Beschreiben Sie uns bitte die aktuelle Lage in Lemberg.
Unsere Stadt ist zu einem humanitären Hub geworden: Wir kümmern uns um Unterkünfte für die Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten, und wir leiten auch humanitäre Hilfe aus dem Ausland dorthin, wo sie gebraucht wird.
Wie helfen Sie persönlich?
Ich helfe bei der Ausgabe von Kleidung für Flüchtlinge, da viele wenig zum Anziehen und oft auch nicht genügend Geld haben, um sich etwas Neues zu kaufen. Ich möchte später mit Flüchtlingskindern ehrenamtlich arbeiten und Workshops zum Thema Umweltschutz organisieren. Und ja, ich arbeite auch weiterhin fürs OeAD-Kooperationsbüro, poste auf unseren Social-Media-Kanälen und auf der Homepage über Stipendien, die Österreich für ukrainische Künstler und Wissenschaftler anbietet. Ich arbeite auch täglich an unseren Podcasts.
Wie geht es den Menschen, mit denen Sie zu tun haben?
Ich beobachte derzeit zwei Gruppen von Menschen in der Ukraine: Zunächst die, die in den Kriegsgebieten sind oder die diese Gebiete gerade verlassen, die persönlich vom Krieg betroffen sind. Viele von ihnen haben ihre Wohnung, ihre Arbeit, einige auch Freunde und Mitglieder ihrer Familie verloren. Sie sind traurig, demotiviert, wissen nicht, wie es weitergehen soll, versuchen, ihr Leben dort, wo sie sind, neu zu gestalten.
Und die zweite Gruppe?
Das sind die, die in den vorwiegend friedlichen Gebieten im Zentrum und im Westen der Ukraine leben. Viele von ihnen leiden wie ich am Survivor-Guilt-Syndrom.
Was macht dieses Schuldgefühl mit Ihnen?
Gut, wir helfen dort, wo wir gerade helfen können. Aber wir fühlen uns schlecht, weil unsere Mitbürger unter dem Krieg mehr leiden als wir. Ich würde schätzen, dass gut die Hälfte der Lemberger derzeit irgendwie freiwillig tätig ist. Auch meine Eltern in Transkarpatien helfen, sie haben bei sich zu Hause Leute aufgenommen. Viele meiner Freunde in der Ukraine und auch im Ausland engagieren sich beim Spendensammeln.
Das ist doch schön, oder?
Sehen Sie, ich habe das Glück, gesund zu sein, Arbeit und Unterkunft zu haben. Das Survivor-Guilt-Syndrom trifft mich dennoch hart, weil ich viele Freunde in den Kriegsgebieten weiß. Es haben auch einige in den vergangenen Tagen bei mir gewohnt. Mit anderen gibt oder gab es jedoch schon länger keine Verbindung. In diesem Moment fühlst du dich einfach nur hilflos. Aber diese Hilflosigkeit darf nicht lange andauern, weil unsere Hilfe hier gebraucht wird. Wir alle müssen helfen. Um am Ende zu gewinnen, weil einen anderen Ausweg sehe ich für mich und mein Land nicht.
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