In diesen Raunächten ist es Tradition, Haus und Hof auszuräuchern. Manche tun das nur einmal, manche mehrere Male in diesen Tagen, einige räuchern nur im Haus, andere gehen auch rund herum. Macht man es so, wie es Tradition ist, schreitet der Mann betend voran, trägt dabei Pfanne oder Schaufel, in die er Glut gegeben hat, dazu Weihrauch und geweihte Kräuter oder Teile des Palmbuschs. Begleitet wird er dabei von Frau und Kind, die oft noch Weihrauch schwenken.
Jede Region hat so ihren eigenen Brauch, weiß die Ethnologin. Ein Salzburger Spruch in den Raunächten lautet etwa: „Glück herein, Unglück hinaus“. In Tirol stellten sich alle Hausleute im Kreis auf und erhielten einzeln den Rauchsegen.
Seit dem Spätmittelalter
So oder so ähnlich geschieht das im alpinen Raum schon seit dem Spätmittelalter. Woher der Brauch stammt, könne man heute nicht mehr sagen: „Ich glaube nicht, dass er von den Kelten oder Germanen kommt, wie oft gesagt wird. Schließlich gibt es das Christentum schon zweitausend Jahre – und da haben sich auch manche Rituale entwickelt.“
Was auffällt: „Es zieht nicht der Priester durch das Haus, sondern die Familie“, sagt Wolf. „Mit dem Ritual will man so Haus und Hof reinigen – es soll Segen bringen und gleichzeitig Unheil abwehren.“
Dämonen austreiben
Für den Theologen Toni Faber geht es dabei durchaus auch darum, „die Dämonen in uns selbst auszutreiben. Es ist ja die Jahreszeit, die uns depressiv macht, weil die Nächte so lang sind und es draußen so kalt ist. Da wird man schnell heruntergezogen, wehleidig und auch ein wenig ich-bezogen.“
Wohl ein Grund, warum die Kirche Teil dieser Tradition wurde – zumindest am Ende der Raunächte: „Rund um die Heiligen Drei Könige werden Kreide, Kohle und Weihrauch gesegnet. Mit der gesegneten Kreide werden am 6. Jänner die Häuser gesegnet. Und mit der Kohle werden die Häuser zum Abschluss der Raunächte ausgeräuchert“, erzählt Faber.
Historisch galten die Raunächte als unfallträchtig, erzählt Helga Maria Wolf. „Es bestanden Arbeitsverbote für Tätigkeiten wie Holzspalten, Pferde beschlagen, Forstarbeiten oder Schlachten. Man sollte auch keine Wäsche waschen bzw. zum Trocknen aufgehängt lassen.“
Manches Ritual hat sich bis heute erhalten. Wolf bevorzugt übrigens die Schreibweise „Rauhnächte“ und nicht „Raunächte“: „Das Wort kommt wohl von Rauch“, begründet sie das. Eine andere Erklärung ist, dass es sich von dem mittelhochdeutschen Wort „rûch“ herleitet, das „haarig“ bedeutet und sich auf raue, bockfüßige Dämonen bezieht, die in diesen Nächten ihr Unwesen treiben.
Als Ethnologin kennt sie noch weitere Bräuche rund um die Raunächte. Eines ist die Maulgabe, die das Vieh am Heiligen Abend, zu Silvester und Dreikönig erhielt: „Die Bäuerin schnitt für jedes Tier zwei fingerdicke Scheiben einer schönen Rübe und versah diese mit Dreikönigssalz und je drei Weidenkätzchen vom Palmbuschen.“
Viele Menschen knüpfen wieder an die Tradition der Raunächte an oder interpretieren sie neu – darunter Esoteriker, Energetiker, Schamanen oder Yogis. Manche machen daraus ein Geschäft und bieten passende Kurse an, dabei auch ausgefallene wie „Rauhnächte mit deinem Tier erleben“. Andere wollen die innere Kraft in uns wecken.
Wie auch immer, Dompfarrer Toni Faber ärgert das in keiner Weise. Er bezeichnet dies stattdessen als „Angebot von interessanten Mitbewerben“.
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