Zum Füllen ihres Warenkorbs brauchen die Zweitklässler nur zwei Blätter Papier und eine Schere. Damit schneiden sie eifrig die auf dem ersten Blatt aufgedruckten Lebensmittel aus. Diese landen dann, feinsäuberlich, in ihrem „Korb“.
Was die Kinder nach ihrem Verständnis für den Lebensmittelbedarf einer Familie für ein Wochenende einfüllen, unterscheidet sich enorm. Ein Korb enthält etwa Bratwürstel, Burger, zweierlei Wurstsorten, dazu gibt es Brot, Cola und bunte Frühstücksflocken mit Milch. Das Bündel Bananen wirkt fast wie ein Fremdkörper, Gemüse sucht man überhaupt vergeblich.
Gesund, schmackhaft, vielfältig und nachhaltig – das war die Vorgabe, die das Team des EDDY-Projekts mit dieser Zusammenstellung den teilnehmenden Kindern aufgaben. „Die Warenkörbe wurden sehr unterschiedlich gestaltet“, sagt Projektleiterin Viktoria Donhauser. „Zum einen gab es Schüler, die nur Obst und Gemüse in den Warenkorb ‚gelegt’ haben, zum anderen gab es Schüler, deren Warenkorb nur aus tierischen Produkten und Süßigkeiten bestand.“
Um „gute“ und „schlechte“ Lebensmittel geht es bei diesem Projekt des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin (ÖAIE) aber nicht. Ernährungsmediziner Kurt Widhalm, Leiter des ÖAIE, erklärt: „Wir wollen weg von einer eindimensionalen Bewertung eines einzigen Lebensmittels.“ Es sei eine „völlig neue Strategie“, die hier umgesetzt werde.
„Wir wollen eine Zusammenstellung für mehrere Tage. Denn ein Lebensmittel alleine ist nie schlecht, es ist immer die Summe.“ Daher lässt er die Kinder den Warenkorb füllen. „Der Inhalt soll schmecken, nachhaltig und leistbar sein.“
Falsche Vorstellungen
Er erlebt oft, dass Kinder falsche Vorstellungen von Lebensmitteln haben. Der Zusammenhang zwischen Gesundheit und Ernährung beschäftigt Widhalm seit vielen Jahren. Vor allem Prävention ist ihm wichtig. Das Problem: „Kinder wissen relativ wenig über Ernährung“, sagt er. Auch die Bewegung komme im Alltag zu kurz. Mit den bekannten Folgen wie Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes.
Genau dort will Widhalm mit dem Projekt EDDY ansetzen, spielerisch und dem Alter entsprechend. „Kinder sind sehr wissbegierig. Mit den richtigen Techniken kann man ihnen auch Ernährungskompetenz vermitteln.“ Das heißt, das EDDY-Team kommt wöchentlich in die am Projekt teilnehmende Schulklasse und vermittelt die oft sperrigen Ernährungsthemen praxisorientiert. Zwei Stunden pro Woche sind dafür vorgesehen. Die Grundlage des Programms ist eine umfassende Ernährungsschulung, ebenso gibt es regelmäßige Bewegungseinheiten.
Das Projekt wird von Widhalm auch wissenschaftlich begleitet. Zu Beginn und Ende werden die Kinder untersucht und ihre Body-Mass-Verteilung festgehalten. Diese durchgeführten sportmedizinischen Untersuchungen zeigen immer wieder den Handlungsbedarf: Zwischen elf und 14 Prozent der Kinder haben bereits deutliches Übergewicht, zwischen drei und neun Prozent sind sogar adipös, also hochgradig übergewichtig.
Messbarer Erfolg
Der Erfolg des Projekts ist messbar: „Die Kinder verfügen im Vergleich mit einer Kontrollgruppe ohne diese Einheiten über bessere Fitness und Körperzusammensetzung.“ Und auch der Warenkorb wird erneut zusammengestellt, die sichtbaren Unterschiede überraschen Widhalm immer wieder. Aufgrund dieser Vorschläge wird nach dem Projekt ein „Goldener Warenkorb“ aufgebaut, der die Erwachsenen informieren soll. Projektleiterin Donhauser bewertet einen Warenkorb dann positiv, wenn ein großer Anteil pflanzlicher Lebensmittel enthalten ist. Drei Viertel des Inhalts sollten es sein. Dazu punkten Obst- und Gemüsesorten, Vollkorn- statt Weißmehlprodukte sowie pflanzliche Fette aus Nüssen und Samen.
Bei Süßem sind die Kinder übrigens vorsichtig geworden. Widhalm: „Beim Einkauf für mehrere Tage kann aber durchaus auch einmal eine Tafel Schokolade im Warenkorb sein.“
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