Die zehn wichtigsten Fakten zur Zentralmatura

Heute beginnt die Zentralmatura - wie die Aufgaben versendet werden, was erlaubt ist und was nicht.

Im Prüfungsstress sind diese Woche nicht nur Maturanten, sondern auch Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Nach der holprigen Generalprobe im Vorjahr startet die Zentralmatura für alle AHS. Heute steht Deutsch auf dem Prüfungsplan, am Mittwoch folgt Englisch und kommenden Montag Mathematik. So läuft die "standardisierte kompetenzorientierte Reifeprüfung an AHS" ab.

Wer darf zur Matura antreten?

Jeder AHS-Schüler, der die 8. Klasse in allen Fächern positiv abgeschlossen hat, darf zur Prüfung. "Nicht genügend" mit einer Jahresprüfung bei der Matura ausbessern – das geht nicht mehr. Jetzt können Kandidaten vor der Matura eine Wiederholungsprüfung ablegen. Zugelassen ist auch, wer seine vorwissenschaftliche Arbeit (VWA) nicht abgegeben oder bestanden hat. Denn die VWA ist neben der schriftlichen und der mündlichen Prüfung eine von drei Säulen der Zentralmatura. Die drei Blöcke können auf Termine im Sommer, Herbst oder Frühjahr 2016 aufgeteilt werden.

Wie kommen die Aufgaben an die Schule?

Ab 20. April wurden die gedruckten Maturaaufgaben mit der Post versendet. Diese liegen mittlerweile in den Safes der Schulen. Um Pannen wie im Vorjahr zu vermeiden, erhalten alle Schulleiter am Prüfungstag um 6.30 Uhr einen Code per SMS, mit dem sie die Fragen aus dem Internet laden und bei Bedarf ausdrucken können.

Zu welcher Uhrzeit beginnen die Prüfungen?

Das kann jede Schule selbst festlegen. Denn organisatorisch ist ein einheitlicher Beginn kaum möglich, da die öffentlichen Verkehrsmittel häufig den Terminplan vorgeben. Zudem braucht die Schule einen Spielraum. Sollte es zu einem Stau, einer Panne bei der U-Bahn oder anderen Zwischenfällen kommen, kann der Direktor reagieren.

In welchen Fächern treten alle Maturanten an?

Alle treten in Deutsch, Mathematik und einer lebenden Fremdsprache zur schriftlichen Prüfung an. Wählen Maturanten ein viertes Fach, müssen sie nur zwei anstatt drei mündlicher Prüfungen ablegen.

Welche Hilfsmittel sind erlaubt?

Es dürfen jene Hilfsmitteln benutzt werden, die zuvor in der Schule erlaubt waren: In Mathematik sind das Taschenrechner oder Laptop, in Deutsch ist es das Wörterbuch in Papier- oder elektronischer Form. Die Autokorrektur muss ausgeschaltet sein. Das ist schwierig zu kontrollieren und führt zur nächsten Frage:

Wie soll das Schummeln verhindert werden?

Direktoren haben dafür zu sorgen, dass die Schüler keine "unerlaubten Hilfsmittel" verwenden. In der Praxis sind das heute kaum noch Schummelzettel, sondern elektronische Helfer wie Smartphone, iPod oder USB-Stick. Sie müssen deshalb vor dem Test abgegeben werden. Wer Geräte behält und beim Mogeln erwischt wird, der wird in diesem Fach nicht benotet und darf erst im Herbst zur Prüfung antreten.Wer schummelt und erwischt wird, ist jedenfalls schlechter dran als der, der einen Fleck auf eine Klausur hat.

Wie wird benotet? Wann weiß der Maturant, ob er die Prüfungen bestanden hat?

