KURIER: Mit welchen neuen Quellen konnten Sie arbeiten?
Katrin Unterreiner: Anlässlich des Jubiläums wollte ich die unbekannten und neuen Seiten ihrer Persönlichkeit zusammentragen, weil Elisabeth heute noch immer fasziniert und eine Ikone ist. Das Spannendste und Neue war für mich ihre Rolle als Großmutter. Bisher gab es bis auf die Tagebuchaufzeichnungen ihrer Tochter Marie Valerie keine Quellen, wie Elisabeth mit ihren Enkelkindern umgegangen ist. Zu ihrer Enkelin Ella, deren Taufpatin sie auch war, hatte sie offensichtlich eine engere Beziehung. Omama Elisabeth schreibt herzlich und versendet von ihren Reisen und Kuraufenthalten ganz entzückende Karten an das kleine Kind. Elisabeth war eine Persönlichkeit mit vielen Ecken und Kanten, aber durch diese neuen Aspekte, wird sie in einem anderen Licht dargestellt. Diese Ambivalenz fasziniert mich als Historikerin.
Was auch an Ihren Recherchen erstaunt: Wie groß das Privatvermögen von Elisabeth war.
Sie hat ihr eigenes Geld sehr clever und sehr smart angelegt und viel Geld mit Aktien und Anleihen gemacht – völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit. Sogar ihre Töchter waren nach ihrem Tod völlig erschüttert, wie groß das Vermögen ihrer Mutter war. Gelebt hat Elisabeth jedoch von der Großzügigkeit ihres Mannes.
Dass Sisi eine sehr gute Reiterin war, wusste man. Aber kann man auch sagen, dass sie wohl die beste Reiterin ihrer Zeit war?
Auf dem Gebiet der Parforce-Reitjagden wollte sie gut sein: Sie bewies nicht nur Talent und Fleiß, sie hat auch sehr hart trainiert. Elisabeth hatte die finanziellen Möglichkeiten: Sie konnte die besten Lehrer ihrer Zeit engagieren und konnte die besten Pferde kaufen. Sie hat wie heutige Hochleistungssportler trainiert und tatsächlich Aufnahme in die elitäre, englische Reitgesellschaft gefunden.
Vor Kurzem gab es ja auch auf Netflix eine Serie über die junge Kaiserin als sehr selbstbewusste Frau: War Sisi eine Feministin?
Elisabeth war keine Feministin. Sie hat sich nicht für gesellschaftspolitische Themen interessiert oder eingesetzt. Als Kaiserin hätte sie die Möglichkeit gehabt, gerade weil sie es geschafft hat, ein Privatleben durchzusetzen. Es ging ihr immer nur darum, für sich ein freies Leben zu haben. Sie hat sich nicht für die Rechte der Frauen eingesetzt, dabei hätte sie sich als gutes Beispiel einsetzen können. Nur weil sie ihr Leben nach eigenen Vorstellungen führen wollte, kann man sie nicht als Feministin bezeichnen. Sie hat nicht einmal ihre Schwestern unterstützt, die ihre eigenen Wege gehen wollten. Sie hatte kein Verständnis für andere Frauen, die das Gleiche wollten wie sie.
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