Wie gefährlich sind Internet-Pornos wirklich für das Gehirn?
In einem Interview mit dem Radiomoderator Howard Stern sprach Popstar Billie Eilish offen über die Auswirkungen ihres frühen Pornokonsums. Bereits mit 11 Jahren habe sie die ersten Hardcore-Pornos gesehen, und die Folgen seien gravierend gewesen, sagte die 20-Jährige: "Ich glaube, das hat mein Gehirn wirklich zerstört, und ich fühle mich am Boden zerstört, weil ich so vielen Pornos ausgesetzt war."
Sogar der ehemalige Pornostar Randy Spears sprang Eilish zur Seite. "Wenn man so jung ist, kann das Gehirn Hardcore-Pornos überhaupt nicht begreifen. Wer im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte würde wollen, dass sein siebenjähriges Kind irgendeiner Frau beim Sex mit sieben Typen zusieht?"
Studien belegen, dass Jugendliche immer früher mit Pornos in Berührung kommen. So hat bereits ein Drittel der 14- bis 15-Jährigen einen Hardcore-Porno gesehen, ergab eine Umfrage der Universität Hohenheim und Münster im Jahr 2017. Nur 4 Prozent besprechen das Gesehene danach mit ihren Eltern.
Suchtfaktor
Die direkten Auswirkungen dessen bekommt die Sexualtherapeutin Bettina Brückelmayer immer öfter in ihrer Ordination zu spüren. "Bevor man seinen Körper als erogene Zone erforscht hat, ist man im Cyberzeitalter schon mit Pornografie konfrontiert. So lernen Burschen, aber auch immer mehr Mädchen heutzutage, wie Sexualität 'funktioniert'. Sie bekommen ein falsches Bild geboten, das sich auf den rein genitalen Bereich fixiert", sagt sie zum KURIER.
Verschiedene Porno-Kategorien bieten alle möglichen intensiven Reize, die in Sekundenschnelle an das Gehirn weitergeleitet werden. "Eine nicht partnerorientierte Sexualität - nämlich eine Autosexualität - ist die Folge", erklärt die Therapeutin. "Hat man Lust, regt dies die Produktion von Botenstoffen im Gehirn an. An erster Stelle der Neurotransmitter steht das Dopamin. Das Belohnungszentrum im Gehirn ist aktiv. Und alles, was gefällt, verlangt nach mehr bzw. nach Wiederholung. Und dies passiert sehr oft beim Masturbieren beim Schauen von Pornos."
Eilish räumte ein, dass sie sich immer extremere Porno-Szenen anschauen musste, um Lust zu verspüren. Das habe sich später negativ auf ihr eigenes Sexleben und ihre Vorstellungen von Geschlechtsverkehr ausgewirkt. "Junge Leute suchen mich oft auf, weil der partnerschaftliche Sex nicht glückt", berichtet Brückelmayer. Dies sei leicht zu erklären: "Durch die Autoerotik hat man gelernt, wie man möglichst schnell mit hohen Reizen zum Höhepunkt kommt. Nun soll das der Partner, die Partnerin schaffen - und das geht sich meist nicht aus."
Ähnliches zeigte eine Befragung belgischer Urologen: 23 Prozent der Männer unter 35 Jahren berichteten von Erektionsstörungen beim Sex mit ihren Partnerinnen. Porno-Zuschauer haben mehr Erektionsstörungen und weniger Spaß am „normalen“ Sex, fanden die Forscher heraus.
Angst vor Versagen
Dazu komme besonders bei jungen Menschen die Angst, körperlich und sexuell nicht zu genügen. Auch ein Punkt, den Eilish kritisierte - denn keine Vagina sehe so aus wie in den Erotik-Filmen, klagte sie. "In Pornos geht es um Performance, nicht um partnerschaftliche Intimität", sagt Brückelmayer. "Genitalien werden unrealistisch und Szene gesetzt oder sind oft chirurgisch verschönert."
Auch innerhalb der Branche wird die Kritik an teils gewaltverherrlichenden Hardcore-Pornos lauter. Mit feministischen Pornos ist zuletzt ein neues Genre entstanden, das die weibliche Lust in den Fokus rückt und realistischere, ungeschönte Körperformen abbildet. Ein Schritt in die richtige Richtung - und auch die partnerschaftliche Sexualität könne mit Hilfe einer Therapie wieder erlernt werden, sagt die Therapeutin.
"Spezielle Wahrnehmungsübungen machen die Sinne für neue positive Erfahrungen sensibel. Diese Wahrnehmungsqualitäten erfährt man nur durch Berührung des Gegenübers, nicht aber beim Schauen eines Pornos. Ebenso haben diese Empfindungen Rückwirkung auf den Gebenden. Das ist im Porno nicht erfahrbar."
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