Für alle Fächer gibt es ein Bewertungsschema, an das sich die Korrektoren zu halten haben. Welche Noten in einem Fach der Schüler hat, wird bei der Beurteilungskommission festgelegt, die z. B. in Wien am 21. Mai tagt. Sollte ein Schüler in einem Fach durchfallen, so muss das "Nicht genügend" im Sinne der Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO) begründet werden. Wer einen "Fleck" bekommt, hat bis 27. Mai Zeit, sich zu entscheiden, ob er eine Kompensationsprüfung macht. Damit erreicht er bestenfalls einen Dreier im Maturazeugnis. Er kann im Herbst zur 1. Wiederholung antreten und wahrt so die Chance auf einen Einser.

Wie läuft die mündliche Matura ab?

Die meisten Schulen werden erst nach Fronleichnam, am 8. Juni, mit der "Mündlichen" beginnen – auch wenn der erstmögliche Termin der 3. Juni ist. Für jedes Fach gibt es einen Pool von 12 bis 24 Aufgaben mit je 2 Fragestellungen – abhängig von der Wochenstundenzahl des Prüfungsfachs. Daraus werden zwei Aufgabenbereiche gezogen, einen davon sucht sich der Schüler aus. Der Lehrer teilt aus diesem Bereich eine Aufgabe zu, die den Schülern zuvor nicht bekannt sein darf. Über das Ergebnis der mündlichen Prüfung entscheiden Direktor und Klassenvorstand mit je einer Stimme sowie Prüfer und fachkundlicher Beisitzer, die gemeinsam eine Stimme haben.

Wie kann man gegen einen Fünfer berufen?

Erst wenn alle drei Teile – VWA, mündliche und schriftliche Prüfung – absolviert wurden, kann ein Widerspruch eingelegt werden: in erster Instanz beim zuständigen Landesschulrat, in zweiter beim Bundesverwaltungsgericht.

Was passiert, wenn ein Schüler verhindert ist?

Ist ein Maturant krank, so kann er zu den Ersatzterminen im Herbst (ab 17. September) oder Winter (ab 11. Jänner 2016) antreten. Sollte ein Schüler noch während des Haupttermins gesund werden, ist ein Einstieg in die laufenden Prüfungen jederzeit möglich. Kein Grund, die Nerven wegzuwerfen.

Zeitpläne für den Haupttermin und die beiden Nebentermine im Schuljahr 2014/2015 siehe hier.

In elf Tagen ist Startschuss für die Zentralmatura. Dann werden alle 20.000 AHS-Schüler über den gleichen schriftlichen Prüfungsaufgaben sitzen. Am 5. Mai steht Deutsch auf dem Terminplan, am Tag darauf Englisch. Spannend wird für viele der 11. Mai, der Tag der Mathematikmatura.

So wie für Marie Spreitzer, Schülerin an der Neulandschule in Wien. Sie hat großen Respekt vor diesem Fach: "Früher war es einfacher", ist sie überzeugt: "Du hast ein Beispiel im Buch verstanden und nach diesem Schema ähnliche Aufgaben gelöst. Heute sind die Aufgabenstellungen vor allem für Nicht-Mathematiker anspruchsvoller. Es ist auch unfair, dass wir die gleichen Aufgaben haben wie die Schüler vom Realgymnasium, obwohl wir weniger Unterricht haben. Wäre mir das von Anfang an bewusst gewesen, hätte ich den naturwissenschaftlichen Zweig gewählt."

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Marie Spreizter
Ganz entspannt ist hingegen Carina Ambrus von der AHS Maroltingergasse. "Bei uns ist die Probeschularbeit des BIFIE ganz gut ausgefallen. Vor Mathe fürchte ich mich also nicht." Etwas ambivalent sieht sie die Benotungskriterien für Deutsch: "Ein Beistrichfehler zu viel und du bist durchgefallen."

Bravourös gemeistert haben die Schülerinnen die Präsentation ihrer vorwissenschaftlichen Arbeiten (VWA). "Da beschäftigst du dich mit einem Thema, das dir gefällt. Ich habe eine VWA zum Thema Meniskustransplantationschirurgie geschrieben." Schließlich will sie nach der Matura Medizin studieren. Die Aufnahmeprüfung ist bereits am 3. Juli: "Das ist natürlich sehr knapp – nur zwei Wochen nach der mündlichen Matura im Juni. Weil ich aber drei mal die Woche einen Vorbereitungskurs für den Test mache, bin ich da gelassen."

