Die Idee ist sogar schon vor der Pandemie entstanden. Wie genau?
Ich bin Bildhauerin und habe damals mit meinem Sohn Felix in London gelebt. Meine Mutter, seine Oma, hat ihn schmerzlich vermisst. Da ich viel mit Abgüssen von Silikon und hautähnlichem Material gearbeitet habe, habe ich mir überlegt, dass ich meiner Mama einen Handabdruck von Felix zum Halten schenken könnte. Ich habe viel experimentiert, aber es hat funktioniert. Sie hat einen Abdruck bekommen und war ganz glücklich.
Kurz danach wurde der Lockdown verhängt, und Ihre Idee bekam eine ganz neue Bedeutung.
Als wir zurück in Wien waren, hat mir eine Freundin erzählt, dass ihr blinder Schwiegervater alleine im Krankenhaus an Covid verstorben ist. Sie sagte mir, sie hätte nichts lieber gehabt, als noch einmal seine Hand zu halten. Denn sie hat ihn ihr halbes Leben an der Hand gehalten, zum Einkaufen geführt oder zum Spazierengehen. Da dachte ich: Es muss einen Weg geben, den Abdruck für alle zugänglich zu machen.
Was unterscheidet Ihr Material von einem gewöhnlichen Gipsabdruck?
Zusammen mit einer deutschen Firma habe ich eine selbsthärtende Knetmasse entwickelt – weiß, in einer weich-griffigen Konsistenz, die dem Hautgefühl sehr nahe kommt. Ich selbst habe sehr runzelige Hände, in meinem Abdruck erkennt man jede Rille. (lacht) Ich wollte unbedingt, dass es jeder selbst zu Hause herstellen kann.
Welche Rückmeldungen von Kunden haben Sie zuletzt besonders berührt?
Von einer jungen Mama, die mit einem unheilbaren Karzinom im Krankenhaus lag und ihr Kind schrecklich vermisste. Sie hat vor Glück geweint, als sie den Abdruck bekommen hat. Eine andere Geschichte hat mir eine Freundin erzählt: Ihre kleine Tochter konnte abends alleine in ihrem Zimmer oft nicht einschlafen. Jetzt kann sie die Hand ihrer Mutter halten, wenn sie Angst bekommt. Ich habe ihr extra einen leuchtenden Abdruck angefertigt.
Ihr Produkt richtet sich, gerade während der Pandemie, an Paare in Fernbeziehungen. Sprechen Sie auch Singles an?
Selbstverständlich! Die eigene Hand, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen, ist die beste. Wenn man den eigenen Handabdruck in der Hand hat, passt das einfach immer. Man kann sich quasi selbst die Hand halten – das ist ein angenehmes, beruhigendes Gefühl. Wie so ein personalisierter ergonomischer Stressball.
Was kann Ihr „Bondee“, was ein Videochat oder Telefongespräch nicht kann?
Irgendwann hat man keine Lust mehr zu telefonieren, man will einfach nur zusammen sein. Die Nachfrage ist gerade jetzt im Lockdown groß. Ich bemerke eine generelle Frustration – die Leute sind abgestumpft, sie entwickeln eine Emotionslosigkeit, werden phlegmatisch. Wir hängen alle dauernd auf Instagram, in einer abstrakten Bilderwelt. Die Haptik fehlt – vielleicht könnten die Bondees dazu beitragen, dass man wieder mehr bei sich ist und nicht nur auf Screens schaut. Dass die Knetmasse nach dem Abdruck nicht sofort aushärtet, soll ja auch Entschleunigung darstellen. Eine gemeinsame Aktion, die verbindet. Das brauchen wir jetzt dringend.
Irgendwann wird die Zeit der auferlegten Distanz – hoffentlich – vorbei sein. Braucht es Ihr Produkt dann noch?
Gerade wenn ein Leben zu Ende geht, gibt es ein großes Bedürfnis, jemanden festzuhalten, eine haptische Erinnerung an die Person bei sich zu tragen. Manche wollen das nicht, für viele ist es tröstlich. Auch abseits davon tun sich Möglichkeiten auf – ich denke da etwa an einen Handabdruck von Justin Bieber. (lacht) Wie viele Mädchen würde man damit glücklich machen?! Das wäre doch total super.
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