Gala der Menschlichkeit: Die ersten Nominierten

Gala der Menschlichkeit: Die ersten Nominierten
Sie setzen sich unentwegt, meist unentgeltlich für Andere ein. Der KURIER möchte gemeisam mit seiner Leserschaft Danke sagen.

Wer kennt sie nicht - die stillen Heldinnen und Helden des Alltags, die für andere ihr wertvollstes Gut geben – ihre Zeit! Ganz normale Menschen, die am Wochenende einsame Personen im Altersheim besuchen, Flüchtlinge in ihrer Not unterstützen, oder freiwillig in Katastrophengebieten helfen. Unentwegt, uneigennützig, meist auch unentgeltlich.

Das KURIER-Medienhaus möchte gemeinsam mit dem Roten Kreuz und anderen namhaften Partnern bei der "Gala der Menschlichkeit" am 10. November all jene auszeichnen, die sich tagtäglich uneigennützig für andere einsetzen.

Bis zur Gala im November wird die KURIER-Redaktion zwölf Menschen print und online vorstellen, die selbst preiswürdig sind. Den Anfang machen heute Anna und Robert. Die Fahrdienstleiterin der ÖBB engagiert sich für Menschen auf der Flucht; der ehemalige Wohnungslose engagiert sich für Wohnungslose.

Wenn Sie jemand kennen wie Anna und Herbert und ihn oder sie auch nominieren möchten, klicken Sie bitte hier.

Gala der Menschlichkeit: Die ersten Nominierten

Helfer: Er baut auf seine Erfahrungen

Er ist im „Haus Jaro“ im Wiener Servitenviertel zur Stelle, wann immer er gerufen wird. Er begleitet die in der Mehrzahl chronisch oder akut kranken Bewohner und Bewohnerinnen zu ihren Terminen in die Spitäler der Stadt. Freitags fährt er im Louisebus der Caritas mit einer Ärztin aus, um medizinische Hilfe dorthin zu bringen, wo sie am dringendsten benötigt wird.

Und was das Wichtigste ist: „Die Arbeit mit den Wohnungslosen von Wien taugt mir sehr.“

Der Herbert weiß, wie das einen Menschen aus der Bahn werfen kann, wenn er über Nacht auf der Straße steht. Wie es sich anfühlt, wenn sein Name in einer Wartezone des AMS oder eines Arztes nicht  aufgerufen wird. Wie gut andererseits ein aufmunterndes Wort von einem Betreuer tut.

„Ich habe einen Fehler gemacht“, weiß er heute. Der Fehler bestand darin, dass er keinen Meldezettel ausfüllen wollte. Als im März 2018 seine Lebensgefährtin starb, verlor er mehr als er verkraften konnte: „Meine geliebte Frau, die auf sie geschriebene Wohnung und zum Drüberstreuen die Mappe mit allen  meinen Dokumenten.“

Ein Glück im Unglück war für ihn jener Polizeibeamte auf dem Kommissariat beim Hauptbahnhof, der ihm nach der Selbstanzeige riet, sich in der „Gruft“ zu melden, wo er prompt für ein halbes Jahr eine Unterkunft und auch Beschäftigung fand.

Sein Gerechtigkeitssinn. „Wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, dass ich einmal Wohnungslose betreue“, streut der gelernte Werkzeugmaschinenmacher ein, „hätte ich ihn gefragt, was für ein Kraut er raucht.“ Er selbst hätte nicht gedacht, wie schnell man ohne Wohnung seine Würde verliert.

Nach neunmonatiger Ausbildung im „Neunerhaus“ zum „Peer“ fand Herbert Schritt für Schritt zurück ins Leben. Fünfzig Menschen haben die Ausbildung mit dem Titel „ehemalige Wohnungslose helfen Wohnungslosen“ absolviert. Davon profitieren können alle Seiten.

Nicht zuletzt der Herbert, weil er nun wieder Arbeit und ein Einkommen hat – und dazu eine 40 Quadratmeter große Wohnung unweit seiner heutigen Arbeitsstelle. Zu dieser kam er durch das „Housing first“-Programm, einem modernen Ansatz in der Wohnungslosenhilfe, das beim Beziehen einer eigenen Wohnung sehr hilfreich ist.

