Was hat Sie bei Ihren Recherchen besonders überrascht?
Etwa, dass das Klimakterium nicht Menopause heißt und sich Menopause nur auf die letzte Periode bezieht. Nicht einmal das wissen wir! Oder dass die Wechseljahre schon so früh, mit Ende dreißig, beginnen und zwanzig Jahre dauern können. Daher ist es mir wichtig, möglichst viele Frauen zu erreichen. Wenn sie das Theater verlassen, sollen sie das Gefühl haben: Ich bin okay, wie ich bin.
Warum gibt es so wenig Wissen, obwohl jede Frau irgendwann betroffen ist?
Es fließt zu wenig Geld in die Frauenforschung fünfzig plus, weil sich niemand dafür interessiert. Mit dem Stück will ich Frauen anregen, sich mit einem liebevollen Blick zu betrachten. Das gelingt oft nicht, wie ich in meinen Interviews mit vielen verschiedenen Frauen festgestellt habe.
Was war der Tenor?
Jede Zweite hat gesagt, dass sie sich seit dem Wechsel unsichtbar fühlt. Das hat mich erschüttert. Ich denke, die meisten betrachten sich mit einem „männlichen Blick“: Sie glauben, sie müssten so und so aussehen, um sexy zu sein. Das Schräge ist: Wenn man mit Männern redet, merkt man, dass die das gar nicht so sehen.
Daher auch der zweideutige Titel, „Fucking Hot“?
Genau. Damit ist gemeint, dass Frauen trotz Hitzewallungen heiß und begehrenswert sein können.
Wer redet den Frauen ein, wie sie auszusehen haben?
Die Medien und die Werbebranche, würde ich sagen. Ich war selbst irritiert, dass plötzlich mit Frauen geworben wird, die nicht aussehen wie Barbies. Mittlerweile liebe ich es, weil es in der Sekunde die Betrachtung ändert. Man ist automatisch entspannter. Ich würde mir wünschen, dass noch mehr ältere Frauen gezeigt werden. Aber dafür braucht es Mut.
Mavie Hörbiger hat 2021 eine Debatte angestoßen, weil sie mit 41 „zu alt“ für eine Rolle war. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen?
Natürlich merke ich, dass sich so gut wie niemand mehr für mich interessiert. Wenn ich spielen will, muss ich mir das selber schreiben und organisieren. Einmal habe ich Bewerbungsfotos machen lassen ohne Make-up und dann das Feedback bekommen, ich sei zu hässlich. Meine Freundin und Regisseurin Kristina Bangert hat den Satz gesagt: Heutzutage ist es ein Skandal, wenn man so alt aussieht, wie man ist. Das fasst die Problematik ganz gut zusammen.
Stars wie Naomi Watts oder Gwyneth Paltrow sprechen offen über ihre Beschwerden und vermarkten Wellnessprodukte für die Menopause. Wie finden Sie das?
Prinzipiell ist alles super, was in Richtung Enttabuisierung geht. Zu sagen: Ja, wir werden älter, wir verstecken uns nicht. Warum auch? Man ist doch nicht plötzlich hässlich ab fünfzig oder sechzig.
Apropos: War der Fünfziger für Sie ein kritischer Punkt?
Eigentlich nicht, ich empfand schon meinen Vierziger befreiend. Dazu kommt, dass ich in den vergangenen Jahren Menschen unter teilweise unfassbarem Leid verloren habe. (Anm.: Vater Gert Voss starb 2014 nach schwerer Krankheit, Mutter Ursula nur fünf Monate später.) Man muss dankbar sein für jeden Tag, den man gesund erleben darf. Alle Leute, die ihre Zeit damit verplempern, zu überlegen, ob sie sich das Augenlid auch noch straffen lassen sollen – die haben offensichtlich zu wenig Probleme.
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