Eine oft gehörte Antwort: Gartenzwerge oder vielmehr ihre Besitzer sind spießig – eine Aussage, die Hintringer, der selbst einige Kobolde besitzt, kopfschüttelnd zur Kenntnis nimmt: „ Es ist doch schön, wenn sich jemand zu seiner Spießbürgerlichkeit bekennt. Die größten Spießer sind sowieso die, die sich über Spießer aufregen“, stellt der Zwerg-Experte klar.
Doch welcher Typ Mensch kauft dies putzigen Gesellen tatsächlich? Ein Besuch in der Excalibur-City an der Grenze zu Niederösterreich, wo eine große Auswahl feilgeboten wird, gibt da leider wenig Auskunft.
Bei dem Lokalaugenschein wollen die Händler nicht reden – Kunden gibt es auch keine. Irgendwie verständlich: Für Familien mit kleinen Kindern sind die Verkaufsstände nicht unbedingt der geeignete Ort. Zumindest für Eltern, die keine große Freude daran haben, dass dort nackte Zwerge in ordinären Posen ausgestellt werden. Sie sind genauso Ladenhüter wie Buddhas und Leoparden.
Konkurrenz überholt
Am Ende sind ja alles Moden. Der Gartenzwerg mag zwar gerade an Attraktivität verlieren – doch er hat in den vergangenen Jahren schon einiges an Konkurrenz überlebt. Und in Krisenzeiten hat er sowieso nichts zu lachen. Anders war das in den 60er-Jahren, als der Wohlstand sich „breitmachte“ und das mit Zwergen im Vorgarten zum Ausdruck gebracht wurde. Eine Renaissance erlebten sie in den 90ern als Karikatur – in der Gestalt von Popgrößen oder Politikern
Die ersten „modernen“ Gartenzwerge wurden 1872 in Deutschland in einer Thüringer Terracotta-Manufaktur hergestellt und waren damals mit einem Meter Höhe stattliche Gesellen. Durch den regen Tourismus im Laufe des 19. Jahrhunderts fanden sie schnell auch andernorts ein Zuhause. Noch heute verkauft die Firma Heissner, die mittlerweile in Hessen ihren Sitz hat, Zierrat für Beete und Teiche – natürlich aus Ton, wie es sich für einen Gartenzwerg gehört.
Die Klassiker
Viele Figuren sind geblieben: „Wir kennen die tätigen Zwerge mit Scheibtruhe und Rechen, die wohl die fleißigen Heinzelmännchen symbolisieren – später kamen die faulen dazu“, erzählt Hintringer. Dabei machen nur die richtigen Accessoires einen Zwerg zum Zwerg: die rote Mütze, die wohl eine Anleihe bei den Jakobinern ist, die grüne Schürze, wie sie Bergleute einst hatten, ein festes Schuhwerk und einen weißen Bart. „Der Bezug zum Bergbau ist naheliegend“, sagt Zwergen-Liebhaber Hintringer: „Kleinwüchsige und Kinder arbeiteten früher unter Tage.“
Die wahre Geburtsstunde der Zwerg-Figuren war allerdings lange vor 1872. Sie tauchten bei den alten Ägyptern und später in Ostanatolien auf. Auch andernorts waren Zwerge seit Jahrhunderten aktiv, etwa als Trolle in Nordeuropa.
In Mitteleuropa hat man sie Ende des 17. Jahrhunderts salonfähig gemacht: „Johann Fischer von Erlach war offensichtlich ein großer Zwergenfreund, als er den Zwerglgarten von Schloss Mirabell in Salzburg entwarf“, sagt Hintringer. Von den einst 28 Exemplaren aus Untersberger Marmor sind noch 17 erhalten. Schuld daran ist der bayrische König Ludwig I., kurzfristiger Herrscher in Salzburg, der die Figuren versteigen ließ. Viel bekam er dafür allerdings nicht.
Österreichische Zwerge bekamen noch ein zweites Mal internationale Aufmerksamkeit: 2014 wurden 400 „Coolmen“ – Werbefiguren der Vorarlberger SPÖ gestohlen. Der Diebstahl war eine größere Marketingleistung als die Zwerge selbst. Gefunden wurden sie allerdings nie.
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