Schnell baut er heute Vertrauen zu den Klienten im „Haus Jaro“ auf. Die dürfen sich wiederum freuen, dass sich „der Bertl“ sofort bemerkbar macht, wenn sie irgendwo ungerecht behandelt werden. Sein Credo lautet: „Jeder Mensch hat das Recht auf einen fairen Umgang.“

Gerne begleitet er jetzt eine Gruppe von acht Leuten zum Eisessen auf den Schwedenplatz: „Weil ich weiß, wie das ist, wenn du dir sehnlich etwas wünschst, du dir das aber nicht leisten kannst.“

Auf die Frage, was ihm sonst noch wichtig ist, sagt der Herbert: „Schreiben S’, dass nicht alle Wohnungslose Säufer und Tachinierer sind.“

Gala der Menschlichkeit: Die ersten Nominierten

Helferin: Sie trägt viel Verantwortung

400 Meter lange Railjets mit 800 Menschen an Bord bewegen sich ebenso als Striche und Zahlen über ihre Bildschirme wie tonnenschwere Güterzüge oder voll besetzte Regionalbahnen.

Anna Daxbacher wirkt während ihrer Arbeit ruhig, sehr konzentriert. Sie weiß: „Fehler macht man in meinem Beruf besser nicht. Denn Fehler können schwerwiegende Folgen haben.“

Die 31-jährige Niederösterreicherin ist Fahrdienstleiterin bei den ÖBB, zuständig für den Zuglenkbereich West – grob gesprochen für die  viel befahrenen Strecken von Wien bis Sankt Pölten.

In ihrem Beruf trägt die drittälteste von vier Töchtern des  ehemaligen Fußballers und Trainers Karl Daxbacher viel Verantwortung. Nach Dienstschluss übernimmt sie auch soziale Verantwortung.

Anna Daxbacher ist eine von diesen stillen Menschen in Österreich, die im Hintergrund viel Gutes tun, aber nicht viel Tamtam darum machen. Symptomatisch ist ihre erste Reaktion: „Warum wollt ihr ausgerechnet mit mir sprechen? Es gibt so viele tolle Menschen, die unermüdlich helfen und viel mehr bewirken als ich.“

Doch dieses Mal konnte sie schwer aus. Immerhin wurde sie von den Initiatoren der NGO SOS Balkanroute unisono empfohlen: „Die Anna ist eine, die immer hilft, wenn es ihr Dienstplan erlaubt. Egal ob wir kurzfristig in Liesing einen Lkw mit Hilfsgütern  beladen oder irgendwo Spenden sammeln. Sie packt immer richtig an.“

Ihr Gerechtigkeitssinn. Im Februar des Jahres hatte der Bürgermeister der bosnischen Grenzstadt Bihać Šuhret Fazlić im KURIER-Interview betont: Ohne die kleine, nur von Spenden getragene SOS Balkanroute „hätten wir hier längst eine humanitäre Katastrophe erlebt“.

Auf die Frage, warum sie sich in ihrer Freizeit für Geflüchtete engagiert, erklärt Anna Daxbacher: „Weil ich einen stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn habe. Als privilegierte weiße Frau macht es mich wütend, wenn ich sehe, wie Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, in unserem Land behandelt werden. Aber diese Wut alleine hilft niemandem. Es freut mich, wenn ich das Gefühl habe, zumindest ein bisschen was zu bewirken.“

Ihren Sinn für Gerechtigkeit verdankt sie nicht zuletzt ihrem Elternhaus. Die Mutter aus einer Bauern-, der Vater aus einer Arbeiterfamilie. Ältere Semester erinnern sich noch an den stets fairen  Teamplayer der Wiener Austria, Sir Karl Daxbacher.

Seine Tochter fühlt sich wohl im SOS-Team: „Wenn ich einmal nicht kann, ist das hier kein Thema.“ Derzeit hilft sie, die Not von Geflüchteten an der serbisch-ungarischen Grenze  einzudämmen. „Ich bin erneut schockiert, wie die Zivilgesellschaft das Versagen der europäischen Politik ausgleichen muss.“

Wegschauen sei  da keine Option, so Anna Daxbacher: „Wie sollte ich ruhig schlafen, wenn ich sehe, dass Menschen nicht mehr wie Menschen behandelt werden?“

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