Funkloch, Akku leer, Handy vergessen
Neue, durchaus alarmierende, Daten zur Verbreitung des Phänomens lieferte kürzlich eine Studie aus Deutschland: Knapp die Hälfte der Befragten berichtet über nomophobische Tendenzen. Über vier Prozent sind von einer schweren Form der Angststörung betroffen. Langfristig könne Nomophobie in Einsamkeit, Depressionen und eine verminderte Impulskontrolle münden, warnen die Forschenden der Privaten Hochschule Göttingen.
Frauen seien häufiger betroffen. Womöglich aufgrund ihres stärkeren Bedürfnisses nach sozialen Bindungen und weil sie das Smartphone eher für kommunikative Zwecke nutzen, mutmaßt das Forschungsteam. Auf diese geschlechtsspezifischen Unterschiede hatten bereits frühere Erhebungen hingedeutet.
Doch was tun, wenn der Wohlfühlradius rund ums Smartphone immer kleiner wird? "Das Wichtigste ist, sich bewusst handyfreie Zeiten und Räume zu schaffen", sagt Psychotherapeut Dominik Batthyány von der Therapie- und Beratungsstelle für Mediensucht der Sigmund-Freud-Privatuniversität. Batthyány plädiert für ein Handyverbot im Schlafzimmer und rät, Apps zu reduzieren, automatische Benachrichtigungen zu deaktivieren, den Flugmodus öfter zu aktivieren und "den Bildschirm unattraktiv zu gestalten, beispielsweise durch einen Graustufen- oder Schwarz-Weiß-Modus".
Das Smartphone erfüllt inzwischen im Alltag etliche Funktionen. Auch eine Rückkehr zum Analogen sei laut dem Leiter des Instituts für Verhaltenssüchte der Sigmund-Freud-Privatuniversität sinnvoll: "Zum Aufstehen kann man sich wieder einen Wecker oder zum Zeitstoppen eine Eieruhr anschaffen."
Auch mal abschalten
Interessant, wenngleich laut Batthyány auch sehr naheliegend: Die Nomophobie scheint der aktuellen Studie zufolge mit der Furcht vorm Versäumen, besser bekannt als FOMO ("Fear Of Missing Out") verknüpft zu sein. Menschen mit Erlebniszwang legen demnach auch das Smartphone äußert ungern aus der Hand.
Um der Nomophobie – im Unterschied zu Tierphobien ist diese Form der Angststörung bisher nicht als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt – nachhaltig beizukommen, brauche es ein gesellschaftliches Umdenken: "Es existiert die generelle Erwartung ständiger Erreichbarkeit." Diese Haltung gelte es zu verändern und dem Umfeld offen zu signalisieren, "dass man eben nicht immer verfügbar ist. Dann ist der Druck nachzuschauen auch nicht mehr so groß."
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