Marie Spreitzer weiß auch schon, was sie nach der Matura machen will: "Ich möchte Chemie studieren." Ihre mündliche Prüfung wird sie in "Ernährungswissenschaften und Chemie mache. Da freue ich mich schon auf die mündliche Prüfung – eine gute Vorbereitung für die Uni."

Schlechtes Timing

Unzufrieden sind Schüler- und Elternvertreter wie Theodor Saverschel mit der Planung der mündlichen Matura: "Die Termine werden zu spät bekannt gegeben. Und auch auf die Ergebnisse müssen die Schüler zu lange warten. Uns wäre eine Bekanntgabe vor der schriftlichen Matura am liebsten." Hintergrund: Bisher dauerte die mündliche Matura meist drei Tage, jetzt kann sie bis zu zwei Wochen dauern. "Da würde ich gerne wissen, ob ich in zwei Tagen Englisch und in zehn Tagen Mathe." Zudem ist auch der Fragenpool größer als früher. Eine Regelung könnte bei der heutigen Sitzung der Bundesreifeprüfungskommission gefunden werden.

Lautes Glockenläuten. Frisch gewischter Boden. 17 Räume mit Tafeln auf 1600. Geräusch, Geruch wie das Gebäude lassen auf eine Schule schließen. Allein, es ist streng genommen keine. Die Maturaschule Dr. Roland in Wien ist – wie die Konkurrenz (Humboldt, Dr. Rampitsch u. a.) – eine GmbH; ob ihres Bestehens seit 1926 und der prominenten Schüler (siehe Bilder) mittlerweile so etwas wie eine Institution.

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Attila Dogudan

Wer hierher kommt, hat BHS oder AHS verlassen und ein Ziel: die Matura. Und die erlangen jene 420 Schüler, die Direktor Matthias Roland lieber Studenten nennt, ohne AHS-Zentralmatura-Regelung. Ohne die von vielen gefürchtete wie gescholtene vorwissenschaftliche Arbeit (VWA). Warum?

"Die Externisten wurden bei der Gesetzesänderung schlichtweg vergessen. Das ist insofern skurril, als dass Externisten seit jeher bei bis zu drei unabhängigen Prüfungskommissionen ihre Prüfungen ablegen. Man hätte von unserer Erfahrung auch profitieren, Synergien nutzen können," sagt Roland, der die Schule in dritter Generation führt.

Schwierigkeiten

Wann und inwiefern die Zentralmatura in Kraft treten wird, ist ungewiss. "Nach jüngster Rücksprache mit dem Ministerium und dem Stadtschulrat wird es wohl bis 2018 dauern, bis die Zentralmatura auch für Externisten gilt." Wer sich also jetzt entschließt, die bis zu drei Jahre dauernden Kurse für die Reifeprüfung bei einem Weiterbildungsinstitut zu absolvieren, fällt unter die alte Regelung.

Roland rechnet damit, dass es im Sinne der Rechtssicherheit eine Übergangsregelungen geben wird. "Studentinnen und Studenten müssen in einem Bescheidantrag bekannt geben, in welchen Fächern sie mündlich und schriftlich zur Matura antreten. Von einer VWA ist darin noch nicht die Rede."

Zudem ortet er mögliche Schwierigkeiten bei den Prüfungskommissionen selbst.

Sie müssen parallel einerseits die Zentralmatura bei AHS-Schülern mit den Prüfungsfragen des bifie (Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens) abnehmen, und andererseits Externisten nach der alten Matura-Regelung prüfen.

Dass die Zentralmatura überhaupt eingeführt wurde – "ganz unabhängig aller technischer Schwierigkeiten beim Hochladen der wissenschaftlichen Arbeiten und vielem mehr" – kommt dem Unternehmer zupass. Er profitiert insbesondere von der Nachfrage der Siebt- und Achtklassler wie der Lehrer selbst. Auf alle steige der Druck durch die Evaluierung der Zentralmatura enorm.

