kam ihm die Idee, Zitate hinzuzufügen. "Die Aussagen wurden immer länger, bis ich irgendwann jeden, den ich fotografierte, 15 bis 20 Minuten lang interviewte", schreibt der 31-Jährige im Vorwort seines neuen, bereits zweiten Buches, das aus den mittlerweile 10.000 Bildern und Zitaten entstanden ist. "Seitdem ist der Blog dazu da, die Geschichten von Fremden auf der Straße zu erzählen."

Seine Porträts repräsentieren die Vielfalt der Millionenmetropole: Da ist die Frau mit den drei Jobs, die ihre Kinder aufs College schicken will; da ist das Mädchen, das Steine sammelt; da ist der Ex-Junkie im Business-Anzug. Ob tragische Schicksale oder witzige Details – Stanton, studierter Historiker und Baseballcap-Träger, schafft es, all seinen "Models" Persönliches zu entlocken. Oft, sagte er CNN, frage er die Menschen, was sie bereuen und was ihre größten Konflikte im Leben sind. Die Antwort ist bei den meisten gleich: eine Balance zwischen Job und Familie zu finden. Das sei es auch, was er von seinem Projekt gelernt habe: weniger zu arbeiten und mehr Zeit mit Menschen zu verbringen, die man liebt.

www.humansofnewyork.com