Generation EU: Der Wunsch nach mehr Solidarität in Europa

Im Haus der Europäischen Union.
Im Gespräch mit Helmut Brandstätter sagen Schüler, wie sich die EU weiterentwickeln sollte.

Ein Leben ohne EU? Für die Schüler im Publikum undenkbar, schließlich sind sie mir ihr aufgewachsen. Dennoch gibt es vieles, worüber man reden muss – gerade "weil die EU für unsere Generation so selbstverständlich ist. Könnte es sein, dass wir zu wenig tun, und sie deshalb irgendwann auseinanderbricht?", fragt die Schülerin Anastasia. Sie ist eine von gut hundert Jugendlichen, die im Europäischen Haus der Union in Wien an der Gesprächsreihe "Europa : Dialog" teilnahm – am Podium saß KURIER-Chefredakteur Helmut Brandstätter, Moderator war Benedikt Weingartner.

Die meisten Jugendlichen sehen in der EU klare Vorteile: "Ich kann reisen und im Ausland studieren. Mein Ziel ist die Uni Berlin", sagt z. B. Thomas. Aber nicht nur das: "Österreich profitiert auch wirtschaftlich, weshalb es für mich undenkbar ist, dass wir austreten."

Für Helin, die aus einer kurdischen Familie stammt, ist die EU vor allem ein Friedensprojekt: "Wenn man jetzt in die Türkei schaut, wird einem bewusst, dass ein Leben ohne Krieg nicht selbstverständlich ist." Wie sehr die Erinnerungen an die beiden Weltkriege und an die anschließende Teilung Europas durch den Eisernen Vorhang die Nachkriegsgeneration geprägt haben, erzählt Brandstätter anhand einer Anekdote – seine erste Erinnerung an ein politisches Ereignis: "Ich wohnte 1961, als die Berliner Mauer gebaut wurde, an der Mariahilfer Straße, die einst die russische und amerikanische Zone teilte. Damals sagten die Erwachsenen: Stell dir vor, sie würden hier jetzt eine Mauer bauen."

Doch obwohl die EU sich als Friedensprojekt versteht, ist sie auch einer der größten Waffen-Exporteure. "Wie kann das sein?", fragt Benjamin. "Eine sinnvolle Antwort hierauf gibt es nicht", meint Brandstätter. "Ich würde sogar noch weiter gehen: Auch wenn wir z. B. Lebensmittel zu Dumpingpreisen nach Afrika verkaufen und so dort die Landwirtschaft ruinieren, weiß jeder verantwortliche Politiker, dass das falsch ist. Und dennoch passiert es, weil die politische Realität eben eine andere ist – da geht es zum Beispiel um Arbeitsplätze in der Region."

Zu wenig Jobs

Das war das Stichwort für Florian: "Ist es sinnvoll, die Ansiedelung von Fabriken zu subventionieren, in der dann vor allem Roboter und keine Menschen arbeiten?" Eine Frage, die wohl nicht so leicht zu beantworten ist, wie Brandstätter meint: "Jedenfalls ist für eure Generation klar, dass sich der Beruf im Laufe des Lebens verändert wird – egal, welche Ausbildung ihr macht."

Marco, der aus Kroatien stammt, macht sich Sorgen, dass aufgrund der Niederlassungsfreiheit immer mehr Menschen in reichere Regionen auswandern. "Länder wie Kroatien oder Polen leiden unter dem Bevölkerungsschwund." Doch was jetzt ist, muss nicht immer so sein, erklärt Weingartner vom Haus der EU: "2017 sind z. B. mehr Bulgaren zurückgekehrt als ausgewandert."

Was denn das drängendste Problem innerhalb der EU sei, wollte Moritz wissen. "Dass wir noch zu sehr in nationalstaatlichen Kategorien denken", antwortet Brandstätter: "Das äußert sich in Sätzen wie ,Unser Geld für unsere Leut’. Wir sollten uns mehr als Einheit verstehen, was aber nicht heißt, dass wir nicht darüber diskutieren dürfen, dass in Griechenland viel schief läuft."

Für die junge Generation ist das nachvollziehbar: Matthias, Schülersprecher der VBS Hamerlingplatz, wünscht sich "generell mehr Solidarität unter den EU-Ländern." Und er hat eine Hoffnung: "Die EU kann die Demokratie stärken."

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