Die Mutfluencer: Sie stellen armen Kindern Computer zur Verfügung

Vom schnellen Zugang zu den Bildungsangeboten, die das Internet bietet, könnten auch jene Kinder profitieren, die alleine aufgrund ihrer Herkunft benachteiligt sind. Sagt Iman Molaie, während er in seiner aufgeräumten Werkstatt in Wien-Währing wieder einmal einen älteren, aber noch voll funktionstüchtigen Laptop reanimiert.
Der ambitionierte junge Unternehmer weiß, wovon er spricht. Er hat bereits mit zwölf Jahren im Rahmen eines Praktikums die ersten Computer repariert. Als 15-jähriger Schüler hat er dann in seiner Heimatstadt Shiraz im Süden des Iran seine erste eigene Firma gegründet. Und er weiß auch sehr genau, was Kindern und Jugendlichen fehlen kann: Nach seiner Flucht aus dem Iran 2015 hatte er im Flüchtlingslager Traiskirchen längere Zeit nur bedingt Zugang zum Internet.

Die beiden Mutmacher
„Der Laptop, der mir dann von einem sehr hilfsbereiten Nachbarn geschenkt wurde, war ein großes Glück“, sagt der heute 29-Jährige, der mittlerweile in Österreich wieder eine Firma gegründet hat. „Ich will heute etwas davon zurückgeben.“
Gemeinsam mit seinem besten Freund und nunmehr auch Geschäftspartner, Thomas Gaeta, engagiert er sich als „Mutfluencer“ in einer gleichnamigen Initiative, die aus einem Topf des Sozialministeriums gefördert wird (mehr dazu rechts oben).
Mit ihrem Hilfsprojekt „Schenken statt wegwerfen“ möchten Molaie und Gaeta nicht nur zu mehr Bildungsgerechtigkeit beitragen. Jedes digitale Endgerät, das sie einem Kind zur Verfügung stellen können, ist nebenbei auch ein Teil weniger auf der Elektro-Mülldeponie.

Die beiden Mutmacher vereint jedoch mehr als nur ihr Projekt und ihre Firma: „Welcome to Paradise.“ Mit diesen Worten begrüßte der Jüngere der beiden vor sechs Jahren seinen Gast aus dem Iran. „Meine Eltern hatten sich dazu entschlossen, dem Iman das nicht bewohnte Souterrain unseres Hauses in Mauerbach zur Verfügung zu stellen“, freut sich Thomas Gaeta heute noch. „Auch für mich war dieses Zusammentreffen ein großes Glück. Denn wir beide waren vom ersten Tag an wie Brüder.“
Es dürfte sich im Grätzel, im Bezirk und auch in den Nachbarbezirken langsam herumsprechen. Jedenfalls geht beim Besuch des KURIER zur Mitte der Woche öfters die Tür des Geschäftslokals in der Schulgasse auf und zu. Auffallend junge Menschen mit zu verarztenden Laptops bitten mit zunächst bangen Blicken um Hilfe.
Die Brüder teilen sich die Arbeit perfekt auf. Der eine, Thomas, nimmt die Aufträge an, der andere, Iman, wirft seine technische Erfahrung in die Waagschale. „Ich bin ehrlich gesagt noch nie einem Menschen begegnet, der tüchtiger ist als Iman“, möchte Thomas Gaeta auch angemerkt haben. „Ich bin sehr dankbar, dass uns das Leben zusammengeführt hat“, fügt der Angesprochene hinzu. Im Iran geriet der Sohn einer Anwaltsfamilie in das Visier der Machthaber.
Seine Erinnerung stimmt traurig: „Meine Mutter starb im Gefängnis. Von dem Tod meines Vaters erfuhr ich, als ich auf der Flucht war.“
So wurden die Gaetas in Mauerbach zu seiner zweiten Familie. Schon damals hat er sich sofort als Mitarbeiter der Gemeinde in den Dienst der Allgemeinheit gestellt. Das Projekt in Kooperation mit der youngCaritas ist für Iman Molaie ebenso Ehrensache: „Wir haben gehört, dass die Caritas mit Kindern in 62 Lerncafés arbeitet, und dass es da noch immer genügend Kids gibt, die kein eigenes Endgerät besitzen. Ihnen soll jetzt geholfen werden.“
Computer für Lerncafés
Selbstverständlich nehmen die beiden Mutfluencer auch Computer an, die noch top in Schuss sind. An diesem Nachmittag können sie aber auch sehr eindrucksvoll unter Beweis stellen, dass sie ältere Gerätschaften flott wieder fit bekommen.
Das Angebot: Iman Molaie und Thomas Gaeta übernehmen gerne Laptops, PCs und Tablets, servicieren diese Altgeräte und übergeben sie an die youngCaritas. Abgabe bitte im Shop von Molaie und Gaeta: 1180 Wien, Schulgasse 78/3. Ab drei Geräten wird auch eine Abholung angeboten. Damit wollen die beiden vor allem Firmen ansprechen. Mehr über ihr Angebot hier.
Das Projekt: Die jungen PC-Profis sind nicht die einzigen „Mutfluencer“. Alle werden im gleichnamigen Projekt (von abz*austria, Teach For Austria und Caritas) betreut. Alle Infos dazu hier.
350.000 Betroffene: In Österreich, einem der aktuell reichsten Länder der Welt, sind 350.000 Kinder und Jugendliche armuts- beziehungsweise ausgrenzungsgefährdet. Das ist immerhin jedes fünfte Kind. Besonders häufig betroffen sind laut Volkshilfe Kinder und Jugendliche in Haushalten mit mehr als zwei Geschwistern.
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