Seifenopern & Inszenierungen
Also inszenieren wir ganze Seifenopern. Weil sich ein Satz wie Sorry, Hase, heute hatte ich keinen Orgasmus nicht einfach so dahinsagt. Es könnte womöglich so rüberkommen, als würde man nicht richtig funktionieren. Läuft nicht. Fehlanzeige. Womöglich geben wir dem anderen damit ebenfalls das Gefühl einer schlechten Performance, im Sinne eines „Du warst nicht gut genug“. Das kann weh tun. Deshalb gehen wir lieber den bequemeren Weg, schwindeln ein bisschen, schweigen oder reden Dinge schön. Um nicht zu verletzen, um Konflikte und Diskussionen zu umschiffen, die womöglich an Grenzen gehen oder die eigenen verletzen. In diesem Psycho-Schongang sind vor allem Frauen Weltmeisterinnen, wie eine Studie des Psychologen Robert S. Feldman aus dem Jahr 2002 zeigt. Sie wirkt nach wie vor „zeitlos schön“. Feldman untersuchte, wie oft Menschen lügen, wenn sie sich selbst präsentieren. Spannend wurde es vor allem in der Causa „Lust & Liebe“: Es sind nämlich Frauen, die mehr lügen als Männer. Sie tun so, als hätten sie jede Menge Orgasmen und loben den Herrn – von Kopf bis Fuß bis Geschlechtsteil. Motto: „Du bist der Beste, Größte, Schönste, Geilste.“ Das tun sie vor allem, um den Partner nicht zu verletzen, aus Rücksicht.
Anders die Männer. Sie flunkern vor allem, um sich selbst besser zu fühlen, im Sinne des gehobenen Selbstwerts. Motto: „Schau, wie super, wie kompetent, wie cool und sympathisch ich bin“. Da kann’s vorkommen, dass einer, der bisher in seinem Leben kaum mehr als fünf, sechs Damen abgeschleppt hat, in seinen Erzählungen zum ultimativen Sex-Hengst mutiert: „Tja, Unzählige habe ich schon in die Ekstase gevögelt, bekomme noch heute Dankesschreiben dafür …“ Eh rührend. Aber auch heikel, vor allem, wenn es darum geht, in einer Beziehung halbwegs authentisch zu sein. Wenn wir niemals zeigen, wer wir als sexuelles Wesen wirklich sind, wie wir tun wollen, was wir uns ersehnen, was und wer wir sind oder vielleicht noch sein mögen, dann hat der Partner/die Partnerin kaum eine Chance, mitzuwachsen und mitzutun. Was dann zwei eint, ist ein sexuelles Niemandsland, in dem sich keiner traut, zu sein, wie er ist. Stattdessen werden immer nur Erwartungen erfüllt. Irgendwo habe ich einmal folgenden Satz gelesen: „Das Schöne an den Sternen: Sie funkeln zwar, aber sie flunkern nicht.“ Ja. Am Ende ist es vor allem die Wahrheit, die Nähe schafft. Verbindung und Vertrauen. Und all das macht auch beim Sex sehr, sehr glücklich.
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