Waren vor 15 Jahren Abendklassen oftmals von vielen Berufstätigen gut besucht, sind es jetzt vornehmlich Vormittagsklassen mit 17-, 18-, 19-jährigen Mädchen und Burschen. Gut die Hälfte von ihnen hat Migrationshintergrund. "Wir spüren wachsende Unruhe aus religiösen und politischen Gründen, aber in sehr abgeschwächter Form", sagt er, klopft auf den Tisch und führt aus: "Zwischenfälle hat es bei uns noch nie gegeben. Ich sorge dafür, dass die Stimmung bei uns sachlich und ausgeglichen bleibt." Und: "Je schwieriger der Hintergrund, desto mehr sind die Menschen bereit, über sich hinauszuwachsen."

Ahnungslosigkeit

Dass seine eigene 17-jährige Tochter seit geraumer Zeit die Maturaschule besucht, spricht gleichsam für sich respektive ihn und gegen die AHS. "Leider – das liegt am System." Die Vorgeschichten seiner Studenten seien nahezu ident: In öffentlichen Schulen verwarnt oder durchgefallen, mit dem immanenten Gefühl, es als dummer Schüler nicht zu schaffen. Tausende haben es über die Jahrzehnte geschafft. Gelernt. Maturiert. Studiert. Doch wie?

Unabdingbar sei, betont der dreifache Familienvater immer wieder: "Kein Zwang und kein ,den Eltern zuliebe‘". Wer aktiv lernt, zu 90 Prozent im Unterricht anwesend ist, wird zu 95 Prozent die Matura schaffen." Der Weg dorthin kann bei Septimanern (Schülern der 7. Schulstufe) mit einem Jahr kurz, oft auch steinig sein.

"Bei vermeintlich allgemein bildenden Themen stoßen wir oft auf Ahnungslosigkeit. Man kann überhaupt nicht mehr von Grundlagen oder Grundkenntnissen ausgehen." Deshalb beginnt jeder Kurs in den vier Hauptfächern (Deutsch, Mathematik, zwei Fremdsprachen) mit der Auffrischung von Basiswissen. "In Deutsch nehmen wir beispielsweise die komplette Grammatik und neue deutsche Rechtschreibung, in Mathematik die Grundrechenarten durch, ehe wir darauf aufbauend in die Tiefe gehen."

Bauchgefühl

Heißt im Klartext, dass seine 31 fix angestellten Lehrer in den vier Haupt- wie neun Nebenfächern grundlegendes Wissen lehren müssen, weil es zuvor verabsäumt wurde?

"Ja, tatsächlich. Das liegt an den Jugendlichen, dem Elternhaus und an den Lehrern selbst. Im österreichischen Schulsystem kann man sehr lange ein schlechter Lehrer sein." Wie er Letztgenannten entgeht, habe mit Bauchgefühl beim Einstellungsgespräch, Erfahrung und Prüfungsergebnissen zu tun.

Nach drei Monaten tritt ein Externist in einem Nebenfach zur ersten externen Prüfung an. "Der Lehrer fiebert bei der Prüfung am meisten mit. Wenn die Schüler bestehen, wissen er wie ich, dass er ein guter Lehrer ist." Wenn nicht, kann Direktor Roland – im Gegensatz zum öffentlichen Schulsystem – das Dienstverhältnis einfach auflösen. Davon hat er in den letzten 20 Jahren keine fünf Mal Gebrauch gemacht.

Je mehr Schüler und Lehrer zu ihm kommen wollen, desto mehr Gedanken macht er sich – wie jetzt im KURIER-Gespräch – über den Sinn der Zentralmatura.

"Wollen wir eine differenzierte, gebildete Gesellschaft, oder verlangen wir von Maturanten einheitliche Kompetenzen nach dem Motto: ,Jeder, der die Matura hat, soll tunlichst das gleiche wissen und können?‘ Oder wollten wir mit der zentralen Reifeprüfung die Qualität der Lehrer prüfen? Wenn ja, dann ist die Matura der denkbar späteste und schlechteste Zeitpunkt dafür."

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